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Erneuter Blackout in der Königsklasse

Fußball-Bundesligist Werder Bremen ist bekannt dafür, im europäischen Wettbewerb immer wieder wahre Fußball-Feste zu feiern und schon verlorengeglaubte Begegnungen noch zu drehen. Im Anschluss spricht man immer wieder vom "Wunder von der Weser". Eben solches braucht auch die SG Flensburg-Handewitt nach der 31:41 (14:21)-Klatsche im Achtelfinale der Champions League gegen RK Celje Pivovarna Lasko – das Wunder von der Förde.
Zehn Tore sind im Rückspiel am Freitag aufzuholen. Eine schwere Hypothek die der Deutsche Vizemeister da aus Slowenien mitnahm. Es mag vermessen klingen, aber diesen Rückstand aufzuholen, ist nicht unmöglich. "Die Niederlage haben wir uns selbst zuzuschreiben", so SG-Manager Thorsten Storm. Und da liegt eben der Hase im Pfeffer begraben. Denn bei genauerer Betrachtung der Partie war Celje sicherlich topmotiviert an diesem Sonnabendabend, allerdings zehn Tore besser waren sie nicht. Den Unterschied machten in den 60 gespielten Minuten die Torhüter aus. "Ohne Torhüter kannst du nicht gewinnen", wusste auch einer der leidtragenden Protagonisten – Dan Beutler. Sowohl der Schwede als auch Jan Holpert erwischten einen rabenschwarzen Tag und saßen auch noch Stunden später in 11.000 Meter Höhe völlig fassungslos im Flugzeug gen Heimat.
"Ich kann mich nicht erinnnern, jemals so schlecht gewesen zu sein. Wir haben ja rein gar nichts zu fassen bekommen", so der schwedische Nationalkeeper. Sieben Paraden standen am Ende zu Buche – für beide Torhüter zusammen. "Wie bewußtlos«, kommentierte SG-Coach Viggo Sigurdsson die Leistung seiner beiden Keeper. Deren Pendant auf der anderen Seite hingegen glänzte mit einer bärtenstarken Vorstellung und legte so den Grundstein zum Erfolg. Gorazd Skof hielt weit über 20 Bälle und sorgte so dafür, dass die knapp 6000 Zuschauer die Halle in ein Tollhaus verwandelten.

Torge Johannsen hatte Pech mit dem Holz.

Bei den Paraden sind allerdings nicht die zahlreichen Latten- und Pfostentreffer der SG mitgezählt die verdeutlichen würden, dass die Gäste sich eine Vielzahl an Chancen erspielten, sie aber nicht zu nutzen wussten. "Fünf bis sechs Paraden von unseren Torhütern mehr, dazu die Hälfte der Chancen nutzen und schon hätte das Spiel einen anderen Verlauf genommen", so die simple Rechnung von SG-Rechtsaußen Torge Johannsen, der noch zu den besseren Akteuren bei den Flensburgern zählte. Er agierte in der von Trainer Viggo Sigurdsson als Marschroute vorgegebenen 5:1-Deckung als versetzter Indiander, der die Wirkungskreise von Celje-Star und Halblinker Siarhei Harbok einengen sollte.
Das gelang dem Youngster auch gut, allerdings offenbarte die Abwehr hinter ihm immer wieder Lücken, in die vorwiegend Eduard Koksarov hineinstach. So ging es über 3:1 (5.), 8:5 (13.) und 15:10 Richtung Halbzeit. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit wechselte Sigurdsson dann wieder zurück auf die altbewährte 6:0-Deckung. "Aber die 5:1-Abwehr war nicht der Grund für die vielen Gegentore. Schließlich haben wir unheimlich viele Treffer über Gegenstöße kassiert", so Sigurdsson. "Wir hatten heute einfach zu viele Ausfälle." Eine Einschätzung, die man in Frage stellen muss, denn die gesamte Abwehr wirkte verunsichert und fand nie zur gewohnten Stärke. Vor allem die rechte Deckungsseite machte dabei eine schlechte Figur. Ein früheres Umstellen auf die eingespielte Abwehrvariante hätte der SG möglicherweise Sicherheit gegeben und sie so wieder ins Spiel kommen lassen, denn bis zur Pause fing sich die SG. Auch Holpert hatte hier seine stärkste Phase.
Zu den angesprochenen Ausfällen zählte vor allem auch Marcin Lijewski, der bisher eine starke Saison gespielt hat, sich aber ausgerechnet im Achtelfinale der Königsklasse eine Auszeit nahm. Diese Lücke war vom Ersatz Jan-Thomas Lauritzen nicht zu stopfen, so dass viele Celje-Treffer über die halbrechte Seite fielen und Spieler wie Eduard Koksarov und Miladin Kozlina zu leichten Treffern kamen. Vor allem kurz nach der Pause sorgte die Heimmannschaft frühzeitig dafür, dass die Stimmung von Minute zu Minute bei den Fans besser wurde. Bis auf 11 Tore zog Celje davon. Ging dann aber seinerseits fahrlässig mit seinen Chancen um. Allerdings gelang der SG auch keine weitere Ergebniskosmetik, die in der Endabrechnung vielleicht von großer Bedeutung sein kann. "Wenn man es genau betrachtet, hätten die eigentlich höher gewinnen müssen", so Torge Johannsen. Nichtsdestotrotz wiegen die zehn Tore wie Blei auf den Schultern der SG-Spieler. Das Ausscheiden vor Augen und die Niederlage im Kopf machen die kommende Arbeitswoche von Sigurdsson nicht einfacher. "Wir haben jetzt ein schweres Spiel in Hildesheim. Darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren. Erst danach dürfen wir uns mit Celje beschäftigen. Und das werden wir dann auch – bis ins kleinste Detail", so Sigurdsson angriffslustig. "Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg."