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SG stolperte in Wilhelmshaven

Der Umschlag farbig, schwarz-weißer Inhalt - die Komposition der Hallenzeitschrift des Wilhelmshavener SV bietet eine recht treffende Metapher für den Zustand der SG Flensburg-Handewitt. Die Probleme sind akut. Nach außen hin kämpft man gegen einen Image-Verlust. Denn es gab in diesem Jahr viel Unruhe im Verein. Und auch gegen die sportliche Talfahrt wehrt sich der Handball-Spitzenklub. Doch hier hapert es an der Umsetzung, wie jüngste Beispiele offenbaren. Fest steht, es wird in dieser Saison keinen Titel geben für die SG. Fest steht auch, dass es ganz eng wird mit der Qualifikation zur Champions-League. Summasummarum: Der Verein steht am Scheideweg.
SG−Geschäftsführer Thorsten Storm war außer sich. Die Mannschaft ließ die Köpfe hängen und auch Coach Kent−Harry Andersson sprach deutliche Worte. Denn die SG Flensburg−Handewitt blamierte sich am Mittwochabend im Bundesligaspiel in der Nordfrost−Arena in Wilhelmshaven. Mit 34:32 (17:14) besiegte der Wilhelmshavener HV den haushohen Favoriten aus Flensburg. Damit gelang dem WHV die Revanche für das Pokal−Aus (40:21) gegen die SG im Viertelfinale vor drei Monaten. Die evident schlechte Formkurve der SG hat ihren Negativpunkt erreicht. "Deshalb fällt der Feiertag aus", kündigte Storm direkt im Anschluss an die Partie an. Gestern standen somit Mannschaftsbesprechung und Straftraining auf dem Programm des geschlagenen SG−Kollektivs.
Mit ein wenig mehr Elan und Spielwitz hätte sich die SG die Bestrafung leicht ersparen können. Doch keiner der Flensburger schien den Endspiel−Charakter des Spiels ernst zu nehmen.
Hatten sämtliche Spieler in den letzten Tagen immer wieder beteuert, alles für den Einzug in die Champions−League tun zu wollen; die Bereitschaft war nicht mehr erkennbar. Souverän und kontinuierlich steuerte die SG auf eine Pleite zu.
Kasper Nielsen erzielte nach vier Minuten das 2:1. Dann rannte − oder schlurfte − die SG fast eine Dreiviertelstunde einem Rückstand hinterher. Obgleich zwischenzeitlich mal der Ausgleich gelang, für eine Wende fehlte − ja, was eigentlich? Hier ein Leistungs−Zeugnis: Holpert und Beutler im Tor erwischten beide keinen guten Tag. Vranjes und Boldsen spielten beide lust− und ideenlos im Angriff, der Mittelblock agierte zaghaft und oft nicht schnell genug und die Fehlerquote war hoch. "Das war das Schlimmste, was ich in dieser Serie gesehen habe", war das Fazit von Thorsten Storm.
Umso motivierter und vom Publikum getragen trumpften die Gastgeber auf. Ohne Spielmacher Oliver Köhrmann erkämpfte sich der WHV eine komfortable 17:14−Halbzeitführung. Nach dem Seitenwechsel wurde es wieder enger, doch nachdem die SG nach einem Ausgleich mehrmals die Chancen zur Führung ungenutzt ließ, verschärfte sich der Eindruck, dass die SG nicht gewinnen würde. Die Körpersprache der Flensburger drückte teilweise schon vor dem Abpfiff die Niederlage aus.
Leidenschaftlich dagegen spielten die ersatzgeschwächten Jadestädter. Auch als Michael Knudsen beim 25:24 doch die SG−Führung gelang, zeigten sich die Wilhelmshavener nicht beeindruckt. Die Schlussphase war hektisch, und die Zahlen auf der Anzeigetafel wechselten rasant, aber ohne Taktgefühl. Drei Minuten vor dem Ende traf Marcin Lijewski zum 32:31. Wieder hatte die SG die Gelegenheit, auf zwei Tore davonzuziehen. Doch WHV−Torwart Milos Putera ließ das nicht zu. Drei Paraden von Putera sowie Treffer von Jan−Henrik Behrends und Christian Köhrmann − schon war der Spielstand wieder gedreht zu Gunsten der Gastgeber. Die Nordfrost−Arena, diese Phrase muss erlaubt sein, glühte. Nun musste Søren Stryger mit einer Zeitstrafe vom Feld. In Überzahl bekam der Ungar David Katzirz den Ball, sprang höher als der Flensburger Mittelblock und hämmerte den Ball 45 Sekunden vor Ultimo zum 34:32 hinter Dan Beutler ins Netz. Die Entscheidung war gefallen. Die letzte Aktion der Gäste ging im Jubel unter. Schnell verschwandt die SG aus der Halle.
Im prallgefüllten Pressezelt des WHV gratulierte Kent−Harry Andersson dem Gegner brav zum "verdienten Sieg". Etwas beruhigt von den Niederlagen der Konkurrenz, aber enttäuscht von der Leistung seiner Mannschaft, suchte er nach Erklärungen für den Misserfolg. Der Eindruck, der SG gelingen in diesem Jahr keine Big−Points, hat sich erneut bestätigt. Nur diesmal hatte die Niederlage laut Andersson ihren Ausgangspunkt in "Unlust und Arroganz". Angesichts der enormen Relevanz der Begegnung, war dies eine erschreckende Feststellung.
WHV−Trainer Michael Biegler war entsprechend glücklich über den Sieg. "Ich habe dem Team zwanzig Minuten vor dem Ende gesagt, dass wir gewinnen. Umgesetzt haben das meine Spieler dann selbst", sagte Biegler freudestrahlend und fügte hinzu: "Wir wollen nun den elften Platz sichern."
Die heiße Phase im Kampf um die Champions−League−Qualifikationsränge setzt sich morgen fort. Zum nächsten "Endspiel" kommt nun der SC Magdeburg (heute um 15 Uhr, Live−Ticker ab 14.30 Uhr) in die Campushalle. Dann folgt noch der 5. Showdown gegen den THW Kiel in dieser Saison (26. Mai, 14.15 Uhr, Campushalle, Live−Ticker ab 13.45 Uhr), bevor sich am letzten Spieltag das Schicksal der SG beim TV Großwallstadt (2. Juni, 15 Uhr, Live−Ticker ab 14.30 Uhr) endgültig entscheiden wird.