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Flensburg siegt mit „Sicherheits-Variante“

Eine lange Spielpause gefällig? Oder doch lieber eine kurze? Recht machen kann man es der Trainerzunft offenbar nie. Zumindest schauten beide in Flensburg anwesenden Trainer ein wenig neidisch zu ihrem Kollegen. Nur drei Tage nach der letzten Aufgabe in der Champions League sagte Viggo Sigurdsson: „Wir haben im Moment eine schwere, kraftraubende Phase. Da ist es schwer, die Mannschaft zu motivieren.“ Der Nordhorner Kollege sah die ganze Spielplan-Gestaltung zwölf Tage nach dem Magdeburg-Sieg ganz anders: „So ist es schwer, den Rhythmus zu halten und die Neuzugänge schnell zu integrieren. Wir müssen uns immer wieder neu vorbereiten.“ Wer hat nun Recht? Der Verlierer? So einfach ist es gewiss nicht.
Einfacher ist es da schon, den Spielverlauf in der Flensburger Campushalle zusammenzufassen. Nur 20 Minuten hielten die Nordhorner die Partie offen. Bis dahin operierten die Hausherren mit einer 5:1-Deckung, in der Sören Stryger die Kreise von Holger Glandorf einengen sollte. Eine Lösung, die weder Fisch noch Fleisch war. „Damit hatten wir gerechnet“, sagte Ola Lindgren. „Wir hatten das Video vom Göppingen-Spiel gesehen.“ Außerdem hatte man die Rechnung auf Flensburger Seite ohne Börge Lund gemacht, der sehr torgefährlich auf der Spielmacher-Position wirkte. Prompt kehrten die Flensburger zum 6:0-Verband zurück. „Diese Variante beherrschen wir mit größerer Sicherheit“, sagte Johnny Jensen, der wie Joachim Boldsen nun ins Geschehen eingriff.

Michael Knudsen

Hinter dieser „Lieblings-Deckung aller Skandinavier“ blühte SG-Keeper Dan Beutler nun richtig auf. Binnen Minuten füllte sich der Zettel mit der Paraden-Statistik. Sören Stryger, Kasper Nielsen oder Marcin Lijewski bedankten sich und ließen den Ball im Nordhorner Gehäuse zappeln. 19:12 – in der 29. Minute war die Vorentscheidung gefallen. Zwar verkürzten die Niedersachsen im zweiten Durchgang noch einmal auf 21:24 (49.) – Peter Gentzel kam nun besser ins Spiel –, doch die Ernte der Flensburger geriet nicht mehr in Gefahr. 
Die Trainer-Stimmen:
Viggo Sigurdsson, SG Flensburg-Handewitt: „Nordhorn ist ein unbequemer Gegner, doch beim 19:12 für uns war das Spiel praktisch gelaufen. Ich bin nur mit der Zahl der vielen Leichtsinnsfehler nicht zufrieden.“
Ola Lindgren, HSG Nordhorn: „Wir haben noch nicht das Potenzial, über 60 Minuten in Flensburg mitzuhalten. Wir leisteten uns zu viele Fehlwürfe, technische Fehler und waren im Rückzugsverhalten nicht schnell genug.“

SG Flensburg-Handewitt: Schwedischer Besuch

Kent-Harry Andersson war zu Gast.

Er kam unauffällig, doch wer die von Hallensprecher Michael Holst zelebrierte Mannschaftsaufstellung genau verfolgte, ahnte: Kent-Harry Andersson war in der Campushalle. Pünktlich zum Spielbeginn hatte der Schwede neben SG-Gesellschafter Manfred Werner Platz genommen. In der Loge, weit über dem Spielfeld. „Es war richtig interessant aus dieser Perspektive zu sehen, was passiert“, freute sich Kent-Harry Andersson über sein Campushallen-Comeback.
Erstmals seit der Operation im August am Innenohr schnupperte der Schwede wieder „live“ die Luft in der Flensburger „Hölle Nord“. Er weiß, dass er sich bis zur Rückkehr auf die SG-Bank noch gedulden muss. Ein Hirnnerv, der die Gesichtsmuskulatur regelt, braucht Zeit für die Regeneration. Damit das linke Auge nicht austrocknet, trägt er eine schwarze Klappe.
Für ihn war es sicherlich auch überraschend, dass seine Farben so klar das Torwart-Duell dominierte. Dan Beutler gewann das „Schweden-Meeting“, stach seine beiden Landsleute im Nordhorner Kasten aus. „Peter Gentzel ist ein Weltklasse-Torhüter, mein Kollege Jan Holpert ebenfalls“, strahlte der Torwart, der schon gegen Tschechow stark hielt. „Da muss man kämpfen, um die Oberhand zu behalten.“
Die gute Entwicklung Dan Beutlers ist andernorts nicht unbeachtet geblieben. Zwar besitzt er noch einen Vertrag in Flensburg bis 2009, doch andere Vereine (San Antonio, Magdeburg) klopften schon an. Vor drei Wochen rief auch der schwedische Nationalcoach Ingemar Linnell in Flensburg an: „Du bist für den World-Cup nominiert.“ Der 29-jährige Flensburger Keeper freute sich, obwohl er weiß: „Fünf Spiele in fünf Tagen – das wird richtig anstrengend.“ Dan Beutler soll sich beim Turnier in Schweden die Einsatzzeiten mit Fredrik Ohlander (Kolding IF) teilen, während Tomas Svensson (San Antonio) nur als „Mentor“ mit dabei ist.  

HSG Nordhorn: Freundschafts-Duell

Zehn Jahre in Göteborg, ein Jahr in Granollers und fünf Jahre in Nordhorn – Ljubomir Vranjes und Peter Gentzel galten lange als fast unzertrennliche Freunde. Doch im Sommer trennten sich die Wege. Der kleine Spielmacher ging nach Flensburg, der große Torwart blieb in Nordhorn. Nun traten sie erstmals in der Bundesliga gegeneinander an. Aber man hatte lange das Gefühl, dass es sich um ein Duell handelt, dass nicht sein darf. Ljubomir Vranjes fing an, machte zwei Treffer gegen Jesper Larsson und verabschiedete sich vorerst mit einer Zeitstrafe – der „Bundesliga-Mini“ hatte den Ball nicht richtig abgelegt – in der 17. Minute. Exakt eine Minute später betrat Peter Gentzel das Parkett.
In der 43. Minute war es dann doch so weit: Ljubomir Vranjes kehrte zurück und hechtete kurz darauf in den Nordhorner Wurfkreis, um den Ball ins Netz zu boxen. „Im Spiel kennt man keine Freunde“, lächelte der 1,68 Meter kleine Regisseur verschmitzt. „Wäre es ein wichtiges Tor gewesen, hätte ich mich richtig geärgert“, sagte Peter Gentzel, der wenig später einen zweiten Treffer seines Kumpels einfing. 2:0 für Vranjes, 2:0 Punkte für Flensburg! „Eine Niederlage in Flensburg ist normalerweise kein Problem“, meinte Peter Gentzel. „Aber leider können wir mit unserer Leistung nicht zufrieden sein.“ Die 70 mitgereisten Fans machten sie dennoch nicht enttäuscht auf den Heimweg. Per Handy wurde das Ergebnis an die holländische Grenze durchgegeben: „Keine Chance, die Mannschaft hat aber bis zum Schluss gekämpft.“