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Wird die SG Flensburg-Handewitt heute Geschichte schreiben und als erste Bundesliga-Mannschaft ein spanisches Team aus der Champions League werfen? Nie war die Chance größer als nach dem 31:21-Sieg der SG im Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Barcelona.
Es wird heiß in der katalonischen Metropole. 23 Grad Celsius und ein blauer Himmel empfingen die Handballer der SG Flensburg-Handewitt nach der Landung in Barcelona. Schnell war die trübe Stimmung nach der herben Bundesliga-Niederlage beim VfL Gummersbach verflogen. "Gut, dass wir so früh hier sind“, sagte Torhüter Dan Beutler. "Zu Hause hättest du in deinem Zimmer gesessen und gegrübelt, was alles schlecht war am Mittwoch. Hier kommst du auf andere Gedanken.“
Wichtig genug: "Jetzt ist Viertelfinale, jetzt wird gesiebt. Übrig bleiben vier potenzielle Champions-League-Sieger und wir wollen dazugehören“, sagt SG-Manager Thorsten Storm. Der Fokus richtet sich auf die Schlacht im Mythen umwobenen "Palau Blaugrana“, der Halle, in der der FC Barcelona Erfolge sammelte wie kein anderer Handballverein der Welt.
Heute (16.30 Uhr, Eurosport 2) kommt es zu einer doppelten Premiere. Erstmals spielt die SG dort und noch nie trat der siebenmalige Champion der Landesmeister mit einem Zehn-Tore-Rückstand vor 8000 Fans. "Man weiß nicht, wie die Leute reagieren“, fürchtet Barca-Star Nenad Perunicic um den Heimvorteil nach dem 21:31 in Flensburg, "vielleicht warten sie erst einmal ab, was passiert.“

Jan Holpert erinnert an die Tücken des Tempo-Handballs.

Die Flensburger richten sich freilich auf eine von Beginn an kochende Kulisse ein. "Wir werden unter ungeheurem Druck stehen. Es wird laut werden und Barcelona wird aggressiv sein“, meint Trainer Kent-Harry Andersson. Einschüchtern werde man sich jedoch nicht lassen. "Alle haben sehr viel Erfahrung. Schlimmer als in Celje oder Ciudad Real kann es nicht werden.“
Trotz der zehn Tore wähnt sich die SG alles andere als sicher. Während Andersson viel gewonnen sieht, "wenn wir die erste Viertelstunde überstehen“, mahnt Torhüter Jan Holpert: "Vor drei Jahren in Magdeburg hatten wir um die 40. Minute noch geführt und dann mit zehn Toren verloren.“ Im modernen Hochgeschwindigkeitshandball gilt nichts mehr von dem, was einst sichere Hinweise auf den Ausgang von K.o.-Runden gab. Kurze Momente der Nachlässigkeit können Spiele auf den Kopf stellen - wie in Köln, als die SG die achtminütige Schwächeperiode 1:10 verlor. Andersson verzichtete darauf, das Gummersbach-Debakel groß zu thematisieren. "Ich will nicht zu viel analysieren und jeden Fehler suchen. Ich habe kurz die Undiszipliniertheit angesprochen und schlechtes Zurücklaufen beim Tempogegenstoß.“
Erst gestern widmete sich Andersson der Taktik, ließ beim Training Spielzüge und Abwehrverhalten üben. "Wir müssen unser Spiel breit anlegen, die ganze Fläche nutzen und nicht über die Mitte schießen, wo vier Leute stehen, die über zwei Meter groß sind“, sagt der Schwede. Schnelles Kombinationsspiel ist angesagt, um Barcelonas Innenverteidigung in Bewegung zu bringen. "Es wird viel davon abhängen, wie uns Blazenko helfen kann“, sagt Andersson, "wenn er kommt, können die nicht bei sechs Metern stehen bleiben. Dann gibt es Platz auf außen und am Kreis.“ Hinter Lackovic steht wegen seines lädierten rechten Knies jedoch ein Fragezeichen. "An einem Tag geht es, am anderen ist es schlecht. Wir müssen abwarten“, sagt der Kroate.
Hoffnung gibt es für zwei andere Sorgenkinder. Joachim Boldsen und Marcin Lijewski hinterließen im Training einen frischen Eindruck. "Sie werden am Sonnabend viel besser sein“, erwartet Andersson, der ansonsten auf eine ähnliche stabile Abwehr hofft wie im Hinspiel, als viele eroberte Bälle die Chance zum Kontern eröffneten: "Wir werden wieder viele dieser einfachen Tore brauchen.“ Im SG-Tor wird aller Voraussicht nach Dan Beutler beginnen - wegen des psychologischen Effekts, nachdem der Schwede vor acht Tagen mit 22 Paraden zum Barça-Schreck wurde.