Stripes
Stripes
Archiv

Beutlers finaler Coup

Ein phänomenaler Torhüter Dan Beutler sicherte der SG Flensburg-Handewitt gestern den ersten Bundesliga-Sieg im Hamburger Handball- Tempel. Mit dem 33:32 (15:13) beim HSV holten sich die Flensburger auch die Tabellenführung zurück und bleiben als einziges Team ungeschlagen.
Nach Spielende gab es für alle Flensburger nur ein Ziel: Das Tor von Dan Beutler. Mitspieler, Trainer und Betreuer stürzten sich auf den Mann im schweißgetränkten grünen Jersey, der gerade seine grandiose Leistung gegen den HSV Hamburg mit zwei Heldentaten gekrönt hatte. Der Schwede hatte verhindert, dass der SG Flensburg-Handewitt der lang ersehnte erste Bundesliga-Sieg in der Color Line Arena  aus den Händen glitt.
Zehn Sekunden vor Schluss, 33:32 für die Gäste: Hamburgs Kreisläufer Bertrand Gille trat zu seinem vierten Siebenmeter gegen Beutler an. Drei Mal hatte der Franzose getroffen, drei Mal in die rechte Ecke. Es wurde sein Verhängnis, dass er die Strategie nicht änderte. "Ich habe erwartet, dass er wieder nach rechts wirft - Intuition und ein bisschen Glück", sagte Beutler. Gilles Wurf stellte er seinen Fuß entgegen und auch den Nachwurf von Pascal Hens parierte der SG-Torhüter, der zuvor schon Yoon, Jansen und Lindberg im Siebenmeter-Duell besiegt hatte. 23 Paraden standen am Ende für Beutler zu Buche - absolute Weltklasse.

Thomas Mogensen überzeugte erneut.

"Ohne einen guten Torhüter gewinnst du nicht in Hamburg. Dan Beutler hat uns sehr geholfen", sagte Trainer Kent-Harry Andersson, der gestern aber mit der gesamten Mannschaft zufrieden sein durfte. Nur drei Tage nach dem 26:34-Debakel in der Champions League gegen Ciudad Real zeigte sich die SG mental voll auf der Höhe. Die 6:0-Deckung hatte sich nach einem 0:2-Rückstand schnell gefunden und machte den HSV-Torjägern das Leben schwer. "Die Abwehr hat unglaublich gut gearbeitet. Yoon und Hens haben zwar hart geworfen, aber ich konnte immer in meine Ecke gehen. Das machte es einfacher", lobte Beutler seine Vorderleute.
Die gute Deckungsarbeit zwang die Hamburger in kräfteraubende Mann-gegen-Mann-Situationen und provozierte technische Fehler, die Flensburger Konterchancen eröffneten. Zudem hatte Trainer Andersson sein Team gut auf die extrem offensive HSV-Abwehr vorbereitet. "Früher hatten wir mit so einer 3:2:1-Deckung viele Schwierigkeiten. Heute haben wir es gut gelöst", sagte Kreisläufer Michael Knudsen, der sich mit sechs Treffern für den schwachen Auftritt vom Donnerstag rehabilitierte. Auf der rechten Rückraumseite  schwang sich Marcin Lijewski wieder zu einer standesgemäßen Leistung auf, links verblüffte in seinem ersten Spiel vor 11100 Zuschauer in der Color Line Arena einmal mehr Thomas Mogensen durch sein blindes Verständnis mit Spielmacher Ljubomir Vranjes und seine Kaltblütigkeit im Abschluss.
Mit einer 7:3-Führung nach einer Viertelstunde hatte die SG früh die Richtung in diesem Spiel vorgegeben. Auf alles, was HSV-Trainer Martin Schwalb danach versuchte - Umbau im Angriff, defensive Abwehrformationen, Torwartwechsel -, fanden die Flensburger eine Antwort. "In einem Spitzenspiel entscheiden die individuellen Leistungen des Tages", meinte Schwalb, "da hatten wir Defizite." Tatsächlich prallten die körperlich   überlegenen Hamburger am Flensburger Kollektiv ab. Erst, als die SG durch Zeitstrafen für Knudsen und Petersson in der Schlussphase aus dem Rhythmus geriet, schmolz die zeitweise auf 27:21 (50.) angewachsene Führung  bedrohlich zusammen. Aber da war ja noch Dan Beutler, der wie schon in diesem Frühjahr im Champions-League-Halbfinale in Valladolid in extrem zugespitzter Situation einen bedeutsamen Sieg festhielt.
Mit Genugtuung blicken die Flensburger nun auf den momentanen Stand der Dinge, nachdem viele Experten  angesichts spektakulärer Verpflichtungen nur den THW Kiel, Hamburg und die Rhein-Neckar-Löwen auf dem Zettel hatten. "Man sieht, dass im Mannschaftssport nicht die Einzelspieler entscheidend sind, sondern das Team", sagte Fynn Holpert. Von der Meisterschaft will der SG-Manager jedoch noch nicht reden, wohingegen Martin Schwalb seit gestern die Favoritenrolle in der Liga neu besetzt sieht: "Wer in Hamburg gewinnt, hat das Recht, deutscher Meister zu werden."