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SG entzauberte einen Myhthos

Europas Handball−Gigant wankte und er fiel lautkrachend auf das Parkett der Campushalle. Mit einer in allen Belangen überragenden Gesamtleistung und einem brillianten Dan Beutler im Tor entzauberte die SG Flensburg−Handewitt den ruhmreichen FC Barcelona auf allerfeinste Art und Weise. Mit einem sensationellen 31:21−Hinspiel−Erfolg im Viertelfinale der Champions League verschaffte sich der deutsche Vizemeister gegen das Starensemble eine blendende Ausgangsposition, um nach 2004 und 2006 zum dritten Mal in das Halbfinale der Königsklasse einzuziehen.
Vor 6200 restlos begeisterten Anhängern erteilte der Bundesliga−Spitzenreiter der erfolgreichsten Vereinsmannschaft der Welt regelrecht Unterricht in Sachen modernen Handball. Im Rückspiel am kommenden Sonnabend (16.30 Uhr) gilt es das mehr als komfortable Polster im 8000 Zuschauer fassenden Palau Blaugrana mit einer vergleichbar bärenstarken Partie zu verteidigen.
"Das war eine Superleistung und wir haben verdient gewonnen. Vor allem in der Abwehr haben wir alles gegeben, und egal wer reinkam, alle haben sich nahtlos eingefügt. Natürlich haben wir jetzt eine sehr gute Ausgangsposition, doch in Barcelona wird es ein Kampf ohne Ende. Barca befindet sich in einer vergleichbaren Situation, wie wir im Rückspiel gegen Celje", urteilte ein überglücklicher Dan Beutler.

Kasper Nielsen erwischte einen glänzenden Tag.

Und Abwehr−Recke Kasper Nielsen ergänzte: "Die Super−Stimmung hat uns zur Höchstleistung getrieben. Barcelona hat in der ersten Halbzeit vergeblich versucht, ein langsames Spiel aufzuziehen. Wir haben das allerdings erst in der zweiten Halbzeit richtig ausnutzen können. Wir haben ja Erfahrungen mit Spielen, die mit zehn Toren ausgegangen sind, daher müssen wir auch in Barcelona auf Sieg spielen."
Die Erstaufstellung der SG hatte schon recht skurile Züge. Denn immerhin trennten Spielmacher Ljubomir Vranjes auf der einen und Barcelonas Abwehrrecken Nenad Perunicic und Laszlo Nagy fast einen halben Meter Körpergröße. Einen Abbruch tat diese Besonderheit einem kessen Start der Hausherren allerdings nicht. Im Gegenteil. Die Gastgeber ließen nicht die Spur von Respekt vor dem großen Namen erkennen und versuchten, das erste Duell dieser beiden Topklubs schnell an sich zu reißen.
Angefeuert von 6200 lautstarken Fans legte die SG in Sachen Abwehrarbeit eine absolute Weltklasse−Leistung an den Tag. Die 6:0−Formation zeigte sich auf allen Positionen gegen den recht schwerfälligen FC−Angriff schneller auf den Beinen und hatte immer eine kraftvoll zupackende Hand am Gegner. Die quirlige und kampfstarke SG−Deckungsarbeit, in dessen Zentrum sich Kasper Nielsen, Johnny Jensen, Michael V. Knudsen und Joachim Boldsen förmlich zerissen, schmeckte den FC−Superstars Iker Romero, Laszlo Nagy und vor allem dem pomadig auftretenden Franzosen Jerome Fernandez überhaupt nicht.
Am meisten beeindruckt zeigte sich das spanische Starensemble wohl aber von SG−Keeper Dan Beutler. Der Schwede war von der ersten Sekunde an hellwach und entfachte mit starken Paraden fast im Alleingang das Feuer in der Campushölle. Gestützt auf den Glanztaten Beutlers übernahm die SG die Führung, die beim 8:6 (18.) erstmals auf zwei Tore anwuchs und beim 12:8 (26.) ihren Höchstand der ersten Halbzeit erreichen sollte.

Überragend: Dan Beutler

Während die SG auch im Angriff als Kollektiv überzeugte, zeigte Barcelona wie erwartet Handball−Schmalkost. Nur dank der überragenden individuellen Fähigkeiten eines Iker Romeros oder Laszlo Nagy gelang es dem teilweise behäbig auftretenden Titan aus Katalonien, am SG−Express dranzubleiben. Der siebenfache Champions League−Sieger zeigte seine ganze Klasse nur in jenen Momenten, in denen die Gastgeber ein wenig unachtsam agierten. Als FC−Trainer Xesco Espar in der 26. Minute mittels einer Auszeit die Notbremse ziehen musste, durfte die SG dies als absoluten Erfolg verbuchen. Das 13:10 zur Pause schmeichelte den hochgelobten Gästen reichlich.
Wer geglaubt oder gar befürchtet hatte, die erfolgreichste Vereinsmannschaft der Welt würde nach Wiederanpfiff ihrem vorausgeeilten Ruf mehr gerecht werden, sah sich enttäuscht. Nahtlos knüpften die Gastgeber an die spritzige Leistung der ersten Halbzeit an und setzten sich, getragen auf der Woge der Begeisterung ihrer Fans, sogar bis auf 18:13 (38.) und 20:14 (42.) ab. Die SG war klar die bessere Mannschaft und hatte vor allem einen Riesen−Vorteil − der beste Spieler der Partie stand bei bei ihnen im Tor.
Dan Beutler erwies sich mit einer Quote von über 50 Prozent als der große Fels in der Brandung. Als ob der Schwede tausend Arme und Beine hätte, vereitelte der 25−Jährige reihenweise beste FC−Chancen und ermöglichte seinem Team den Höhenflug. Als ob SG−Trainer Kent−Harry Andersson seine "Jungs" komplett von der Kette gelassen hätte, drehte sein Team noch mächtiger auf. Wie entfesselt steigerten sich die Gastgeber in einen Rausch, der beim 24:16 (48.) ungeahnte Dimensionen angenommen hatte. Immer wieder blieb Beutler gegen die Bar?a−Stars erster Sieger und puschte sein Team zu Höchtsleistungen.
Wer weiß, was gewesen wäre, hätte Barcelona nicht mit Venio Losert einen "kleinen Rettungs−Anker" im Tor gehabt. Der 29−jährige Kroate betrieb fast im Alleingang Schadensbegrenzung und erwies sich als einziger Lichtblick einer nahezu abgemeldeten Gäste−Auswahl. Die SG ließ aber nicht locker, hielt dank einer unglaublichen Kraftanstrengung den hohen Level weiter auf höchstem Niveau und erteilte dem Seriensieger aus dem sonnigen Süden mit dem 31:21−Endstand eine eiskalte Abfuhr.