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SG demütigte Landesrivalen

Es war ein Bild mit großem Symbolcharakter: Während die Spieler des THW Kiels nach der 28:32 (13:12)-Hinspiel-Pleite gegen die SG Flensburg-Handewitt im Viertelfinale der Handball Champions League beim obligatorischem Auslaufen wie geprügelte Hunde über das Spielfeld der Ostseehalle trabten, wurde gleichzeitig über die große Video-Leinwand die Pressekonferenz live in die Halle übertragen. Und als wenn es den Mannen um THW-Kapitän Stefan Lövgren nicht schon "dreckig" genug ging, langte ihr Trainer Zvonimir "Noka" Serdarusic noch mal kräftig hin. Sichtlich nach Worten ringend, versuchte er die Niederlage zu erklären. "Ich muss sagen, mir fehlen die Worte. Das ist das Schlechteste, was ich je hier gesehen habe", hallte es wie eine Ohrfeige durch die Ostseehalle. Das einzig Gute sei, dass man eigentlich nicht in der Lage sei, nochmal so schlecht zu spielen, fügte er hinzu. Und er sei sich sicher, dass man am Sonnabend in der ausverkauften Campushalle in Flensburg einen anderen THW sehen werde.

Symbol-Charakter: Johnny Jensen fliegt den Kielern davon.

Während der THW-Coach seinen schwachen Angriff und die damit verbundenen kopflosen Aktionen seiner Mannschaft kritisierte, war man sich auf Seiten der Sieger einig, dass es eine kollektive Leistung war, die so nicht zu erwarten war. "Wir haben eine unglaublich starke zweite Hälfte gespielt, die gestützt auf einen Holpert in Weltklasse-Form den Grundstein für den Sieg legte", so Michael V. Knudsen, der das Spiel nach wie vor nur als Zuschauer verfolgen konnte. Jan Holpert sorgte besonders im zweiten Durchgang dafür, dass Nicola Karabatic und Kim Andersson schier verzweifelten und mit ihren Würfen den "Magier" mehr und mehr "warm schossen". "Wir haben sehr gut und konzentriert gespielt. Aber wir haben erst Halbzeit. Noch haben wir nichts zu feiern. Es liegen noch schwere 60 Minuten vor uns, in denen wir einen ganz anderen THW erleben werden", ist sich der "Spieler des Tages" sicher.
Personell "pfiff" die SG aus dem "letzten Loch". Ohne Joachim Boldsen und Michael V. Knudsen, Blazenko Lackovic weit unter Form und Marcin Lijewski deutlich gehandicapt mit einer Ellenbogen-Entzündung, ließen zunächst nicht auf ein Wunder hoffen. So blieben sowohl der Kroate als auch der Pole wie zuletzt weit hinter ihren Möglichkeiten, wobei ihnen die kämpferische Einstellung nicht abzusprechen war. "Das zeichnet uns in der jetzigen Situation aus, dass dann andere Spieler in die Bresche springen und die Kohlen aus dem Feuer holen", stellte SG-Kapitän Søren Stryger fest und spielte damit besonders auf Kasper Nielsen an, der in der Schlussphase als Konter-Spieler von sich Reden machte und wichtige Treffer für die SG erzielte.

Blazenko Lackovic brauchte eine gewisse Anlaufzeit.

So schön der Sieg aber auch sei, war man sich bei der SG einig, so dürfe man nicht glauben, dass das Rückspiel nur reine Formsache sei. "Auf der einen Seite ist es ein gutes Polster. Aber wenn wir in der Lage sind, in Kiel zu gewinnen ist der THW auch stark genug bei uns zum Erfolg zu kommen. Deshalb sind vier Tore wiederum nichts", sagte Johnny Jensen nach dem Spiel.
THW-Kapitän Stefan Lövgren schob vorsichtshalber schon einmal die Favoritenrolle nach Flensburg, war sich aber sicher, dass der THW am Sonnabend sein wahres Gesicht zeigen werde. "Wenigstens sind es keine acht Tore, die wir aufholen müssen", so der Kapitän scherzhaft nachdem seine Mannschaft bereits mit 21:29 hintengelegen hatte. Somit gewann die SG das 50. Nordderby und schickt sich nun an, am Sonnabend im 100. Europapokalspiel der Vereinsgeschichte sich selbst mit dem möglichen Einzug ins Halbfinale der Königsklasse das schönste Geschenk zu machen.