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Folgenschwerer Filmriss

Was war bloß mit der SG Flensburg−Handewitt los? Nach einer teilweise indiskutablen Leistung unterlag das Team von Trainer Kent−Harry Andersson beim spanischen Vertreter Portland San Antonio deutlich mit 22:30 (12:16−Toren) und schlug sich damit die Tür zum Halbfinale der Champions League beinahe schon ganz zu. Es war zwar erst der zweite Spieltag in der Gruppe C, doch mit nur einem Punkt auf der Habenseite und einem erschwerenden Torverhältnis von "minus 8" rutschte der Vorjahres−Finalist brutal auf den vierten Platz ab und muss die verbleibenden vier Spiele ohne wenn und aber gewinnen.
Vor dem schon entscheidenden Auftritt der Andersson−Schützlinge am kommenden Sonntag in Zagreb, sieht der Bundesliga−Spielplan zudem den schweren Auftritt in der Sparkassen−Arena beim THW Kiel vor, wo am Mittwoch der nächste Rückschlag nur mit einer Energieleistung verhindert werden kann. "Wir müssen in Kiel zeigen, dass wir Deutscher Meister werden wollen", forderte Manager Fynn Holpert energisch Wiedergutmachung. "Ich habe meine Mannschaft heute nicht wiedererkannt. Sie war emotionslos und hat weit unter ihrem Niveau gespielt. Alles, was wir uns eigentlich vorgenommen haben, hat überhaupt nicht geklappt", kommentierte Andersson den in der Tat ungewohnt schwachen Auftritt seiner Schützlinge in der Stierkämpfer−Hochburg Nordspaniens.
Auf die Hörner genommen − ja, so durften sich die Vorjahres−Finalisten im kleinen Pabell—n Universitario vor gerade einmal 2000 Zuschauern tatsächlich vorgekommen sein. Mit Ausnahme von Keeper Dan Beutler, Youngster Jakob Heinl und mit Abstrichen Blazenko Lackovic erreichte kein Flensburger seine Normalform. "Plötzlich lief einfach nichts mehr zusammen. Wir haben technische Fehler gemacht und sind einfach nicht mehr ins Spiel gekommen, obwohl wir mehrmals dazu die Chance hatten", wunderte und ärgerte sich Lars Christiansen gleichermaßen. Der Linksaußen ließ sich ebenfalls von dem "Portland−Virus" anstecken und verfolgte die zweite Halbzeit komplett von der Bank aus.
Dort hatte Andersson im Laufe der 60 recht tragischen Spielminuten im Grunde allen Spielern zu "Bedenkzeiten" verholfen, Besserung stellte sich allerdings nicht wirklich ein. "Wir waren sehr aggressiv und wollten unbedingt gewinnen. Es stand ja schließlich alles auf dem Spiel für uns", zeigte sich Lars Jørgensen sehr zufrieden. Der dänische Abwehrchef der Spanier sah den Schlüssel für den Erfolg in der Defensiv−Leistung garniert mit der herausragenden Leistung von Torwart−Legende Tomas Svensson. "Das war das Beste, was meine Mannschaft in dieser Saison geboten hat", schwärmte selbst der ansonsten schroffe und wortkarge Portland−Coach Javier Cabanas.
Allerdings hätte sich Cabanas zugleich auch bei den Gäste bedanken müssen, die es nämlich nicht verstanden aus dem Wechselspiel der Spanier Profit zu schlagen. "Wir wollten mit Tempospiel verhindern, dass sie ihre Abwehrspezialisten einwechseln können. Doch davon war leider nichts zu sehen", beklagte Andersson. Portland hatte somit alle Zeit der Welt um mit Jørgensen, Juancho Perez und Davor Dominikovic die knochenharten Abwehrspezialisten für die Defensiv−Arbeit einzuwechseln und mittels einer kompakten 6:0−Abwehr der SG nach zehn Minuten zusehends den Schneid abzukaufen. Wie ein Kartenhaus im Wind fiel das SG−Spiel in sich zusammen − die Gäste mutierten zum Spielball einer spanischen Spitzenmannschaft, die in Sachen Angriffsleistung unter der Regie des spielfreudigen Weltstars Ivano Balic nur normales Niveau erreichen musste. Tragenden Säulen wie Marcin Lijewski, der einen rabenschwarzen Tag erwischte, und auch Lars Christiansen, der in Svensson seine Meister fand, standen neben sich und schürten die Verunsicherung im SG−Team. Zudem quälte sich Michael V. Knudsen mit einer schmerzhaften Hüftprellung herum und war ebenfalls nicht in der Lage den Absturz zu bremsen. Gleiches galt für die Spielmacher Ljubomir Vranjes und Thomas Mogensen, die blass blieben. Von den Edelreservisten wie Einar Holmgeirsson und Anders Eggert einmal ganz zu schweigen.
Spätestens beim 8:13−Rückstand zeichnete sich das Debakel deutlich ab und nahm nach dem 13:16−Anschluss (31.) schnell klare Konturen an. Beim 13:21 (39.) war die Messe gelesen und selbst das Vorhaben Schadensbegrenzung zu betreiben, misslang gründlich. "Man kann hier vielleicht verlieren, aber nicht so. Das war peinlich", ging Christiansen scharf mit sich und seinen Kollegen ins Gericht. "Portland war nicht überragend, es war unsere eigene Schuld", befand auch Johnny Jensen, der aufgrund seiner Knieprobleme kein grünes Licht für einen Einsatz bekommen hatte und pausieren musste. "Es war reine Kopfsache. Wir wussten nicht richtig, was wir eigentlich machen sollten und haben dann sehr viele Fehler gemacht. Jetzt stehen wir unter großem Druck und müssen in Zagreb gewinnen", richtete Jensen den Blick nach vorne, wo am Sonntag das frühe Scheitern in der Königsklasse droht.