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Christiansen rettet der SG einen Punkt

Dieser Punkt könnte der SG Flensburg-Handewitt in der Endabrechnung fehlen. Gegen FA Göppingen erreichte der Tabellenzweite der Handball-Bundesliga ein glückliches 30:30 (15:18) und liegt jetzt zwei Punkte hinter dem THW Kiel.
Solche Glücksmomente sind selten. Es kommt nicht häufig vor, dass Gastmannschaften aus der Campushalle einen Punkt mitnehmen. Nach dem 30:30 (18:15) seiner Göppinger bei der SG Flensburg-Handewitt saß Trainer Velimir Petkovic bestens gelaunt in der Pressekonferenz und meinte: "Glückwunsch an die SG, sie hat heute einen Punkt gewonnen." Recht hatte der Mann. Das musste auch SG-Geschäftsführer Fynn Holpert eingestehen: "Nach dem Spielverlauf hätten wir eigentlich verlieren müssen."
Mit einem verwandelten Siebenmeter 35 Sekunden vor dem Ende hatte Routinier Lars Christiansen dem Bundesliga-Zweiten einen schmeichelhaften Punkt gerettet, nachdem die Flensburger fast während der gesamten Spielzeit einem Rückstand nachgelaufen waren. "Wir müssen heute mit dem einen Punkt zufrieden sein", räumte SG-Trainer Kent-Harry Andersson ein. "Wir waren heute von Beginn an nicht richtig bei der Sache."
Eine milde Umschreibung für eine über weite Stecken kraftlose, ideenlose, ja leblose Vorstellung der Gastgeber. In der Deckung fehlte fast jegliche Bindung, teilweise ließen sich die Gastgeber wie Schüler ausspielen. Im Angriff mangelte es an Inspiration und Tempo, um die kompakte, defensive 6:0-Abwehr der Süddeutschen in Verlegenheit zu bringen. Michael Knudsen am Kreis war völlig abgemeldet. Die Hauptverantwortung lastete damit auf dem Rückraum. Doch Blazenko Lackovic war ein Totalausfall, und Marcin Lijewski benötigte für seine acht Tore insgesamt 17 Versuche. Aber zumindest nach der Pause hielt der polnische Nationalspieler mit sechs Treffern seine SG , die teilweise mit fünf Toren zurücklag, im Spiel.

Marcin Lijewski warf in der zweiten Hälfte wichtige Tore.

"Es ist komisch, dass wir so ein Spiel abliefern, wo es für uns um die Meisterschaft geht", rätselte Ljubomir Vranjes. Der schwedische Spielmacher wie der Trainer hatten keine Erklärung für den schwachen Auftritt der SG. Ob die zehntägige Pause nach dem 36:27 in Nordhorn die SG aus der Bahn geworfen hatte, oder ob die Flensburger den Gegner wie im Hinspiel unterschätzt hatten, wusste niemand zu sagen. "Es war eine Sache der Einstellung", glaubte Co-Trainer Jan Paulsen. "Wir waren mental nicht bereit, dieses Spiel zu gewinnen." Lars Christiansen  formulierte es anders: "Wir haben während des ganzen Spieles gedacht, dass wir es schon packen werden. Wir hatten uns doch optimal vorbereitet."
Aber anscheinend nicht alle: Blazenko Lackovic und Marcin Lijewski waren am Freitag nach Hamburg gefahren, um sich dort das Champions-League-Halbfinale ihres künftigen Arbeitgebers HSV gegen Ciudad Real anzuschauen. Ist das wirklich professionell?  "Das ist unfassbar", schimpfte Fynn Holpert, als er nach dem Schlusspfiff davon erfuhr. "Darüber werden wir noch zu reden haben."
Die Liste der SG-Akteure, die gegen Göppingen unter Normalform blieben, ließe sich aber fast beliebig erweitern. Anders Eggert zum Beispiel blieb einmal mehr den Nachweis schuldig, in naher Zukunft Lars Christiansen auf Linksaußen beerben zu können. Der 26-Jährige, der mehr Spielanteile für sich einfordert und schon mit einem Vereinswechsel gedroht hat, wurde nach vier Fehlversuchen in den ersten 14 Minuten ausgewechselt. "Anders hat wieder einmal eine Chance nicht genutzt", meinte Paulsen.
Aber auch die SG hatte eine große Chance vertan. Dabei hätte sie nach dem 29:31 in Göppingen im vergangenen November gewarnt sein müssen. So ist Göppingen in dieser Saison der einzige Bundesliga-Club, der sich rühmen kann, gegen die SG nicht verloren zu haben. Wenn es mit dem zweiten Titel in der Vereinsgeschichte nicht klappen sollte, werden die Flensburger wissen, wo sie die entscheidenden Punkte liegen gelassen haben: Gegen Frisch Auf Göppingen.
Doch trotz nun zwei Punkten Rückstand auf Titelverteidiger THW Kiel hat Anders Dahl-Nielsen die Hoffnung auf den Titel noch nicht aufgegeben. "Wir haben ein gemeinsames Ziel", sagte der SG-Sportdirektor. "Wir müssen verdammt noch einmal nur daran glauben." Diesen Eindruck machte die Mannschaft am Sonnabend gegen Göppingen allerdings nicht.