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SG nimmt Hürde Gummersbach souverän

Die SG Flensburg-Handewitt hat den Kiel-Bezwinger VfL Gummersbach zurückgestutzt und mit 36:29 (16:13) einen nie gefährdeten Sieg im Spitzenspiel der Handball-Bundesliga eingefahren.
Eine gewisse Genugtuung konnte Thorsten Storm nicht verbergen. Die Momentaufnahme am vierten Spieltag der Handball-Bundesliga zeigt, dass der Vizemeister bislang alles richtig gemacht hat. *Wir haben vielleicht nicht die besten Einzelspieler, aber  eine Mannschaft, die breit aufgestellt ist, homogen auftritt und sehr gut funktioniert“, stellte der Manager der SG Flensburg-Handewitt fest.
Beim 36:29 (16:13)-Sieg über den VfL Gummersbach illustrierten besonders drei Positionen, dass die Flensburger bei ihren Personalentscheidungen eine glückliche Hand hatten. Frank von Behren hatte großen Anteil daran, dass der SG der Einstieg in das Spitzenspiel glückte. Der Rückraumspieler schürte mit seinem entschlossenen Auftritt in Abwehr und Angriff die Emotionen im Publikum, hatte nach zwölf Minuten drei blitzsaubere Treffer gegen seine ehemalige Mannschaft zu Buche stehen. Und schneller, als viele Skeptiker fürchteten, beginnt der Nationalspieler, die Rolle von Glenn Solberg in der Deckung auszufüllen.
Ljubomir Vranjes, der zweite neue Mann im SG-Rückraum, kam nach zehn Minuten und bewies, dass auch im Angriff ein Nachfolger für den großen Norweger gefunden wurde. Der agile Schwede war nie zu stoppen und avancierte trotz einer Einsatzzeit von nur 20 Minuten zur auffälligsten Figur im Spiel.

Sören Stryger überwindet Goran Stojanovic

Schließlich machte SG-Trainer Viggo Sigurdsson alles richtig. Der Vertreter für die Zeit der Rekonvaleszenz von Kent-Harry Andersson wechselte perfekt und sah auch seine Strategie für die Partie gegen den THW-Bezwinger aufgehen. "Seine Taktik ist super, er benutzt die Möglichkeiten, die unsere Bank bietet, und er ist beim Spielsystem von Kent-Harry geblieben. Er macht einen tollen Job“, zollte Blazenko Lackovic dem Isländer Respekt.
Sigurdsson hatte seine Mannschaft vor dem Spiel auf Kurs gebracht: "Jungs, eines ist klar, verlieren werden wir heute nicht.“ Dies wurde bald auch Alfred Gislason klar. "Wir hatten keine Chance“, meinte der VfL-Trainer. "Viele unserer jungen Spieler waren zum ersten Mal in Flensburg. Sie haben sich von der Atmosphäre beeindrucken lassen.“ Hinzu kam, dass sich Linkshänder Alvanos früh verletzte. Gislason war damit eine seiner Schlüsselfiguren abhanden gekommen, was ihn umso mehr ärgerte, weil der Grieche nach gerade erst überstandener Verletzung ohne schützenden Tapeverband aufgelaufen war. Ersatzmann Vucicevic kam zwar zu einigen zu leichten Toren, doch wirkliche Gefahr ging bei Gummersbach fast nur vom  Daniel Narcisse aus. Den Scharfschützen in Position zu bringen, kostete den VfL dank eines ausgeklügelten Flensburger Abwehrkonzeptes jedoch reichlich Aufwand. Und SG-Torhüter Dan Beutler war gut auf den Franzosen eingestellt und nahm ihm fünf Würfe ab.
Nach 17 Minuten verteilten Spiels (7:7) begann sich die SG abzusetzen, zeitweise auf bis zu neun Toren. Gummersbach erreichte nie mehr den Ausgleich, weil die Gastgeber die unvermeidlichen schwächeren  Phasen schneller überwanden als in den vorangegangenen Partien.
"Gerade heute habe ich einen deutschen Spruch gelernt: Füße auf dem Teppich halten. Es kommen noch viele Spiele“, warnte  Ljubomir Vranjes angesichts des glatten Starts mit 8:0 Punkten vor übertriebener Euphorie. "Aber wenn wir so weiter machen, passiert dieses Jahr vielleicht etwas“, fügte der Mann des Tages augenzwinkernd an. VfL-Trainer Gislason glaubt nach wie vor, dass der THW die beste Mannschaft der Liga hat, "wenn er komplett ist“. Ist er aber derzeit nicht, und daher darf man gespannt sein, welches Konzept in dieser Saison aufgehen wird. Drei Weltklasse-Torhüter und eine mit Stars gespickte, aber  schmale Besetzung im Feld wie in Kiel - oder die Flensburger Variante mit einem breit aufgestellten Kader mit vielen Alternativen. "Mit den drei Minuspunkten haben wir uns unter Druck gesetzt. Mehr dürfen wir nicht mehr wegschmeißen“, meinte der verletzte THW-Star Lars Krogh Jeppesen als Beobachter der Partie in Flensburg.

