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SG bringt sich in Celje um Kopf und Kragen

War das schon der K.o. für die SG Flensburg-Handewitt in der Champions League? Nach der 31:41 (14:21)-Niederlage im Achtelfinalhinspiel beim RK Celje Pivovarna Lasko klammert sich der deutsche Vizemeister an ein Fünkchen Hoffnung, verbunden mit einem magischen Begriff: "Montpellier“.
Der trübsinnigen Gesellschaft, die am späten Sonnabend in Ljubljana zum Flieger Richtung Sonderburg trottete, klang es noch in den Ohren. "Viva Colonia“ und "Jetzt geht’s los“ - kurioserweise feiern Slowenen die Demütigung der Handball-Bundesliga mit deutschen Gassenhauern. 5600 Fans sangen, schrieen, tobten und trieben den Lärmpegel in der Halle Zlatorog in gehörschädigende Dimension. Celje 41, Flensburg-Handewitt 31 - das Publikum hatte allen Grund, auszuflippen.
Das Viertelfinale der Champions League ist nah, wieder hat der RK Celje Pivovarna Lasko dem deutschen Vizemeister eine derbe Packung verpasst, übler noch als im Finale 2004, als den Männern in Gelb ein Sieg mit sechs Toren im Hinspiel reichte. Nun kommt Celje mit zehn Toren im Rücken am Freitag (19.15 Uhr) in die Campushalle - den Flensburgern droht erstmals das Aus schon in der ersten K.o.-Runde.

Viggo Sigurdsson hielt an seiner 5:1-Abwehr fest.

Anders als vor zweieinhalb Jahren war es diesmal keine Machtdemonstration des slowenischen Handballs sondern ein Lehrbeispiel, wie sich eine Mannschaft selbst um Kopf und Kragen bringt. "Es ist ein Scheißgefühl, so nach Hause zu fahren. Du weißt, du hast gegen eine Mannschaft verloren, gegen die du eigentlich gewinnen musst“, klagte Lars Christiansen. "Bei uns lief wenig, bei denen alles. Das  war das Maximum, was sie können.“
Es war die Summe vieler Details, die die SG in die nun aussichtlos scheinende Situation brachte. Ein günstigeres Ergebnis ließe sich mit wenigen Justierungen konstruieren: RK-Torwart Gorazd Skof hält nicht 22 Bälle, sondern ein paar weniger; Dan Beutler und Jan Holpert wehren nicht acht Bälle ab, sondern ein paar mehr; Marcin Lijewski erzielt nicht ein Tor aus neun Versuchen, sondern drei oder vier; Torge Johannsen setzt den Ball nicht drei Mal ans Holz, sondern ins Netz und Joachim Boldsen bequemt sich nicht nur zu einem (erfolglosen) Wurf, sondern bricht sich in bewährter Manier einige Male Bahn. Unterm Strich hätte die SG dann kaum besser gespielt, aber eine knappe Niederlage oder gar ein Remis erreicht.
So blieb nur der Ärger, auch auf die Schiedsrichter, die die unselige Entwicklung nach Kräften förderten. "Ich kann nicht akzeptieren, 60 Minuten lang so betrogen zu werden“, schimpfte SG-Trainer Viggo Sigurdsson auf die Russen Poladenko/ Chernega, die manchmal subtil, manchmal schockierend offensichtlich gegen die Flensburger arbeiteten.
Der Isländer schwankte zwischen Empörung über die "Unparteiischen“ und Enttäuschung über seine Mannschaft. "Zu viele Spieler haben klar versagt, eine Katastrophe. Wir kriegen 15 Tempogegenstöße, weil vorne die Bälle weggeworfen werden.“ Die Entscheidung, gegen Siarhei Harbok, Torschützenkönig der Champions League, eine 5:1-Deckung mit Johannsen als "Indianer“ zu setzen, bereute Sigurdsson nicht. "Das hat funktioniert, Celje hatte damit große Probleme.“ Diese Auffassung hat Sigurdsson exklusiv. "Wir haben es versucht, hat leider nicht geklappt“, meinte Joachim Boldsen, andere Akteure quittierten die Frage nach dieser Abwehr-Idee mit Kopfschütteln und Augenrollen.

Sören Stryger hat noch Hoffnung für das Rückspiel.

Celje verstand die 5:1 als Aufforderung an Kokscharow, Spiler und Kozlina, auf Torejagd zu gehen. Freilich ließe sich  einwerfen, dass Sigurdssons Konzept vielleicht aufgegangen wäre, wenn die Abwehr mehr Engagement gezeigt hätte. So aber fanden die Torhüter Beutler und Holpert an ihrem schwarzen Tag auch wenig Unterstützung bei ihren Vorderleuten. Drastisch brachte SG-Präsident Frerich Eilts die Darbietungen der Mannschaft auf den Punkt: "Kein Herz und keinen Arsch in der Hose.“
Vorn gaben wenigstens Blazenko Lackovic, Lars Christiansen und Johannsen ein Beispiel dafür, wie es am Freitag besser laufen könnte. Auch sie trafen nicht alles, ließen sich aber nicht in die allgemeine Resignation hineinziehen.
"Montpellier“ war das magische Wort, das auf der Rückreise alle beschworen, die 2005 dabei waren, als die SG 13 von 14 Toren Rückstand aufgeholt hatte. "Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass da noch was geht. Celje zu Hause und auswärts, das sind zwei verschiedene Mannschaften“, sagte der verletzte Kapitän Sören Stryger, der das Debakel auf der Bank erlebte. "Celje ist keine Übermannschaft. Nichts was wir von denen heute gesehen haben, war überraschend“, meinte SG-Manager Thorsten Storm. "Wir können Celje mit zehn Toren schlagen. Ich erwarte jetzt eine Trotzreaktion und deutliche Siege am Dienstag in Hildesheim und im Rückspiel am Freitag.“