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Nur die zwei Punkte zählten für die SG

Verkehrte Welt in Drammen, Norwegen. Während die eine Mannschaft sich umarmte und beglückwünschte, sah man bei der anderen Truppe überwiegend ernste Mienen. Drammen HK feierte die 30:33 (15:18)−Niederlage gegen die SG Flensburg−Handewitt fast wie ein Sieg und wurden von den rund 2000 Zuschauern in der Drammenshallen nach einem starken kämpferischen Einsatz in der Gruppe G der Handball Champions League mit Standing Ovations verabschiedet.
Die SG hingegen war sich ihrer schwachen Leistung bewusst. "Unsere Torhüter waren nicht sehr gut, Marcin Lijewski hatte auch keinen guten Tag. Torge Johannsen war ebenfalls ein Ausfall. Das war in der Summe zuviel, um eine gute Leistung zu zeigen", sagte Kent−Harry Andersson nach dem Spiel. Der König von Drammen wusste aber auch, dass seine Mannschaft das Spiel kontrollierte und ständig Herr der Lage war.
"Wir konnten immer wieder das Tempo forcieren, so dass ich nie das Gefühl hatte, dass etwas passieren könnte. Drammen hat gut gespielt und in Glenn Solberg und Frode Hagen zwei Spieler, die nach wie vor Weltklasse sind. Das sind meine Jungs, ich hab sie zu gut gemacht", analysierte der SG−Trainer die 60 Minuten, in denen die beiden alten Recken ein ums andere Mal die SG düpierten. Auch Solbergs No−look−Pass fehlte nicht an diesem Abend. "Es war eins schönes Erlebnis, gegen die alten Jungs zu spielen. Wir haben guten Handball gezeigt und vor allem im Angriff stark gespielt. Leider haben wir in der Deckung einige Fehler gemacht, aber die kann man gegen eine solche Klassemannschaft wie die SG nicht vermeiden", sagte ein zufriedener Solberg nach dem Spiel.

Drammen spielte auf sehr hohen Niveau und zeigte sich an diesem Abend von seiner stärksten Seite und lag auch verdient mit 7:4 vorn. "Dann haben wir aber einige leichte Fehler gemacht und die SG so wieder ins Spiel gebracht", wusste DHK−Trainer Ole Gustav Gjekstad. Binnen kurzer Zeit drehte die SG die Partie und ging mit 11:10 in Führung (16.).
Allerdings spulten die Flensburger nur das nötigste Programm herunter und versäumten es so, dass Spiel eindeutiger zu gestalten.
Sehr zum Unmut von Johnny Jensen, der vor heimischen Publikum gerne eine bessere SG−Leistung gesehen hätte. "Das Spiel hat mir viel bedeutet. Dementsprechend bin ich enttäuscht, dass wir uns nicht besser präsentiert haben", so Jensen, der nach seinem Wechsel nach Schwartau 1998 erstmals wieder in Norwegen ein Pflichtspiel mit einer Klubmannschaft absolvierte. "Wir waren einfach nicht anwesend und haben das Spiel zu leicht genommen. Ich habe mehr von der Mannschaft erwartet. Das Spiel wäre einfacher gewesen, wenn wir alle 100 Prozent gegeben hätten", so Jensen.
So blieb es bis zur Pause eng, auch wenn die SG mit einer 18:15−Führung in die Halbzeit ging. "Nach dem Wechsel haben wir es versäumt, in Überzahl das Spiel zu machen", sagte Andersson und so war auch der zweite Durchgang eine zähe Geschichte für die Flensburger, die aber stets das Spiel bestimmten und am Ende einen ungefährdeten Sieg einfuhren.
"Man darf aber auch nicht verkennen, dass wir ein hartes Programm hinter uns haben. Die Spiele gegen Kiel, Ciudad, HSV und Lemgo haben viel Kraft gekostet. Da darf man sich dann nicht wundern, wenn die Mannschaft nicht alles abruft, wenn der Gegner offensichtlich nicht ganz so stark ist", so Andersson.
Auch Mannschaftskapitän Ljubomir Vranjes bläst ins gleiche Horn. "Wir haben einige junge Spieler die erst lernen müssen, ihre Kräfte besser einzuteilen", so der Schwede. Am Ende waren sich aber alle einig, dass nur die zwei Punkte zählten. "Und die haben wir geholt. Jetzt haben wir gute Chancen, den zweiten Platz in der Gruppe G zu erreichen", so Andersson. Den Abend beendeten beide Teams bei einem gemeinsamen Essen, das der Gastgeber organisiert hatte. "Da werden wir dann mal sehen, wer die dritte Halbzeit gewinnt", so Solberg.

