Stripes
Stripes
Archiv

Angsthasen-Handball im Hexenkessel

Die Handballer der SG Flensburg-Handewitt stehen vor dem Aus in der Champions League. Im Halbfinal-Hinspiel wurde das Team von Trainer Kent-Harry Andersson mit 31:22 (17:9) von BM Ciudad Real deklassiert — eine fast nicht zu tilgende Hypothek für das Rückspiel in fünf Tagen.
Aua, das hat weh getan. Nach der großen Tracht Prügel schlichen die Handballer der SG Flensburg-Handewitt gestern wie begossene Pudel aus der imposanten Quijote Arena in Ciudad. Kopfschüttelnd, den Blick gesenkt, nach Fassung ringend. Wie konnte das bloß passieren? Mit 31:22 (17:9) hatte BM Ciudad Real soeben die Flensburger im Halbfinal-Hinspiel aus der Halle gefegt — unter normalen Umständen war dies das Ende aller Champions-League-Träume der SG.
Die Enttäuschung? Riesig. Die Chancen? Minimal. Eine Woche intensive Vorbereitung durch den Trainer, eine für den Gewinn der Champions League ausgelobte sechstellige Prämie eines Sponsors, eine flammende Anprache des Managers — alles für die Katz. „Wir haben zu viel Respekt gezeigt“, sagte Kent-Harry Andersson. Respekt haben sei okay, aber Angst haben nicht, meinte der ratlose SG-Trainer.

Jan Holpert: "Der Berg war zu hoch."

Keine Frage. Ein Handball-Wunder muss am kommenden Sonnabend her. Und  eine 200-prozentige Steigerung der SG gegenüber dem gestrigen Hinspiel.  Sowohl im Angriff als auch in der Deckung war der deutsche Vizemeister eine Klasse schlechter als der Gegner, der sich im Hexenkessel „Quijote Arena“ zeitweise in einen wahren Rausch spielte. „Das war“, meinte der mitgereiste SG-Präsident Frerich Eilts, „eine Demütigung.“
Als die Gastgeber unter dem ohrenbetäubenden Jubel ihre 5200 heißblütigen Fans in der 43. Minute mit 24:13 in Führung gingen, drohte der taumelnden SG, vor dem Anpfiff von Ciudad-Trainer Talant Duschebajew noch als „derzeit beste Mannschaft der Welt“ tituliert, ein ähnliches Debakel wie in Montpellier ein Jahr zuvor. Lackovic ohne Wirkung, Solberg ein Totalausfall, die Außen unter Normalform und die Torhüter auf verlorenem Posten. „Wichtige Spieler bei uns haben nicht den besten Tag erwischt. Diese Leute hätten heute 110 Prozent bringen müssen“, so Andersson.
Im Flensburger Angriff regierte gegen die aggressive 5:1-Deckung der Spanier oft die Ratlosigkeit. Während sich die Gäste oft gezwungen sahen, „halbe Chancen“ zu nehmen, kamen Rutenka, Stefansson und Co. immer wieder frei zum Wurf. Und gegen das Kraftpaket am Kreis, Rolando Urios, war während der gesamten 60 Minuten kein Kraut gewachsen.
Nun hat es den Anschein, als würde auch die dritte Sturmlauf der SG auf den europäischen Handball-Thron vorzeitig enden. Wie sagte es Torhüter Jan Holpert treffend: „Der Berg war heute zu hoch.“

Stimmen
Frerich Eilts (SG-Präsident): „Das war eine Demütigung. Ich verstehe nicht, warum einige Leistungsträger in solch einem bedeutsamen Spiel mit einer Denkblockade rumlaufen. Unsere Chancen sind unter zehn Prozent gesunken.“
Thorsten Storm (SG-Manager): „Das war heute ein Klassenunterschied. Ich verstehe nicht, warum wir so ängstlich gespielt haben. Schließlich war es keine Überraschung, wie Ciudad Real hier aufgetreten ist.“
Joachim Boldsen (SG-Spieler): "Das größte Problem war unser Angriff. Wir haben zu viel seitwärts gespielt, keinen Druck auf die Deckung ausgeübt. Ich verstehe nicht, warum wir so die Hosen voll hatten. Wir hatten nichts zu verlieren. “
Siarhai Rutenka (Ciudad-Spieler): „Wir sind noch nicht durch. Deswegen werden wir uns auf das Rückspiel so vorbereiten, als würde es 0:0 stehen. Mit dem Ergebnis kann ich prima leben. Es ist nicht leicht, gegen eine solch klasse Mannschaft wie die SG soviele Tore zu werfen.“
Sören Stryger (SG-Kapitän): „Wir geben nicht auf. Im Rückspiel muss alles passen, um noch eine Chance zu haben.“