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Piotr Przybecki: Leichte Tore, schwieriger Name

Verletzungspech – ein Stichwort, das in den letzten Wochen gut zur Situation bei der HSG Nordhorn passte. Ein Akteur machte in dieser Situation aber keine Schwierigkeiten – Piotr Przybecki. Der 34-jährige Pole war im linken Rückraum die Zuverlässigkeit in Person und markierte in den ersten sieben Partien satte 41 Feldtore. Viele davon verdienten sich das bekannte Prädikat „leichtes Tor“. Neben Linkshänder Holger Glandorf ist er hauptsächlich für die Wurfkraft aus dem Rückraum verantwortlich.
Schwierigkeiten bereitet der 120-fache Ex-Nationalspieler den deutschen Handball-Fans aber stets mit der richtigen Aussprache seines Namens. Auf der Homepage installierte man sogar eine „Hörprobe“, um die richtige polnische Betonung von Piotr Przybecki jedem näher zu bringen. Insgesamt musste der Rechtshänder in seiner Handball-Karriere vier deutschen Vereinen und ihren Anhängern vor allem seinen Familiennamen immer wieder buchstabieren.

1995 wechselte der 1,96 Meter große Modellathlet aus dem polnischen Kielce zum Zweitligisten TV Hüttenberg. Dort trumpfte er aus dem Rückraum dermaßen auf, dass ihn die Verantwortlichen von TUSEM Essen zwei Jahre später in die Bundesliga lotsten. Auch im Ruhrpott hatte Piotr Przybecki keine Schwierigkeiten sich in die Mannschaft einzufügen, warf allein in der Serie 2000/2001 satte 240 Tore. Die Folge: Diverse Spitzenklubs aus Deutschland und Spanien nahmen den Polen ins Visier. 2001 entschied sich der damals 29-Jährige für den THW Kiel. „Damit ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagte der studierte Sportlehrer. „Ich werde alles geben, um mich in Kiel durchzubeißen.“
Es sollte ganz anders kommen: In die THW-Chronik ging Piotr Przybecki als „großer Pechvogel“ ein. Bevor er überhaupt sein erstes Pflichtspiel absolvieren konnte, verletzte sich der polnische Nationalspieler so schwer am Kreuzband, dass er es in seiner ersten Saison im Zebra-Dress nur auf einen einzigen Einsatz brachte. Immer wieder hatte er mit starken Rückschlägen zu kämpfen. „Diesem Risiko ist jeder Sportler ausgesetzt“, bilanzierte Piotr Przybecki. „Es ist schade, dass mir dieses Pech ausgerechnet in Kiel unterlaufen ist.“
Der THW Kiel trennte sich von ihm zum Ende der Serie 2003/2004. Der Pole hatte Verständnis für diese Entscheidung und blickte nach vorne: „Für mich ist es vielleicht besser, wenn ich nun unvorbelastet woanders zeigen darf, was ich noch kann.“ Und das geschah bei der HSG Nordhorn, wo er sein außergewöhnliches Bewegungs-Talent unter Beweis stellte. Schnell war Piotr Przybecki ins Team der Grafschafter integriert und gehört dort zu den Säulen.
Im letzten April war er allerdings untröstlich. Seine HSG Nordhorn war drauf und dran, ins Europapokal-Finale der Cupsieger einzuziehen. Nur noch ein Tor fehlte, um einen Sechs-Tore-Rückstand gegen Medwedi Moskau zu kompensieren. Sogar Vater Antoni war aus Polen angereist, um einem historischen Akt beizuwohnen. Doch dann erreichte sein letzter Pass nicht den Nebenspieler. „Das war entscheidend“, trauerte Piotr Przybecki um den verpassten Triumph.