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Nur ein Großwallstädter „Mini-Überraschungs-Coup“

Der TV Großwallstadt sendete ein deutliches Lebenszeichen. 3:7 hieß es nach knapp elf Minuten in der Flensburger Campushalle. Der unterfränkische „Europapokal-Knockout“ vom Mittwoch war zum „Mini-Überraschungs-Coup“ mutiert. Einige Zuschauer befürchteten ein erneutes Heimdesaster ihrer SG. TVG-Geburtstagskind Michael Spatz hatte sogar das 3:8 auf der Hand, scheiterte jedoch am SG-Torwart Dan Beutler. Und dann ging es ganz schnell. Vier Gegenstöße binnen zwei Minuten – die „Hölle Nord“ bejubelte das 7:7. „Mit unseren Fehlern im Abschluss sind wir genau in die Flensburger Stärke gerannt“, ärgerte sich TVG-Kapitän Uli Wolf, zog insgesamt aber ein positives Fazit: „Wir sind wieder auf dem aufsteigenden Ast.“
Kurios die erste Flensburger Führung: Ein Wurf von Marcin Lijewski blieb am TVG-Block hängen. Um den Abpraller bemühten sich TVG-Keeper Marcus Rominger und SG-Kreisläufer Johnny Jensen – wie im „Fußball-Strafraum“. Der Ball landete schließlich beim Vollstrecker Ljubomir Vranjes. Und Jan-Olaf Immel bekam seine zweite Zeitstrafe. Da Linkshänder Bostjan Hribar wegen einer Handprellung nur phasenweise im Angriff mitwirkte, stand den Unterfranken damit eine zweite erfahrene Kraft nur teilweise zur Verfügung. Zwar machte Youngster Philipp Müller im Mittelblock an der Seite von Routinier Uli Wolf ein passables Spiel, letztendlich machte sich aber die mangelnden Alternativen auf der TVG-Bank bemerkbar. Nach dem 22:20 (40.) zogen die Hausherren unwiderstehlich davon. 

Die Trainer-Stimmen

Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Neun Spieler haben bei uns die Tore gemacht. Diese Tatsache spricht für einen intakten Teamgeist.“
Michael Roth, TV Großwallstadt: „Dan Beutler hat einige hundertprozentige Chancen von uns gehalten. Solche Gelegenheiten darf man in Flensburg nicht auslassen.“

SG Flensburg-Handewitt: Es ging nur über den Kampf

Johnny Jensen war mit den Schiedsrichtern nicht zufrieden.

Am Ende hatten alle im Flensburger Lager gut Lachen. „In den ersten zehn Minuten haben wir wohl noch im Bus gesessen“, schmunzelte SG-Trainer Kent-Harry Andersson über den holprigen Start seiner Truppe. Denn nur in der Anfangsphase durfte die Konkurrenz in der Bundesliga-Spitze auf einen Flensburger Ausrutscher hoffen, machte sich der Reisestress der jüngsten Auswärtspartien in Spanien, Hessen und Polen bemerkbar. Ein Schönheitspreis war aber auch in den restlichen 50 Minuten nicht zu gewinnen. „Mir war vorher klar“, bestätigte Kent-Harry Andersson, „dass heute nur etwas über den Kampf geht.“
Dabei profitierten die Hausherren auch von einem glänzenden Torwart Dan Beutler (19 Paraden). „Nach schleppenden Beginn stand die Abwehr wirklich konzentriert“, lobte der Schwede seine Vorderleute. Dagegen hielten seine Gegenüber kaum etwas an. Torwart-Ikone Chrischa Hannawald bekam bei seinem elfminütigen Einsatz gar keine Hand an den Ball und musste sich nach seiner Auswechslung höhnische Gesänge anhören: „Wir wollen den Chrischa sehen!“
Die Partie war nicht ganz frei von auffallenden Emotionen. Nach dem „Pausentee“ tauschten sich Marcin Lijewski und Philipp Müller ein paar Nettigkeiten aus, beim Gang in die Halbzeit schimpften die Zuschauer und einige SG-Akteure über die Schiedsrichter. Vier Sekunden vor der Sirene hatten diese gepfiffen, „Schlitzohr“ Jens Tiedtke warf den Ball spontan weg und „klaute“ der Heimsieben einen Freiwurf. „Die Schiedsrichter waren peinlich“, schimpfte Johnny Jensen. „Das ist meine Meinung – damit stehe ich aber nicht allein da.“
Ganz andere Gedanken hatte Einar Holmgeirsson, der in den letzten 20 Minuten das Spielfeld betrat. Im Gegensatz zu Alexander Petersson, der an einer Knöchelverletzung laboriert, beteiligte sich der zweite isländische Ex-Großwallstädter mit vier Treffern am Spielfilm. „Das war wirklich ein komisches Gefühl, gegen meine alten Kollegen zu spielen und auf das Tor von meinem Kumpel Marcus Rominger zu werfen“, sagte Einar Holmgeirsson, der in den nächsten Tagen mit dem einen oder anderen TVG-Akteur ein Café besuchen möchte. Der TVG bleibt bis Dienstagabend an der dänischen Grenze, absolviert gegen die Landesliga-Vertretung der SG Flensburg-Handewitt noch einen Test und reist dann zum Pokalspiel nach Hamburg.

TV Großwallstadt: Getränke als Geschenke

Uli Wolf kommt zum Torerfolg

Ein Blumenstrauß und eine Flasche Wein – das ist sicherlich nicht das originellste Geburtstagsgeschenk, das Michael Spatz je bekommen hat. Die Aktion vor dem Anpfiff war aber sicherlich eine der denkwürdigsten in der Bundesliga-Karriere des TVG-Rechtsaußen. Das Präsent zum 25. Geburtstag überreichte nämlich Lars Christiansen. Genau der Spieler, der seit Jahren das Idol des TVG-Neuzugangs ist. Zum Duell mit dem sportlichen Vorbild kam es dann allerdings nicht. Der zweite dänische Linksaußen der SG, Anders Eggert, spielte über 60 Minuten. „Die Gestik allein war schon schön“, freute sich Michael Spatz. „Und Anders Eggert ist ja auch kein schlechter.“
TVG-Trainer Michael Roth bekam in der Pressekonferenz ein Bier und öffnete den Bügelverschluss der Flasche mit einem „Plop“, das nicht zu überhören war. Ein kräftiges Geräusch, das zu den vorausgegangenen 60 Minuten passte. Denn der Coach war trotz der Niederlage nicht schlecht gelaunt und wiederholte das, was er zuvor schon seiner Mannschaft in der Kabine gesagt hatte: „Ich bin stolz, dass das Team lebt, dass es Moral hat, dass es zeigt, dass es wieder nach oben will.“
Für Furore sorgten auch die Zwillingsbrüder Michael und Philipp Müller, die über weite Strecken gemeinsam im TVG-Rückraum agierten. Ein interessantes Paar: Der eine wirft mit links, der andere mit rechts. Philipp Müller erfüllte zudem seine Aufgaben im Rückraum ordentlich. „Im Europapokal hatten die jungen Spieler sehr viele Fehler gemacht“, analysierte Michael Roth einen Aufwärtstrend. „Solche Schwankungen muss man so jungen Leuten zugestehen.“