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TOYOTA Handball-Bundesliga: „Größte David der Welt“

Die SG Flensburg-Handewitt hat sich mit einer famosen Leistung für die zuletzt mäßigen Leistungen rehabilitiert und stürzte den vermeintlichen „Goliath“ THW Kiel mit einem 37:32 (20:13) vom Thron. Der neue Tabellenführer der TOYOTA Handball-Bundesliga ist die SG Flensburg-Handewitt, der „größte David der Welt“.
Als sich die Zuschauer schon bei der Präsentation der Mannschaft durch Hallenmoderator „Holzi“ Holst erhoben, hatte sich SG-Trainer Kent-Harry Andersson entschieden. Torwart Dan Beutler, Lars Christiansen, Kasper Nielsen, Ljubomir Vranjes, Michael Knudsen, Marcin Lijewski, Alexander Petersson und Johnny Jensen in der 6:0-Deckung sollten dem THW Kiel die erste Saison-Niederlage beibringen. „Wir wollen zeigen, dass die Kieler Spieler auch nur Menschen sind“, gab SG-Sportdirektor Anders Dahl-Nielsen die Devise aus.
Doch die Partie begann mit einer kleinen Ernüchterung, Während Kasper Nielsen und Michael Knudsen ihren Meister in THW-Keeper Thierry Omeyer, trafen Nikola Karabatic und Marcus Ahlm zum 0:2. Vid Kavticnik hatte sogar das 3:0 in der Hand. Siebenmeter! Dan Beutler parierte und setzte ein Signal. Michael Knudsen vom Kreis und Alexander Petersson mit einem „Wundergeschoss“ aus dem Rückraum egalisierten. Die „Hölle Nord“ tobte erstmals an diesem Nachmittag.

Thomas Mogensen spielte wie im Rausch.

Die Kieler nutzten eine erste Überzahl – Zeitstrafe gegen Michael Knudsen – und antworteten mit einer 5:3-Führung. Filip Jicha erhöhte kurz darauf per Gegenstoß sogar auf 7:4. In dieser Phase hatte Kent-Harry Andersson ein „goldenes Näschen“. Er schickte Thomas Mogensen ins Rennen, der danach 20 traumhafte Minuten erlebte. Drei Mal brach er durch, zwei Mal flitzte er pfeilschnell über das Parkett und verwandelte den ersten Gegenstoß zum 8:8-Ausgleich, den zweiten zur vielumjubelten 9:8-Führung. Jubelnd streckte er seine Hände gen Nordtribüne. Thomas Mogensen hatte das Derby-Fieber gepackt. „Ihn nominiere ich gleich für die dänische Nationalmannschaft“, lobte Kent-Harry Andersson.
Aber nicht nur ihn: Die 6:0-Abwehr stand felsenfest, brachte den viel gerühmten THW-Angriff völlig aus dem Konzept. „In einer Minute spielten wir drei Mal den Ball in die Hände der Flensburger“, haderte THW-Coach Noka Serdarusic. „Wir brauchten bis zur Pause, um uns von dieser Minute zu erholen.“ Zudem gewann in dieser Phase SG-Keeper Dan Beutler Oberwasser im Duell mit dem französischen Weltklasse-Mann Thierry Omeyer.
Der Vorsprung der SG vergrößerte sich von Minute zu Minute, wildfremde Menschen lagen sich auf den Rängen jubelnd in den Armen. Und was waren das für Tore! Marcin Lijewski hämmerte einen Ball ins Toreck (12:8). Dann schlug der eingewechselte Torge Johannsen in „Petersson-Manier“ aus dem Rückraum zu (19:11) und markierte kurz darauf den letzten SG-Treffer vor der Pause in sensationeller Schräglage.
Beim Pausentee war allen Besuchern dieses Nordschlagers klar: So einseitig kann es nicht weitergehen. Tatsächlich kam ein verwandelter Triple-Sieger aus der Kabine. Schnell schossen sich Nikola Karabatic und Kim Andersson warm, Henrik Lundström verwandelte einen Gegenstoß zum 22:17. Diese Fünf-Tore-Marke wirkte einige Minuten wie eine „Barriere“. Erst Vid Kavticnik durchbrach sie beim 26:22. Als Kim Andersson zum 28:26 traf wurde es noch einmal spannend. „Die SG war nun psychologisch unter Druck“, beobachte Noka Serdarusic. „Doch wir waren nicht stark genug, um das auszunutzen.“
Kent-Harry Andersson hatte seine Auszeit genommen. Danach knisterte es nur noch kurz vor Spannung. Marcin Lijewski bekam eine Zeitstrafe, Kent-Harry Andersson sah den gelben Karton. Nikola Karabatic warf über das Gehäuse, während Torge Johannsen alle mit einem Rückraum-Knaller zum 31:27 begeisterte. Eine Beruhigungspille! Ein Zeichen! Die SG ließ sich den Derby-Sieg nicht mehr nehmen. In der Schlussphase gab es nur noch einen kleinen Wermutstropfen: Michael Kundsen schied verletzt aus. Ein Schlag gegen das Knie, eine Innenbanddehnung. Das Strahlen aus seinem Gesicht vertrieb dieses Missgeschick aber nicht. Michael Knudsen: „Wenn wir heute verloren hätten, wäre Kiel schon fast Deutscher Meister.“

"Derby-Fieber" in der Campushalle 

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SG Flensburg-Handewitt – THW Kiel  37:32 (20:13)
SG Flensburg-Handewitt: Beutler (18/3 Paraden) – Nielsen, Mogensen (8), Jensen, Christiansen (6/4), Vranjes (3), Johannsen (5), Lijewski (6), Petersson (3), Knudsen (6)
THW Kiel: Omeyer (13 Paraden), Andersson (24.-30.) – K. Andersson (7), Lundström (3), Kavticnik (2), Karabatic (10), Klein (2), Lund (1), Jicha (3/1), Lövgren (2), Ahlm (2)
Schiedsrichter: Dang/ Zacharias (Mainz); Zeitstrafen: 10:4 Minuten (Knudsen 4, Mogensen 4, Lijewski 2 – Lövgren 2); Siebenmeter: 4/4:4/1 (Kavticnik, Andersson und Karabatic scheitern an Beutler); Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Spielverlauf: 0:2 (2.), 2:2 (4.), 3:5 (7.), 4:7 (9.), 6:7 (14.), 6:8 (15.), 12:8 (20.), 15:9 (24.), 18:10 (27.), 20:12 (29.) – 21:13 (31.), 21:15 (32.), 22:17 (34.), 24:19 (36.), 26:20 (42.), 26:22 (42.), 28:22 (43.), 28:26 (47.), 29:27 (48.), 31:27 (51.), 33:30 (54.), 35:30 (57.), 36:31 (58.)



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