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Viktor Szilagyhi: Der Österreicher und das Meer

Viktor Szilagyi hat stürmische Zeiten hinter sich. Als beim Traditionsverein TUSEM Essen nach dem Lizenz-Entzug Entsetzen und Verzweiflung die Agenda bestimmten, musste es einem so erscheinen, als hätte Viktor Szilagyi aus dem Chaos um ihn herum das große Los herausgezogen. Darauf geschrieben stand der Name THW Kiel. „Vom ersten Kontakt bis zur Unterschrift vergingen gerade einmal acht Tage“, erinnert sich Viktor Szilagyi an seinen Blitz-Transfer kurz vor dem Saisonauftakt. Einen Tag vor dem offiziellen Trainingsbeginn traf der 27-jährige österreichische Nationalspieler gemeinsam mit Freundin Nora und Hund Johnny in Kiel ein.
Es sei eine bewusste Wahl gewesen, betont der gebürtige Ungar, der mit fünf Jahren nach Österreich gekommen war. „Natürlich gehe ich hier in Kiel nicht den sportlich einfachsten Weg“, sagt er, und weiß um die starke Konkurrenz in den eigenen Reihen. „Aber in den vergangenen Jahren konnte ich mich stets verbessern: Mit Dormagen habe ich noch gegen den Abstieg gespielt, mit Essen wurde es international und mit Kiel kann ich um jeden Titel spielen.“ Angst davor unterzugehen, hat Viktor Szilagyi keine. Dem Druck, sich in Kiel erst noch beweisen zu müssen, entledigte er sich zu einem großen Teil bereits im vierten Bundesliga-Spiel. Vor neuem heimischem Publikum legte der Mittelmann gegen Göppingen eine wahre Gala auf das Ostseehallen-Parkett und traf gleich zwölf Mal. „Das war ein Spiel, in dem wirklich alles geklappt hat“, erinnert er sich. „Als Neuzugang wird man in Kiel kritisch betrachtet.“ Diese Sichtweise ist inzwischen zwar nicht gewichen, erhielt aber einen rosigen Anstrich. Der Kontrakt wurde kurz vor Weihnachten bis 2008 verlängert.

Viktor Szilagyi hat wie Stefan Lövgren einen THW-Vertrag bis 2008.

Szilagyi ist ein besonnener Typ. „Es entspricht meinem Naturell, zunächst einmal abzuwarten und zu beobachten“, sagt er über sich selbst. Er will sich ganz in den Dienst dieser Mannschaft stellen. „Niemanden interessiert der Einzelerfolg“, beteuert er und führt ein Beispiel an. „Mein alter Trainer Iouri Chevtsov hat uns immer gefragt: Wisst Ihr noch, wer in den vergangenen Jahren Torschützenkönig war? Den Meister kannte jeder...“ Auf Personenkult ist Viktor Szilagyi nicht aus, er begreift sich als Teil der Mannschaft. Und Meister zu werden, ist das, was er mit dem THW Kiel werden möchte. „Ich habe erlebt, wie es ist, einen Cup zu gewinnen – man wird süchtig danach.“ Kurz vor dem Lizenz-Entzug triumphierte TUSEM Essen im EHF-Pokal.
Die letzte Auswärtstour mit seinem alten Klub führte Viktor Szilagyi übrigens ausgerechnet nach Kiel. Ein Blick von der Hotel-Terrasse auf die Förde war schon drin.“ Es sollte nicht das letzte Mal sein gewesen sein, dass Viktor Szilagyi den Weg zum Strand fand. „Das Meer ist ein Ort, an dem ich sehr gerne bin. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl, hinaus auf das weite Wasser zu schauen“, sagt er und lächelt zufrieden. „Hier kann ich abschalten.“