Beutler mit "Pfosten-Test"

Es war die 14. Spielminute, als den rund 2000 Zuschauern in Drammen der Atem stockte. Nach einem Wurfversuch von Frode Hagen wollte SG−Torwart Dan Beutler den Ball aus dem Toraus holen. Dabei verfolgte er im Laufen die Flugbahn des Wurfes und lief so mit voller Wucht gegen den Pfosten. Schnell merkte der Schwede, dass er Nasenbluten hatte und signalisierte der SG−Bank, dass er behandelt werden müsse. Auf dem Weg zur Bank wurde es dann dramatisch, denn Beutler sackte zusammen und verlor das Bewusstsein. Schnell wurde er in die Kabine getragen.
In der Halbzeit konnte Physiotherapeut Andreas Mau Entwarnung geben: "Wir können noch nicht sagen, ob die Nase gebrochen ist oder nur angeknackst. Er wird aber weiterspielen können. Dass er wegsackte, lag einzig daran, dass er den Kopf in den Nacken legte und so kein Blut mehr in den Kopf bekam. Also nichts ungewöhnliches", so Mau. Auch Beutler konnte in der Pause schon wieder lachen. "Alles halb so wild. Ich bin nur gegen den Pfosten gelaufen", sagte Beutler, der ein Pflaster auf der Nase trug und sich zu Beginn der zweiten Hälfte wieder ins Tor stellte. Der Zwischenfall hinderte ihn auch nicht daran, am Samstag−Abend in seinen 30. Geburtstag rein zu feiern. "Das ist doch nur ein Kratzer", scherzte Beutler.

Europacup-Splitter

Strafe droht. Trotz der guten Leistung seiner Mannschaft war Svein−Erik Bjerkrheim nicht in bester Laune am Sonnabendabend. Dem Vorsitzenden von Drammen HK steht nämlich Ärger ins Haus und zwar vom norwegischen Sportverband. Die EHF hatte vor dem Spiel veranlasst, einen Werbebanner für Internetwetten.com aufzuhängen. Diese Werbung ist in Norwegen allerdings nicht erlaubt. Jetzt droht dem DHK eine Strafe von bis zu 500.000 NKr ins Haus (ca. 66.000 Euro). Seinen Unmut ließ Bjerkrheim an dem EHF−Offiziellen Peter Vargo (Schweiz) aus, der dennoch nichts unternahm um den Banner abzunehmen.
Witziger Preis. Michael V. Knudsen zeigte gegen Drammen eine gute Partie sowohl im Angriff als auch in der Deckung. Mit acht Treffern war er zudem mit Kasper Nielsen der treffsicherste Schütze bei der SG. Verdientermaßen wurde er nach der Partie zum besten Spieler seiner Mannschaft gewählt. Als Preis erhielt der dänische Nationalspieler ein Trikot der norwegischen Nationalmannschaft. "Interessantes Geschenk", lachte Knudsen, "vor allem wenn man bedenkt, dass wir mit dem dänischen Nationalteam bei der EM hier in Drammen spielen."

Michael Knudsen erhielt das "falsche" Trikot.

Starker Preis. Norwegen ist bekannt als eins der teuersten Länder Europas. Das bekommt man vor allem dann zu spüren, wenn man sich ein Bier bestellt. Preise zwischen 6−8 Euro für ein 0,4 oder 0,5 Bier gehören zum Alltag.
Frische Luft. Der Herbst zeigt sich bisher von einer schönen Seite. Viele nutzen dies, um in einen Straßen−Café oder einer Kneipe den Kaffee oder das Bier draußen zu genießen. In Norwegen ist das allerdings nur die halbe Wahrheit. Die andere Seite der Medaille ist, dass nur draußen vor der Tür geraucht werden darf. So ist oft vor den Kneipen mehr los als drinnen. Zum Glück gibt es ja Heizstrahler, die es bei sieben Grad Außentemperatur noch einigermaßen erträglich machen.
Viel Platz. Die Drammenshallen würde in Flensburg und Umgebung sicherlich vergebens nach ihres gleichen suchen. Denn die Heimstätte vom Drammen HK ist groß − sehr groß. So können fünf Handballspiele gleichzeitig stattfinden, denn die Mehrzweckhalle ist so lang, dass fünf Felder nebeneinander aufgezeichnet sind. Die SG hatte das Vergnügen, am Freitagabend auf einem der fünf Felder zu trainieren. Damit aber nicht genug. Eine mehrspurige Leichtathletik−Laufbahn ist ebenfalls eingezeichnet. Das Weltstars wie Tina Turner und Bryan Adams die Halle als Austragungsort für ihre Konzerte genutzt haben, überrascht daher nicht.