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FC Barcelona bastelt an neuer Mannschaft

Die aktuelle Situation des FC Barcelona im spanischen Handball erinnert ein wenig an die des FC Bayern München im deutschen Fußball. Der Rekordmeister und selbstverständlich als  Titelfavorit Nummer eins gestartete Renommierclub ist auf Rang vier abgestürzt, der 21. Titel – auch diese Zahl ist eine Parallele – ist in weite Ferne gerückt. Nur der Trainer Xesco Espar  ist noch im Amt, doch vieles deutet daraufhin, dass den 44-Jährigen bald das gleiche Los treffen wird wie Felix Magath.
Eusebi Brosa, Redakteur der Zeitung „Sport“, gehört zu denen, die Barcelonas Handballer genau verfolgen und verblüfft sind, dass der siebenmalige Champion im europäischen Landesmeisterwettbewerb in der Liga Asobal  diesmal nicht recht in Tritt kommt. „Barcelona ist nicht so stark wie in früheren Jahren. Momentan geht es nur noch darum, sich wieder für die Champions League zu qualifizieren. Das ist eine große Überraschung und macht es Barça besonders schwer. Die anderen wittern ihre Chance. Für jeden Club ist es ein Meilenstein, einmal diese Mannschaft geschlagen zu haben.“
Zum Teil ist der heutige Stand der Dinge durch einen ungewöhnlichen Spielplan verursacht: Barcelona hat bis auf eines alle Auswärtsspiele hinter sich und noch 13 Heimspiele vor sich. Für Brosa hat das Schwächeln der Katalanen aber noch weitere Gründe. Natürlich steht als Erster der Trainer im Kreuzfeuer. „Sportdirektor Enric Masip und Trainer Espar haben immer wieder Meinungsverschiedenheiten. Und es fehlt an der Chemie zwischen Espar und seinen Spielern“, berichtet der Experte. Deshalb wird der Nachfolger des legendären Valero Rivera (trat 2004 ab) die nächste Saison kaum erleben.
Dann soll Manuel Cardenas von Ademar Leon das Kommando auf Barcelonas Bank übernehmen. Er wird einen stark veränderten Kader übernehmen. Derzeit sind Manager Masip und der sportliche Leiter Xavier O’Callaghan auf Einkaufstour, um die nicht sehr glückliche Personalpolitik der vergangenen Jahre  zu korrigieren. Dabei müssen die Spanier, die mit einem Etat von 4,5 bis 5 Millionen Euro und damit in ähnlichen Dimensionen wie die Flensburger operieren, ebenso auf den Cent schauen wie der Champions-League-Kontrahent.

Um Demetrio Lozano soll in Barcelona ein neues Team aufgebaut werden.

Um den ehemaligen Kieler Demetrio Lozano soll in Barcelona  ein neues Team aufgebaut werden. Der vielseitige Rückraumakteur von Portland San Antonio, der bereits von 1998 bis 2001 in Katalonien spielte, bekam  trotz seiner 31 Jahre einen Vertrag bis 2012.
Außerdem sicherte sich Barça die Dienste der Kreisläufer Jesper Noddesbo (Kolding IF) und Ruben Garabaya (BM Valladolid). Dragan Skrbic (37) und Igor Vori (25) werden wohl ausgemustert. Der Kroate Vori stand bereits kurz vor Einigung mit dem HSV Handball, bevor man sich dort für Dimitri Torgowanow entschied. Jetzt heißt es, Kiel, Kronau und Gummersbach interessieren sich für Barcelonas Kreisläufer.
Lozano wird auf dem Weg nach Katalonien von seinem Vereinskollegen und passionierten Wandervogel Kasper Hvidt begleitet. Dänemarks Nationaltorhüter soll auf Sicht David Barrufet (36) ablösen. Spaniens Torwartlegende möchte allerdings seinen bis 2008 laufenden Vertrag um zwei Jahre verlängern und nach den Olympischen Spielen in Peking nur noch dem Verein zur Verfügung stehen. Im Gespräch bei Barcelona ist außerdem der argentinische Torjäger Eric Gull (33) von BM Valladolid.

Jonas Larholm ist in Barcelona noch nicht so richtig angekommen.

Im aktuellen Kader gab es große Leistungsschwankungen. Während Barrufet, der spanische Nationalheld Iker Romero (Rückraum Mitte) und der erst 21-jährige  Rechtsaußen Victor Tomas eine starke Saison spielen, ist man von zwei Legionären enttäuscht. „Laszlo Nagy und Jerome Fernandez haben in dieser Serie die Erwartungen bisher nicht erfüllt“, sagt Eusebi Brosa. Einigermaßen zufrieden sind die Spanier mit Oldie Nenad Peruncic (36), der den nach Kiel gewechselten Lars Krogh Jeppesen in der Abwehr ersetzt. Gern hätte man Peruncic auch häufiger in der Offensive gebracht, was jedoch wegen  Verletzungen nicht möglich war. „Er hat sich aber sowohl im Team als auch allgemein sehr gut eingelebt. Man schätzt seine professionelle Einstellung“, sagt Brosa.
Auch ein zweiter hoch gehandelter Skandinavier hat in Barcelona bislang noch nicht Tritt gefasst. Der schwedische Mittelmann Jonas Larholm, hinter dem halb Europa (auch die SG) her war, schaut sich die Spiele in der Liga Asobal häufiger von der Tribüne an. „Er hat sich hier noch nicht akklimatisiert. Als er kam, war ihm alles fremd. Spielformen, Trainingsstil, Lebensrhythmus und das Essen“, meint Brosa. „In Schweden war Larholm der große Star, bei Barça ist er einer von vielen. Aber man gibt die Hoffnung nicht auf, dass aus ihm auch hier noch ein großer Spieler wird, wenn er sich mit seiner Rolle arrangiert hat.“
Das Viertelfinallos SG Flensburg-Handewitt wurde gelassen aufgenommen. „Gegen deutsche Vereine hat der FC Barcelona meistens gute Ergebnisse erreicht“, sagt Brosa, der aber auch großen Respekt vor der kommenden Aufgabe ausgemacht hat. „Flensburg hat einen guten Ruf in Spanien. Das ist eine große, beeindruckende Mannschaft“, sagt der spanische Experte.