Spieler des Tages: Ljubomir Vranjes

"Er wusste genau, was zu tun ist und hat dies perfekt umgesetzt. Ein Superspiel von Ljubo“, lobte SG-Trainer Viggo Sigurdsson seinen schwedischen Spielmacher. Zehn Minuten hatte sich Ljubomir Vranjes die Partie gegen den VfL Gummersbach von der Bank aus angesehen, dann warf er sich im wahrsten Sinne des Wortes ins Getümmel.
Es war nicht schlecht gelaufen, aber der Esprit von Vranjes war genau die Würze, die dem SG-Angriff am Sonnabend noch fehlte. "Hat doch gut geklappt, oder?“ meinte der 32-Jährige grinsend. Gegen das variantenreiche Spiel und die explosiven Bewegungen des kleinen Mannes fand Gummersbach kein Mittel. Setzt er seine "Halben“ ein, oder geht er selbst auf das Tor? Das war für die Gäste-Abwehr nie zu berechnen. Was aussah wie  Bauchentscheidungen oder blitzartige Reaktionen auf die Gegebenheiten, war tatsächlich Kalkül. "Wenn ich eins gegen eins gehe, steckt immer ein Spielzug dahinter“, verriet Vranjes. Die Kombination seien aber so angelegt, dass je nach Reaktion der Abwehr mehrere Möglichkeiten zum Abschluss zur Wahl stehen.
Vranjes traf fast zu 100 Prozent die richtigen Entscheidungen. Sechs Toren bei sechs Würfen, etlichen präzisen Pässen und der souveränen Führung der Flensburger Offensive stehen nur zwei dem hohen Tempo geschuldete Ballverluste gegenüber. Damit verdiente der Auftritt von Ljubomir Vranjes eine glatte Eins. Das soll aber noch nicht alles gewesen, versprach der Schwede: *Wir lernen uns jeden Tag, in jedem Spiel besser kennen - wie läuft der, was macht der jetzt? Ich glaube, dass wir noch eine Menge Potenzial haben.“

Die Analyse

Die SG wollte Daniel Narcisse das Leben schwer machen.

Die SG Flensburg-Handewitt hatte sich vorgenommen, dem überragenden Gummersbacher Daniel Narcisse das Leben so schwer wie möglich zu machen. "Neutralisieren kann man ihn nicht. Er ist zurzeit der torgefährlichste Rückraumspieler der Liga“, sagte Flensburgs Co-Trainer Jan Paulsen. Die zehn Treffer des Franzosen sah er als akzeptabel an. "Er kann auch ruhig zwölf Tore machen, wenn er dafür 20 Versuche braucht“, so Paulsen. Das Abwehr-Konzept ging auf, der Scharfschütze des VfL musste sich für jeden Treffer quälen. Allein fünf Würfe kaufte ihm der überragende SG-Torhüter Dan Beutler ab. Vorn wird immer deutlicher, wie gut sich Neuzugang Vranjes in das Team fügt. Der Spielmacher genießt bei der SG weitaus mehr Freiheiten für eigene Vorstöße als zuvor bei der HSG Nordhorn, weil er in von Behren, Lackovic und dem am Sonnabend besonders starken Lijewski weitaus gefährlichere Nebenleute hat. Die gegnerischen Abwehrspieler müssen weit vorrücken, um die SG-Werfer zu stoppen, die auch aus großen Entfernungen treffen können. Das schafft Raum für Vranjes.