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„Man muss das Positive sehen“

Ohne Not strapaziert die SG Flensburg-Handewitt zum Heimstart in der Handball-Bundesliga die Nerven ihrer Fans und taumelt nach einer Zwölf-Tore-Führung nur noch mit 32:30 über die MT Melsungen ins Ziel – Ursache rätselhaft.
Das Debüt in der Campushalle hatte sich Viggo Sigurdsson anders vorgestellt. Aus einem großen Erlebnis wurde am Ende eine „Riesenenttäuschung“, wie der Isländer bekannte. „So eine Atmosphäre habe ich noch nicht erlebt“, meinte der Interimstrainer der SG Flensburg-Handewitt zum Trubel, den 6200 Fans auf den Rängen entfachten. Allerdings hatte er auch einen solchen Spielverlauf wie am Mittwoch gegen Melsungen noch nicht erlebt.
Das letzte Drittel war wie eine kalte Dusche. Mit 4:14 ging diese Phase verloren – ein Desaster. Immerhin kam der  Vizemeister im Gegensatz zum THW Kiel bei der Heimpremiere ungeschoren davon: Der 28:16-Vorsprung aus Minute 41 reichte, um sich  gegen den Außenseiter mit 32:30 (18:13) über die Zeit zu retten.
Eine Teilschuld an der seltsamen Entwicklung nahm Sigurdsson auf seine Kappe: „Vielleicht habe ich zu viele Spieler gewechselt. Wir haben in dieser Phase unser Tempo verloren.“ Doch aus der Pflicht sind seine Akteure damit nicht. Weder konditionelle Probleme, wie sein Melsunger Kollege Dr. Rastislav Trtik andeutete, ließ der 57-Jährige als Erklärung gelten („wir haben gut und hart trainiert“), noch wollte er den Einbruch der SG der möglichweise noch nicht vollzogenen Integration der Neuen zuschreiben. „Die Spieler bekommen von mir kein Alibi“, sagte Sigurdsson.

Ljubomir Vranjes sah auch das "Positive".

Manager Thorsten Storm sah viele Gründe dafür, dass die SG „nach 45 Minuten tollem Handball“ aus der Spur geriet, nur einen nicht: „Viggo macht hier einen Riesenjob. An ihm lag es nicht.“
Die spontane Aufarbeitung des kleinen Betriebsunfalls fiel durchaus unterschiedlich aus. „Wir haben aufgehört. Handball zu spielen“, meinte Kapitän Sören Stryger, ohne dafür eine Erklärung zu finden. Ljubomir Vranjes, einer von denen, die Sigurdsson wohl meinte, als er erfahrenen Spieler unnötige Ballverluste vorwarf, sagte: „Wir haben super gespielt, mit zwölf Toren geführt und dann gedacht, dass schon Schluss ist. Wenn du von 100 Prozent auf 30, 40 Prozent runterkommst, passiert so etwas – das ist Bundesliga. Aber wir haben gewonnen. Man muss das Positive sehen, nicht nur das Negative.“
Frank von Behren, der ein insgesamt starkes Ligadebüt in Flensburg zeigte, ärgerte sich über die verpasste Chance, aus einer klaren Dominanz eine SG-Gala zu machen: „Man muss Spaß daran haben, diese Mannschaft auseinander zu nehmen. Das hat uns heute gefehlt und das darf nicht noch einmal passieren. Wir hatte zum Schluss kein Konzept mehr. Der eine hat dies versucht, der andere das.“
Es wird zu reden sein. Gestern noch nicht, da standen Kraft und Laufen auf dem Zettel. Aber heute wird der SG-Coach bei der Videoanalyse die Mannschaft wohl auch darauf hinweisen, dass so ein Spiel mit dem Feuer nicht immer glimpflich endet. Schon morgen (19.15 Uhr) steht die Partie beim TuS N-Lübbecke an und auswärts könnte so eine Schwächeperiode, die man nicht in den Griff bekommt, fatal wirken.