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SG verprügelt und verpfiffen

Der Kurztrip nach Russland bringt der SG Flensburg-Handewitt  eine ärgerliche Niederlage. Doch trotz des  27:33  bei Medwedi Tschechow zieht der deutsche Vizemeister als Sieger der Gruppe D in das Achtelfinale der Champions League ein.
Grimmig wartete Viggo Sigurdsson im Bus auf die Abfahrt aus Tschechow. Der Trainer der SG Flensburg-Handewitt war bedient. "Da macht man vorher eine große Zeremonie um die Fairness und dann so etwas“, wetterte der Isländer. Aus Protest schwänzte er die Pressekonferenz, die seine Laune wohl nicht gefördert hätte. "Ein gutes Spiel, gut für den Handball“, hatte Wladimir Maximow beim 33:27 (18:17)-Sieg von Medwedi Tschechow gesehen. "Ha! Das hatte mit Handball nichts zu tun“, meinte Sigurdsson, der Russlands Trainer-Legende ansonsten sehr schätzt.
Was den SG-Coach so aufgebracht hatte, waren die Schiedsrichter Nenad Kristic und Peter Ljubic, die den Begriff "Heimvorteil“ eigenwillig interpretierten. Maximow, der zum Achtelfinale unbedingt noch einen Punkt brauchte, hatte seine Mannschaft mit einem robusten Mandat ausgestattet. Statt russischer Spielkunst sollte russische Härte den Erfolg bringen, was bei den slowenischen Spielleitern auf weit mehr Verständnis traf als die Bemühungen der Flensburger, dagegen zu halten. "Jetzt können wir den Sieg in Zagreb richtig genießen. Wäre es hier um etwas gegangen, wäre es unangenehm geworden“, meinte SG-Manager Thorsten Storm.
Vieles, was Kristic und Ljubic entschieden, war nicht zu akzeptieren. So hätte Michail Chipurin disqualifiziert werden müssen, nachdem er in der 51. Minute Johnny Jensen aus dem Spiel befördert hatte. "Der steht neben mir und tritt mir plötzlich ins Knie. Klare Rote Karte“, sagte Jensen, der  wegen einer Stauchung der Kniekapsel nicht mehr mitwirken konnte. Chipurin bekam nur zwei Minuten.

Die Olimpskiy-Halle beherbergt sogar Privatsaunen.

Dann erwischte es Joachim Boldsen und Ljubomir Vranjes. Beide bekamen in der 53. Minute die dritte Zeitstrafe, jeweils nachdem ihre Gegenspieler reichlich theatralisch zu Boden gegangen waren. "Schon die zweite Zeitstrafe war ein Witz. Ich habe nur gesagt: Kannst du mal gucken?. Während eines Angriffs habe  ich drei Schläge an den Kopf bekommen“, sagte Vranjes.
Nachdem schon fünf Akteure (von Behren, Stryger, Knudsen, Nielsen, Holpert) gar nicht mitgereist waren, ging die dezimierte SG im Schlussspurt der Gastgeber unter. "Wir hatten das Spiel im Griff, bis es die Schiedsrichter total umgedreht haben. Aber wenn wir hier hätten gewinnen müssen, hätten wir es auch getan“, sagte Boldsen. Die ersten zehn Minuten nach der Pause belegten diese Einschätzung. Da machte die SG fast mühelos aus dem 17:18 eine 23:19-Führung. Wäre  die Wurfausbeute geringfügig besser gewesen, hätte sich Medwedi schnell vom Achtelfinale verabschiedet. "Wir haben uns gut präsentiert“, befand Sigurdsson. Besonders die  Linkshänder Johannsen und Lauritzen, Jensen und Torhüter Beutler überzeugten.
Maximow gab sich Mühe, den Sieg aufzuwerten. So raunte der Russe, Flensburg habe unbedingt gewinnen wollen. Nicht aus hehren Motiven, sondern um RK Zagreb zu ärgern, der auf keinen Fall Gruppenzweiter werden, sondern lieber als Dritter in den Pokalsieger-Cup wechseln wollte. Diese verschrobene These interessierte im SG-Team niemanden mehr. Die Spieler waren am späten Sonnabend froh, der Tristesse der Moskauer Satellitenstadt entronnen zu sein. Von der 80 Kilometer entfernten Metropole hatten sie nichts gesehen.
Ein bizarrer Kontrast bleibt haften: Inmitten des von grauen Plattenbauten zugestellten Tschechow funkeln zwei Glaspaläste: Das Hotel Olimpskiy und die ebenso benannte Halle, die zahlreiche Luxus-Logen beherbergt: Dort vergnügt sich die Oberschicht bei gutem Essen, Wodka und - man staune - in Privatsaunen. Da gehe es hoch her, flüsterte ein Clubmitarbeiter. Oft  bekämen die VIP’s vom Spiel nichts mit, ließen sich aber über das Ergebnis informieren, um für misstrauische Fragen der Frau zu Hause präpariert zu sein.