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Muster ohne Wert

Viel hat sich nach Glasnsot und Perestrojka in Mütterchen Russland offensichtlich nicht verändert. Vieles wird nach wie vor schön geredet oder geschrieben. So auch das 33:27 (18:17) zwischen Medvedi Chehovsky und der SG Flensburg-Handewitt im letzten Champions League-Spiel der Gruppe D.
Erst stand auf dem offiziellen Spielberichtsbogen 3500 Zuschauer. Dass die Halle Olimpisky insgesamt 3500 Zuschauer fasst und alles andere als ausverkauft war (2700 höchstens, davon 30 Prozent Jugendliche), war die eine und vielleicht auch nicht so gravierende Randerscheinung an diesem Nachmittag. Dass aber Medvedi-Trainer Vladimir Maximov über 60 Minuten "Werbung für den Handball" gesehen hatte, war entweder gut verpackte Ironie oder lässt vermuten, dass der Russe keine großen Ansprüche an diese Partie richtete. Sicherlich war das Spiel unterhaltsam, allerdings bei weitem nicht hochklassig.
Schon zu Beginn des Spiels waren technische Fehler auf beiden Seiten an der Tagesordnung. Dabei zeigte die SG noch die bessere Spielanlage, ohne dabei jedoch zu überzeugen. "Aber wir hatten den Gegner unter Kontrolle. Aber dann griffen die Schiedsrichter beim Stande von 24:21 für uns ins Spiel ein und kippten die Partie", meinte SG-Trainer Viggo Sigurdsson. Er sei nicht über die Niederlage verärgert, sondern über die Tatsache, dass die Schiedsrichter so deutlich gegen die SG pfiffen.

Es gab reichlich Zeitstrafen.

Die Unparteiischen waren nicht alleine dafür verantwortlich, dass der Gegner wieder ins Spiel kam. Denn die SG versäumte es aus zahlreichen Chancen Kapital zu schlagen und den Sack zuzumachen. Jedoch muss man hinter einigen Zeitstrafen gegen die SG große Fragezeichen stellen. Die vielen Hinausstellungen hatten am Ende zur Folge, dass weder Joachim Boldsen noch Ljubomir Vranjes das Spiel zu Ende spielen durften. Beide bekamen nach drei Zeitstrafen die Rote Karte. Bis dahin hatten die Zuschauer eine ausgeglichen Partie gesehen, in der sich keine der beiden Teams absetzen konnte.
Vor allem aber der Gastgeber enttäuschte im ersten Durchgang. Vor dem Hintergrund, dass sie mindestens einen Punkt brauchten, um das Achtelfinale zu erreichen, spielten sie mit angezogener Handbremse. "Sie versuchten ohne kämpfen zu spielen. Wahrscheinlich haben sie gedacht, dass dadurch, dass die SG nur zwölf Spieler dabei hatte, sie auch mit halber Kraft das Spiel gewinnen könnten. Das ist allerdings gerade gegen die SG zu wenig", wusste Medvedi-Trainer Maximov.
Erst Mitte der zweiten Hälfte ließ der Gastgeber die Hemmungen fallen und kam über Kampf, zum Teil überharten Einsatz (Chipurin trat Jensen mit Absicht ins Knie), wieder zurück ins Spiel. Am Ende gewann Chehovsky Medvedi deutlich mit 33:27 und sicherte sich so den zweiten Platz in der Gruppe D hinter der SG. "Wichtig war vielmehr, dass sich keiner verletzt hat. Die fünf (Knudsen, von Behren, Stryger, Nielsen, Holpert, d. Red), die wir haben, reichen", so Sigurdsson. Er sei zudem froh darüber, dass die nächsten Spiele vom Papier her nicht ganz so viel Druck mitsichführen. "Wir müssen zwar mit einer hundertprozentigen Einstellung in die nächsten Partien gehen, aber Minden, Wetzlar und Hildesheim sind normalerweise keine schweren Aufgaben", meint der SG-Trainer. Sie könnten als Auftakt für die Wochen der Wahrheit angesehen werden. Dann, wenn die SG im Achtelfinale der Champions League antreten muss (Gegner wird morgen ausgelost) und in der Bundesliga beim SC Magdeburg und beim Erzriavlen THW zu Gast ist, dann wird es ernst. Im heißen Monat Dezember.

