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Tür zum Halbfinale für die SG fast schon zu

Zweites Spiel in der Hauptrunde der Champions League, immer noch kein Sieg: Eine Woche nach dem 33:33 gegen den HSV Hamburg ging die SG Flensburg-Handewitt bei Portland San Antonio mit 22:30 (12:16) sang- und klanglos unter und ist nun Schlusslicht in der Gruppe 3.
Kurz nach 18 Uhr in Pamplona, 14 Grad - die Frisur sitzt wieder. Schließlich muss der Handballer von Welt auch in der Niederlage gut aussehen. Hätten sich die Spieler der SG Flensburg-Handewitt im zweiten Hauptrundenspiel der Champions League bei Portland San Antonio ebenso ins Zeug gelegt wie beim Hair-Styling nach dem Schlusspfiff, wäre der Bundesligist beim Tabellenvierten der Liga Asobal nicht mit 22:30 (12:16) untergegangen. Nach dem unnötigen 33:33 zum Auftakt gegen den HSV haben sich die Flensburger die Tür zum Halbfinale schon fast selbst vor der Nase zugeschlagen. "Noch ist alles möglich", sagte der sportliche Leiter Anders Dahl-Nielsen, "der Erste hat drei Punkte und wir einen." Überzeugend klang das nicht. Denn jeder, der rechnen kann, weiß, dass die Flensburger jetzt alles gewinnen müssen, um noch unter die besten Vier zu kommen.
Das ist auch Kent-Harry Andersson bewusst. Der Schwede war nach dem Auftritt in Spanien restlos bedient: "Ich habe meine Mannschaft nicht wieder erkannt. Wir waren von Anfang an nicht dabei und haben emotionslos gespielt." Er hätte kopflos, einfallslos und kraftlos hinzufügen können. Das wäre eine noch treffendere Definition für die trostlose Darbietung der SG in der spanischen Stierkampf-Metropole gewesen. "Es ist alles schief gegangen", meinte Mannschaftskapitän Ljubomir Vranjes. "Wir haben nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben."
Dabei hatte der Plan der Flensburger gegen Portland doch so gut ausgesehen. "Wir müssen schnelle Mitte spielen und Tempo machen, weil die Spanier immer zwei bis drei Spieler zwischen Abwehr und Angriff wechseln", hatte Andersson gefordert. Doch zu sehen davon war in den 60 Minuten vor 2000 Zuschauern im Pabellon de Universitario de Navarra nichts. "Tempo und schnelle Mitte, das war total Null", kritisierte Andersson. "Wir hatten überhaupt kein Timing", ergänzte der Sportdirektor." "Es war alles katastrophal, was wir gespielt haben", meinte Marcin Lijewski, der wie viele andere im SG-Trikot einen gebrauchten Tag erwischt hatte. Einzig Torhüter Dan Beutler, der das Duell mit seinem schwedischen Nationalmannschaftskollegen Tomas Svensson klar zu seinen Gunsten entschied, Youngster Jacob Heinl und mit Abstrichen noch Blazenko Lackovic hatten überzeugt. "Wenn ein junger Mann wie Jacob in so einem Spiel das kämpferische Vorbild ist, müssen sich die anderen mal an die Nase fassen und fragen, was sie geleistet haben, kritisierte Johnny Jensen, der angeschlagen hatte zuschauen müssen.
Ganz anders dagegen die Spanier: Sie bissen sich regelrecht ins Spiel und fanden über den Kampf in der Abwehr ihren Rhythmus im Angriff. "Es ging für uns um Leben oder Tod nach der Niederlage in Zagreb und unter der Woche in der Liga gegen Saragossa", sagte Portlands Abwehrspezialist Davor Dominikovic. "Die Aggressivität war entscheidend", meinte Europameister Lars Jörgensen, dessen Team nur in den ersten acht Minuten bis zum 2:4 verunsichert wirkte. Je mehr sich die Spanier stabilisierten, desto größer wurde die Panik bei den Flensburgern, die durch Zeitstrafen gegen Lijewski früh unter Druck gerieten. Während der ersten fielen die Gäste von 5:6 auf 5:8 zurück und während der zweiten von 7:9 auf 7:12. Und als kurz nach der Pause beim 13:16 Alexander Petersson und Kasper Nielsen innerhalb weniger Sekunden auf die Sünderbank geschickt wurden, zogen die Spanier vorentscheidend auf 18:13 davon. Von diesem Rückschlag erholten sich die Flensburger nicht mehr. Technische Fehler und überhastete Würfe prägten nun endgültig das SG-Spiel. "Wir haben immer die Lösung gewählt, die als einzige nicht funktioniert, und das war die individuelle Lösung", meinte Dahl-Nielsen. Ljubomir Vranjes pflichtete dem Sportdirektor bei: "Wir sind nicht als Mannschaft aufgetreten."
SG-Geschäftsführer Fynn Holpert empfand die unnötige Niederlage in Spanien einfach nur "als ärgerlich": "Wir haben gegen große Namen gespielt, aber nicht gegen eine Übermannschaft. Wir haben uns heute selbst im Wege gestanden." Kein gutes Omen für das Bundesliga-Derby am Mittwoch beim THW Kiel. Doch Holpert ist überzeugt, dass sich die Mannschaft dort anders präsentierten wird: "Jedem muss endlich klar werden, dass wir nur als Team gewinnen können."