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Andersson stolz: "Alle übernehmen Verantwortung“

Die Strapazen in der Champions League hätten vom Halbfinalisten SG Flensburg-Handewitt beinahe ihren Tribut gefordert. Glücklich überstand der Vizemeister das Handball-Bundesligaspiel gegen Kronau-Östringen mit einem 32:28-Erfolg. Morgen wartet in Halle/Westfalen die nächste Feuerprobe gegen den TBV Lemgo.
"Wir sind ja selbst schuld“, meinte Joachim Boldsen lächelnd. *Wir hätten bloß ein paar Spiele verlieren brauchen, dann wäre es jetzt einfacher. Langsam erreiche ich meine Grenzen - wie alle, die bei der WM waren.“ Was im vergangenen Jahr direkt nach dem EM-Turnier in Muskelverletzungen eskalierte, wirkt nach dieser Weltmeisterschaft, in die immerhin kurze Ruhephasen eingebaut waren, wie ein schleichendes Gift.
Die SG Flensburg-Handewitt bekam es in Gummersbach zu spüren, raffte sich in Barcelona zu einem grandiosen Kraftakt auf, um nun der SG Kronau-Östringen so eben noch von der Schippe zu springen. Der 32:28 (14:13)-Erfolg gegen den Tabellenzehnten war kein einfacher. So hatte es Trainer Kent-Harry Andersson auch erwartet und seine Spieler ermahnt: "Alle müssen Verantwortung übernehmen, keiner darf sich verstecken. Jetzt bin ich sehr stolz darauf, wie alle gekämpft haben. Mit einer schlechten Einstellung hätten wir heute verloren.“

Jan Holpert

Es versteckte sich am Donnerstag keiner, vor allem Boldsen nicht, dem man es nach einen Trainingsunfall am Dienstag noch hätte nachsehen müssen. Trotz eines schmerzenden Fußes biss sich der Däne durch und war entscheidend daran beteiligt, dass die SG im letzten Drittel das Ruder gegen die Rhein-Neckar-Löwen herum warf. "Eigentlich wollte ich Joachim schonen, aber das ging nicht, weil wir Blazenko Lackovic wegen seiner Knieprobleme nicht wie gewünscht einsetzen konnten“, so Andersson.
Boldsen wuchtiger Einsatz zum 25:24 war die Initialzündung für den Schlussspurt der Flensburger, der auch ein wenig von Fortuna befeuert wurde. Kronaus Uwe Gensheimer vergab die beiden Würfe, die den Gastgeber in die Knie hätten zwingen können. Es war die 55. Minute, 29:28 für Flensburg. Erst traf der Gäste-Linksaußen beim Konter nur den Pfosten, kurz darauf scheiterte er frei an Dan Beutler. "Das war der Sieg für uns - wir hatten Glück“, meinte Kent-Harry Andersson.
Er räumte ebenfalls ein, dass es für die Gastgeber nicht von Nachteil war, dass Oleg Velyky bei seinem Comeback nach einer Fußverletzung noch nicht wieder in der Form vom Hinspiel war. Im September hatte das Alphatier die Löwen zum 31:30-Sieg über die Flensburger geführt.

Die SG ist zu Hause weiter ungeschlagen.

Der Vizemeister ist seitdem enger zusammengerückt und dieser Prozess scheint sich zu verstärken, je mehr die Belastungen wachsen. "Unsere Videobesprechungen dauern jetzt eine Stunde statt der üblichen 20 Minuten, weil aus der Mannschaft viele Hinweise kommen. Das zeigt mir, dass die Spieler Verantwortung übernehmen“, sagte Andersson. Zum Beispiel Marcin Lijewski, der als Rückraumschütze auf sich allein gestellt war, weil ihm auf der linken Seite Partner Lackovic fehlte. Unermüdlich suchte der Pole den Weg zum Tor, gab nie auf, obwohl seine Quote nicht überragend war. Die wichtigen Tore machte Lijewski dann aber doch. Auch Ljubomir Vranjes musste Flexibilität beweisen. "In der ersten Halbzeit haben wir zuviel seitwärts gespielt“, erläuterte der Spielmacher, "gegen Ende habe ich dann taktisch total anders gespielt. Wir haben Druck auf das Tor gemacht, das ist sehr gut gelungen.“ Der Schwede stellte selbstbewusst fest: "Es war ein großes Spiel. Nicht handballerisch, aber vom Kampf her. Wir haben uns selbst bewiesen, was möglich ist. Das bedeutet sehr viel.“
Weitere Energieleistungen werden der SG in den folgenden sieben Tagen abverlangt. "Wenn wir die nächsten drei Spiele in Lemgo, gegen Göppingen und in Hamburg gewinnen, ist es sehr gut möglich, dass wir zum zweiten Mal Meister werden. Verlieren wir nur eines, wird es für uns in der Liga sehr eng“, gab Manager Thorsten Storm als Marschroute aus. Andersson freute sich schon auf "ein tolles Erlebnis“ im Gerry-Weber-Stadion in Halle/Westfalen, wo morgen (15 Uhr/Ausschnitte ab 18.10 Uhr in der ARD-Sportschau) der TBV Lemgo wartet. "Gut, dass so viele Fans mitkommen, das kann uns helfen“, sagte der SG-Trainer. Vom Tabellenachten, der den Flensburgern im September mit einem 31:31 den einzigen Punktverlust dieser Saison in der Campushalle beibrachte, erwartet der 57-Jährige noch mehr Widerstand als von Kronau. "Die Lemgoer waren gerade in Magdeburg nah dran, einen Punkt zu holen. Man hat gesehen, was Daniel Stephan mit seiner Routine ausmacht.“