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Mehr Flensburger Emotionen und Aggressivität nach der Pause

Es waren knapp 44 Minuten gespielt, als Thomas Mogensen nahe der Mittellinie einem Abpraller hinterher hechtete und an diesen einen Tick vor dem Magdeburger Alexandros Vasilakis gelangte. Die Szene war typisch für den zweiten Durchgang. Die Hausherren hatten nun mehr Biss. „Emotionen, die Zuschauer und eine aggressive Deckung waren nun vorhanden“, frohlockte Flensburgs Sportdirektor Anders Dahl-Nielsen später. Deutlich grober formulierte es sein Magdeburger Kollege Stefan Kretzschmar: „Nach der Pause fing Johnny Jensen an zu kloppen, dann ging es zur Sache.“
Bis zum Pausentee ein anderes Bild: Die Bördeländer zeigten keine Krisensymptome, die Flensburger ließen im Gegenzug die letzten Körnchen vermissen. Vor allem in den letzten zehn Minuten standen die Hausherren etwas neben sich. Eine saloppe Chancenverwertung – Torge Johannsen warf eine Hundertprozentige neben das Tor, Thomas Mogensen brach frei durch, scheiterte jedoch an der Latte – paarte sich mit Nachlässigkeiten in der Deckung. Vor allem der polnische Rückraum-Hüne Karol Bielecki genoss zu viele Freiräume. Er war es auch, der den Ball mit dem Pausensignal zur verdienten SCM-Führung in die Maschen hämmerte.
Danach drehte die SG auf. Keeper Dan Beutler gab seinen Vorderleuten Sicherheit, während die Magdeburger ihre einzige Überzahl der gesamten Partie in den Sand setzten. Kurz darauf markierte Torge Johannsen mit dem 20:17 die erste nennenswerte Führung. Nun spielte sich vor allem die Flensburger Rückraumachse mit Thomas Mogensen, Ljubomir Vranjes und Marcin Lijewski in einen Rausch. 

Die Trainer-Stimmen

Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Wir hatten zunächst Probleme in Angriff und Abwehr. In der zweiten Hälfte war dann unser Angriffsspiel ausschlaggebend.“
Helmut Kurrat, SC Magdeburg: „In der ersten Halbzeit haben wir gesehen, dass wir leistungsmäßig nicht so weit weg sind von der Spitze. Unsere Innenverteidigung macht aber mehr Fehler als im letzten Jahr.“

SG Flensburg-Handewitt: Als Spitzenreiter mit neuem Hauptsponsor?

Thomas Mogensen hatte in der zweiten Hälfte einen guten Lauf.

Das Heimspiel gegen den SC Magdeburg hatte irgendwie „Insel-Charakter“. Eine einwöchige Pause davor, und gleich zwei Wochen Bundesliga-Abstinenz danach. Kent-Harry Andersson fühlte sich wieder voll in seinem Element. Statt Flughäfen, Autobahnraststätten und fremde Hallen öffnete er täglich die Tür zur heimischen Duburghalle. Das normale Trainingspensum mit fast kompletter Truppe – nur Alexander Petersson laboriert an einer Knöchelverletzung – ermöglichte eine optimale Vorbereitung.
Und die hielt Kent-Harry Andersson für zwingend notwendig. „In dieser Situation hatte Magdeburg in Flensburg nichts zu verlieren“, schilderte der Schwede seine Bedenken. „Außerdem entspricht das Potenzial dem eines Spitzenteams.“ Trotz dieser Warnung ließ seine Truppe zunächst die letzte Konsequenz vermissen. Die Folge: eine intensive Halbzeitbesprechung. „Wir haben zu viele einfache Tore kassiert“, ärgerte sich Torwart Dan Beutler. Dann schaltete der Favorit aber den Turbo ein. „Ljubomir Vranjes, Thomas Mogensen und Marcin Lijewski haben gegen die offensive Magdeburger Deckung sehr gut zusammengespielt“, lobte Kent-Harry Andersson.
Auf der Brust der SG-Spieler glänzte wie immer seit 1981 der Schriftzug des Versicherungskonzerns „Provinzial“. Allerdings nicht mehr lange. Die SG und das Unternehmen einigten sich darauf, zum Januar den Status „Hauptsponsor“ in den eines „Teampartners“ zu verändern. „Mit diesem Schritt“, betonte Ulrich Rüther, Vorstandsvorsitzender der Versicherungen, „möchten wir der SG die Möglichkeit geben, den wirtschaftlichen Bereich auf eine noch breitere Basis zu stellen.“ Dem nördlichsten Bundesligisten ist bereits ein sehr potenter neuer Hauptsponsor ins Netz gegangen, der am 11. Dezember im Rahmen einer Gala präsentiert werden soll. Es soll sich um ein dänisches Finanzunternehmen handeln. Der neue lukrative Partner würde zum Januar natürlich gerne beim dann womöglich amtierenden Bundesliga-Tabellenführer einsteigen. „Wir haben ein gutes Weihnachtsprogramm“, orakelte am Samstag Kasper Nielsen. „Wir können alles gewinnen.“ Bis zur EM-Pause stehen 8:0 Punkte auf dem Wunschzettel.

SC Magdeburg: Eine nicht so „finstere“ Niederlage

Marcin Lijewski war nach dem Schlusspfiff ein gefragter Mann.

Es mag ein Zufall gewesen sein, als Interimstrainer Helmut Kurrat und Sportdirektor Stefan Kretzschmar binnen zwei Minuten das Wort „Ruhe“ in den Mund nahmen. Doch diese ungeplante Parallele beschrieb sehr gut die Hoffnungen des SCM nach Normalität. „Wir wollen“, kündigte Helmut Kurrat an, „die nächsten 14 Tage in Ruhe arbeiten, um schnell aus dem Keller herauszukommen.“ Sein Sportdirektor und Berater auf der Bank Stefan Kretzschmar spannte den Bogen zum Chaos der letzten Monate („Sportliche Leistungen glätten die Wogen in Magdeburg nicht“), um dann auch seinen sehnlichsten Wunsch auszusprechen: „Wir möchten alle in Ruhe arbeiten.“
Zwar wurde auch in Flensburg der Name eines neuen Coachs nicht verraten, es gab aber zarte Signale für eine Entspannung der Lage. So zeigte die Formkurve der Mannschaft deutlich nach oben. „Diese Niederlage war nicht so finster wie die in den letzten Wochen“, stellte Helmut Kurrat fest. Er dürfte sich auch darüber gefreut haben, dass die zuletzt oft kritisierten Polen Karol Bielecki und Grzegorz Tkaczyk zu den Leistungsträgern zählten. Auf die Nachfrage des Moderators, ob die beiden Rückraum-Stars in zwei Wochen – dann im Dress der Rhein-Neckar-Löwen – womöglich noch mal in Flensburg auflaufen könnten, reagierte Stefan Kretzschmar mit einem vielsagenden Schmunzler: „Die beiden spielen in dieser Saison nur dann noch einmal in Flensburg, wenn wir mit unserem Protest gegen die heutige Spielwertung durchkommen.“