Stripes
Stripes
Archiv

SG schliddert in die Krise

Die SG Flensburg-Handewitt gab in eigener Halle gegen den TBV Lemgo einen Punkt ab. Sowas kann passieren. Lemgo ist schließlich keine Feierabend-Truppe. Zwei Punkte gaben die Flensburger jetzt bei der SG Kronau-Östringen ab. 30:31 (15:14) hieß es nach 60 Minuten Spannung, Kampf und Dramatik. In Kronau kann man ebenfalls verlieren. Wäre also eigentlich alles nicht so dramatisch - wenn es in den beiden Partien nicht um das "Wie" gehen würde.
Denn es zieht sich in dieser Saison wie ein roter Faden, dass die SG es einfach nicht schafft, eine starke Leistung über 60 Minuten zu halten. Denn die Niederlage war unnötig wie ein Kropf. Deutliches Indiz dafür waren die Augenblicke nach dem Spiel. Die SG hatte eine Vier-Tore-Führung 24:20 (40.) über Bord geworfen und stand nun mit leeren Händen da. Als die Medienvertreter vor der Kabine der Gäste auf Stimmenfang gehen wollte, dauerte es fast eine Ewigkeit, eher sich der erste Spieler stellte.
"Ich habe keine Erklärung", stammelte der beste Flensburger, Blazenko Lackovic. "Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Wir haben irgendwie wieder unseren Rhythmus verloren. Ich muss das Spiel nochmal auf Video sehen." Man kann mittlerweile schon fast die Uhr danach stellen, wann die SG ihren Einbruch bekommt. Ab der 40. Minute muss der treue SG-Fan damit rechnen, dass das Spiel den Bach runtergeht.

Marcin Lijewski zweifelte an der Taktik.

"Es ist ja schon prägnant und augenscheinlich, dass wir da immer wieder in ein Tal fallen", so Jan Holpert, der an diesem Abend wie Dan Beutler nicht viel zu Stande brachte. Neun gehaltene Bälle standen am Ende der Begegnung zu Buche - für beide Torhüter. "Wir haben heute nicht viel helfen können", wusste auch der "Magier".
Allerdings hatte die Niederlage auch einen Namen - Oleg Velyky. Der Spielmacher der Gastgeber steuerte insgesamt zehn Treffer zum Sieg seiner Mannschaft bei und schoss so die SG fast im Alleingang ab. "Unser Ziel war es, die Kreise von Velyky einzuengen. Das ist uns nicht gelungen", sagte ein enttäuschter SG-Trainer Viggo Sigurdsson. Während Velyky besonders im ersten Durchgang schalten und walten konnte, wie er wollte, so sah es zur Beginn der zweiten Hälfte zunächst anders aus. Denn Søren Stryger hatte nun die Aufgabe bekommen den deutschen Nationalspieler kurz zu decken. Diese Rechnung ging auch auf. Flensburg konnte sich absetzen und schien den Gegner fest im Griff zu haben. "Das zeigt, dass wir kein grundlegendes Problem haben, ein Spiel zu kontrollieren. Wir haben in dieser Phase guten und konzentrierten Handball gespielt", so Holpert. "Allerdings haben wir dann die Aggressivität verloren und so Kronau wieder ins Spiel gebracht", ergänzt Stryger.
Wie man es dreht und wendet, so ist man sich auf Seiten des Vizemeisters schnell einig, was der Grund für die Niederlage war. Stichworte wie "kopflos", "mangelnde Aggressivität" oder "einfache technische Fehler" sind in dieser Saison schon öfter zu hören gewesen. Aber eine Erklärung für die Einbrüche findet man offensichtlich nicht.

Kronau war überraschend eine Nummer zu groß für die SG.

"Wenn einer weiß, woran es liegt, soll er es mir sagen. Ich weiß es nicht", so Marcin Lijewski, dessen leerer Blick beim Verlassen der Kabine Bände sprach. Einig war man sich auch, dass das Spiel in der Abwehr verloren wurde. Während ein Teil jedoch die 5:1-Deckung als probates Mittel gegen Velyky sah, so war vor allem Lijewski der Meinung, diese hätte zur Niederlage beigetragen. "Dadurch haben andere das Spiel fortan bestimmt und haben leichte Tore erzielt", so der Pole, der damit besonders die beiden Kronauer Sergyi Shelmenko und Christian Caillat meinte.
Lijewski wird wie auch Frank von Behren jetzt zum Nationalmannschafts-Lehrgang fahren. Der Rest der Mannschaft wird in Flensburg weiter Ursachenforschung betreiben. "Die spielfreie Zeit wird uns gut tun. Es herrscht viel Gesprächsbedarf", weiß Jan Holpert. Währrend die Mannschaft nach dem Spiel in der Kabine schon eine Krisensitzung abhielt, trommelte SG-Manager Thorsten Storm das Team nach dem gemeinsamen Essen im Bus nochmal zusammen.
"Das muss jetzt alles raus. Wir müssen ein paar wichtige Dinge klären. So geht das nicht weiter", so der Mananger, der auch Stunden nach dem Spiel noch sichtlich erregt war und ebenfalls keine Erklärung für die Niederlage hatte. "Im wichtigen Augenblick haben wir versagt", so Storm.
Es brennt also unterm Dach der SG Flensburg-Handewitt. Durch drei Punktverluste in zwei Spielen ist der Druck auf Mannschaft und Trainer gewachsen. "Vielleicht sind wir noch nicht so weit, wie wir nach den ersten Spielen dachten", so Stryger. "Uns fehlt ein Aha-Erlebnis gegen eine starke Mannschaft", ist sich Jan Holpert sicher. Egal, was es letztendlich ist, so muss die SG schnell den Fehler finden und ihn abstellen, denn die schweren Wochen mit Champions League kommen noch. Und auch in der Bundesliga warten Brocken wie Göppingen und Hamburg. Zu verschenken hat die SG nach dem Unentschieden gegen Lemgo und der Niederlage in Kronau nichts mehr.