SG-Splitter

Fliegt man nach Moskau, ist es ratsam, eine Menge Zeit im Gepäck zu haben, denn
... bei der Einreise ist man verpflichtet, ein Immigrationspapier auszufüllen. Vom Prinzip her kein Problem. Wenn jedoch alles in kyrillischer Schrift verfasst ist, kann man schon mal etwas länger brauchen. Zum Glück liegen vor der Passkontrolle Musterblätter in englischer Sprache aus. Wenn man jedoch auch nicht der englischen Sprache mächtig ist, hat man ein Problem.
... das Straßennetz in Moskau sucht sicher seinesgleichen. Breite Straßen sollten das Autofahren eigentlich erleichtern. Allerdings gibts es da nur ein Problem: Wenn die Anzahl der Autos die Straßenkapazität übersteigt, dann nützen auch breite Straßen nicht mehr viel. Arne Callsen von der Firma G.W. Messenburg, die in Moskau eine Filiale hat und für den SG-Tross den Reiseleiter spielte, konnte berichten, dass er zum Teil für die vier Kilometer zur Arbeit gerne Mal eineinhalb Stunden braucht. Auf die Frage, warum er dann nicht mit dem Fahrrad fahre, sagte er kurz und knapp. "Da wirst du von den Autos abgeschossen."

Gut, dass es gegen Medwedi um Nichts mehr ging.

... auch die Ausreise ist nicht gerade eine Sache von fünf Minuten. Zwar muss man nicht mehr eine Ausreisebestätigung ausfüllen. Aber der Beamte am Schalter nimmt sich schon gerne mal bis zu zehn Minuten Zeit, um Pass und Visum zu kontrollieren. Was er genau untersucht, wollte der freundliche Ivan nicht mitteilen. Danach ist es Zeit für eine kleine Stripshow, denn nach der Passkontrolle kommt die Sicherheitskontrolle. Und hier sind Gürtel, Schuhe und Jacke auszuziehen. Dieser Raum hat mit einer Parfumerie übrigens wenig gemeinsam.
... Abreise mit Hindernissen. Es sollte eigentlich alles reibungslos ablaufen nach dem Spiel. Schnell duschen, ab in den Bus, hin zum Flughafen, einchecken und dann Abflug nach Billund. Es kam jedoch zunächst ganz anders. Am Flughafen angekommen, standen die Spieler und die mitgereisten Sponsoren korrekt am Schalter 77. Allerdings wusste der Mann nichts von einem Einchecken für Cimber-Air. Wie sich herausstellte, war der Flug gestrichen worden. Die SG hätte um 19.30 Uhr fliegen sollen, statt 21.30 Uhr. Wie man erfuhr, war die Flugzeit verschoben worden, jedoch hatte man vergessen, es der SG-Reisetruppe mitzuteilen. Da niemand um 19 Uhr beim Einchecken erschienen war, hatte man sich seitens des Flughafens entschieden, den Flug zu streichen. Überredungskünste mit Händen und Füßen und eine Vielzahl von Telefonaten sorgten am Ende doch noch dafür, dass die SG-Gruppe den Heimweg antreten konnte.
... Ein Erlebnis der besonderen Art bekommt man als Fluggast, wenn man das Gelände des Dovodedomo-Flughafens betrachtet. Eine Vielzahl von Maschinen stehen geparkt auf dem Rasen und vermitteln das Gefühl, man sei auf einen überdurchschnittlich hoch frequentiertem Flughafen zu Gast. Beim genaueren betrachten stellt man jedoch fest, dass diese Maschinen sich von denen auf dem asphaltiertem Flugfeld erheblich unterscheiden. Denn diese Flieger sind nicht mehr in der Lage zu fliegen, sie dienen nur als Ersatzteillager. Hier fehlt ein Triebwerk, da ein Ruder. Ein interessanter Anblick. Leidet man jedoch unter Flugangst, sollte man diese Zeilen nicht lesen, wenn man in naher Zukunft mit einer russichen Maschine fliegen soll.