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SG auf Wolke sieben

"Das ist doch ein richtig geiler Tag", strahlte Dan Beutler und nahm geduldig die nicht enden wollenden Glückwünsche mit schwedischer Ruhe entgegen. Der Grund: Der Torhüter der SG Flensburg-Handewitt avancierte beim 33:32-Auswärtssieg beim HSV Hamburg zum großen Matchwinner des Tages.
Noch nie hatten die Flensburger ein Liga-Spiel in der Millionenmetropole gewonnen. Der Lohn neben der Tabellenführung war nicht nur die Tatsache, als einziger der 18 Erstligisten weiterhin ungeschlagen zu sein.
Vielmehr hob HSV-Coach Martin Schwalb den siegreichen Gegner prompt auf das Favoritenschild im Kampf um die Deutsche Meisterschaft. "Wer den THW Kiel klar bezwingt und dann auch noch in Hamburg gewinnt, der hat es auch verdient Deutscher Meister zu werden. Für mich ist die SG im Moment klarer Favorit." Von derartigen Lobeshymnen sichtlich ein wenig irritiert, bemühte sich SG-Trainer Kent-Harry Andersson den berühmten Ball "flach zu halten." "Wenn wir am Ende einen Champions League-Platz erreichen, sind wir zufrieden. Die Saison ist noch sehr lang."
Nach dem Auftritt im Hamburger Handball-Tempel dürfte die SG vor rund 11000 Zuschauern allerdings endgültig die Rolle des Außenseiters im Duell mit dem THW Kiel, HSV Hamburg, Gummersbach und Rhein-Neckar-Löwen losgeworden sein. "Wer geglaubt hat, nur der THW Kiel oder der HSV Hamburg können Meister werden, der darf sich nicht täuschen. Aber nicht nur wir wollen oben mitmischen, sondern auch noch andere Teams wie Gummersbach und Kronau muss man auf dem Zettel haben", lächelte Torge Johannsen. Der Rechtsaußen der SG wäre ebenso wie sein Flügelmann Alexander Petersson um Haaresbreite noch zum Pechvogel avanciert. Doch weder der verworfenen Gegenstoß des Isländers beim 33:29 (57.) noch der Ballverlust von Johannsen wenige Augenblicke später führten in der hektischen Schlussphase zum möglichen Punktverlust.

Johnny Jensen ärgerte sich etwas über den "Schrott" der letzten Minuten.

"Wir haben in den letzten fünf Minuten echten Schrott gespielt und einen fetten Vorsprung fast noch vergeigt. Das darf uns nicht passieren", ärgerte sich Jensen, um im selben Augenblick den Triumph wieder zu genießen. "Man, ist das schön in Hamburg gewonnen zu haben. Wir sind hier echt als klasse Team aufgetreten. Dann hat man auch eine gute Chance zu gewinnen."
Teamwork – das war überhaupt das Zauberwort am gestrigen Tag. Auch für Thomas Mogensen, der erneut in der Schlussphase einer Partie Verantwortung übernahm und mit wichtigen Treffern den Erfolg endgültig sicherte. "Wenn es gelingt, den Kopf kühl zu halten, dann ist der Stress in der Endphase nicht so schlimm. Heute hat es wieder gut funktioniert. Überhaupt haben wir super gekämpft und den Sieg verdient gehabt", freute sich der Neuzugang über den Husarenstreich.
Gleiches galt auch für Beutler, dessen Quote von 38 Prozent nicht die Dramatik und Spannung wiederspiegelte, die in der Leistung des coolen Schweden zu finden war. Von Beginn an zeigte sich die Flensburger Nummer eins als topfit und hellwach, parierte gleich reihenweise die Gewaltwürfe von den "Schellmeistern" Pascal Hens, Kyung-Shin Yoon oder auch Guillaume Gille. Dazu Martin Schwalb: "Einer Spitzenmannschaft wie unserer, darf es nicht passieren, dass sie sich vom gegnerischen Torhüter derart beeinflussen lässt. Sie hatten zuviel Glauben an sich und ihre Würfe eingebüßt."
Mit dem Lob konnte Beutler gut leben. "Aber ich bin nur ein Teil des Erfolges. Die Abwehr hat ganze Arbeit geleistet." In der Tat hatte die SG in einer kompakten und vor allem aggressiven 6:0-Deckung den Grundstein für den Sieg gelegt und sich beim 27:21 zehn Minuten vor dem Ende den entscheidenden Vorteil erarbeitet. Sieben Zeitstrafen im Vergleich zu drei Hinausstellungen für den HSV – allein dieser Vergleich spricht Bände über das Engagement, mit dem die Teams das Spitzenspiel angingen.
Den Platz an der Sonne wollen die Flensburger nun erst einmal nicht mehr abgeben, auch wenn am Mittwoch mit dem TBV Lemgo ein weiterer Verfolger sein Glück in der Campushalle versuchen wird.