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Reifeprüfung beim wütenden Giganten

Fern ab der Heimat versuchten die Handballer der SG Flensburg-Handewitt die turbulenten Ereignissen der letzten acht Tage zu verdauen und sich für das Highlight des Jahres zu rüsten. Drei Tage nach dem Debakel in der Kölnarena, wo der Bundesliga-Spitzenreiter nach einer äußerst schwachen Gesamtleistung beim Verfolger VfL Gummersbach mit 26:33 mächtig unter die Räder gekommen war, reiste die SG gleich am nächsten Morgen weiter Richtung Südeuropa.
Schließlich gilt es heute den Hebel komplett umzulegen und wieder absolute Höchsleitung an den Tag zu legen. Grund: Die SG gastiert im Viertel-Finalrückspiel der Champions-League beim FC Barcelona (16.30 Uhr/Live-Ticker ab 16.00 Uhr) und hat nach dem 31:21-Hinspiel-Erfolg ein beachtliches Polster mit nach Katalonien genommen. "Nach der Niederlage in Gummersbach sind die Jungs natürlich gereizt und wollen sich wieder rehabilitieren", gewann SG-Manager Thorsten Storm dem Debakel vom vergangenen Mittwoch sogar positive Seiten für den heutigen Auftritt im Palau Blaugrana ab. Vor den erwarteten 8000 FC-Fans, die den Norddeutschen in ihrem ruhmreichen Tempel einen heißen Tanz bescheren wollen, wird allerdings auch der FC Barcelona sich für die in Flensburg erlittene Schmach revanchieren wollen. "Das wird eine heiße Partie", ist sich Storm sicher, "sie werden gleich zu Beginn alles versuchen, um uns zu überlaufen. Und auch die letzte Viertelstunde wird mit Sicherheit knüppelhart für uns werden."
Der Manager warnt zugleich davor, den Vorsprung nur verteidigen zu wollen. "Wenn man das plant, kann es eigentlich nur schief gehen. Aber die Spieler wissen, worauf es ankommt und wollen an die Leistung aus dem Hinspiel anknüpfen", ist der Manager überzeugt. Rückraum-Shooter Marcin Lijewski spricht laut aus, was die ganze Mannschaft daher für den heutigen Auftritt im spanischen Hexenkessel plant. "Wir spielen auf Sieg. Schließlich ist auch Barcelona in der Lage uns mit zehn Treffern zu bezwingen. Da müssen wir gleich von Beginn an gegenhalten und unser eigenes Spiel finden."

Joachim Boldsen: Akku wieder aufgeladen

Die Erinnerungen an die Pleite von Köln will SG-Coach Kent-Harry Andersson am liebsten komplett verdrängen. "Daran darf man nicht mehr denken, sondern muss nur nach vorne sehen. Es bringt nichts, sich zu sehr mit dem Gummersbach-Spiel zu befassen. Das muss man schnell wieder abhaken." Bei für norddeutsche Verhältnisse schon fast hochsommerlichen 20 Grad hofft Andersson vor allem eines - dass der Akku bei vielen seiner Akteure wieder aufgeladen ist. Vor allem war der mit Joachim Boldsen, Marcin Lijewski und Blazenko Lackovic besetzten Rückraum-Achse in der Köln-Arena schnell die Puste ausgegangen. "Obwohl wir vier Tage lang Zeit hatten, muss das Hinspiel gegen Barcelona weit mehr Kraft gekostet haben, als ich es angenommen habe", rätselte Andersson noch am Mittwoch nach dem Gipfeltreffen über die Hintergründe für den klassischen Einbruch.
Relaxen und die Seele baumeln lassen - diese beiden Aspekte standen bei den Mannen um Torwart Jan Holpert nach der Ankunft in Barcelona am Donnerstag im Mittelpunkt des Tages. "Wir haben den Jungs Freizeit gegeben und komplett mit Handball in Ruhe gelassen", berichtete Storm über den ersten Tag. Erst gestern bat Andersson seine Schützlinge dann zum üblichen Ritual - Video-Besprechung im Hotel und Abschluss-Training im berüchtigten Palau Blaugrana. "Alle sind dabei und fit. Bis auf Blazenko, der trotz Kniebeschwerden aber auf die Zähne beißen wird", berichtet Storm und ergänzt. "Ich bin mir sicher, dass auch der Akku bei allen wieder voll ist."
Nach den "verschenkten Big Points" (O-Ton Storm) im Titelrennen in Köln formuliert Storm das Ziel für die Königsklasse: "Wir wollen unter die besten vier Teams Europas und mit einer entsprechenden Einstellung schaffen wir das auch." Während man im Land des frischgebackenen Weltmeisters wohl recht geschlossen der SG bei dem Vorhaben die Daumen drückt, als zweite deutsche Mannschaft dem THW Kiel in die Vorschlussrunde zu folgen, fordern die Anhänger des spanischen Ausnahme-Vereins energisch Revanche von ihren Idolen. Die erste Kraftprobe ging eindeutig an die Adresse des "SG-Super-Kollektivs". Heute will der "FC Mythos" die passende Antwort geben.