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Kostspieliger Kraftakt gegen kampfstarke Kroaten

Das war nichts für schwache Nerven: Mit einem 28:24 (14:12)-Sieg im Rückspiel gegen RK Zagreb (Hinspiel 23:25) kämpfte und zitterte sich die SG Flensburg-Handewitt in das Viertelfinale der Champions League.
Das Programm auf der abendlichen SG-Weihnachtsfeier passte gut ins Bild dieses denkwürdigen Handball-Tages. Ein Artist jonglierte mit einer brennenden Fackel und begeisterte die 500 Gäste mit einer unterhaltsamen Seiltanzeinlage. Auch Sören Stryger, Lars Christiansen und Co. applaudierten. Keine drei Stunden zuvor waren  es die Handballer der SG Flensburg-Handewitt selber gewesen, die  den 5900 Fans in der Campushalle gegen RK Zagreb einen 60-minütigen Drahtseilakt boten und kurz davor standen, sich die Finger gehörig zu verbrennen.

Die Freude schäumte nicht über.

Erst als Christiansen und Stryger in den letzten 120 Sekunden zwei Konter erfolgreich abschlossen und der gute Jan Holpert per Kopf einen Wurf parierte, war der 28:24 (14:12)-Sieg perfekt, der Super-Gau — das Aus im Achtelfinale der Champions League  — verhindert und die Weihnachtsfeier gerettet. Kollektives Durchatmen in der „Hölle Nord“, in der zuvor vor Spannung nur so geknistert hatte.
„Puh. Ich bin so froh, dass wir das geschafft haben“, gab ein sichtlich mitgenommener Kent-Harry Andersson anschließend zu Protokoll. Der SG-Trainer lobte die taktisch sehr clever agierenden Kroaten („Gegen solch eine starke 3:2:1-Abwehr und solch einen guten Torhüter bekommt jede Mannschaft Probleme), deren Führung aus Enttäuschung über das knappe Scheitern von der obligatorischen Pressekonferenz fernblieb, sprach seinen Spielern aber auch ein dickes Kompliment aus: „Auch wenn es bei uns im Angriff nicht hundertprozentig rund lief — alle haben heute unglaublich gekämpft.“ Wie zum Beispiel  nach dem 4:7-Fehlstart oder in der Phase, als man beim 25:23 (56.) dem Abgrund bedenklich nah kam. Zu diesem Zeitpunkt griff der „achte Mann“ den wankenden Gastgebern unter die Arme, trug und schrie sie zum Sieg. „Toll, wie uns die Zuschauer unterstützt haben. Sie haben gezeigt, dass sie unbedingt ins Viertelfinale wollten“, sagte ein begeisterter SG-Manager Thorsten Storm, der sich nun — wie auch Trainer Andersson — den ruhmreichen FC Barcelona als nächsten Gegner wünscht.

Joachim Boldsen konnte nicht zu Ende spielen.

Allerdings mischte sich ein großer Wermutstropfen in den Flensburger Becher der Freude. Denn als es sich die Mannschaft zusammen mit ihren Sponsoren und Überraschungsgast Christian Berge (fährt heute mit zum Gastspiel nach Magdeburg) auf der Weihnachtsfeier gut gehen ließ, wurden Joachim Boldsen und Michael Knudsen im Krankenhaus untersucht. Boldsen hatte kurz nach dem Seitenwechsel bei einem Zweikampf einen Kapselanriss im Sprunggelenk erlitten. Weil das Gelenk gestern noch dick geschwollen war und der Däne über Schmerzen klagte, hält Mannschaftsarzt Dr. Hauke Mommsen einen Einsatz morgen beim Spitzenspiel in Magdeburg für sehr unwahrscheinlich. Noch schlimmer erwischte es Knudsen, der in der 55. Minute von der Wurfhand des Kroaten Spoljaric übel getroffen wurde. Eine Gehirnerschütterung, eine Schdelprellung, zwei Platzwunden, drei angebrochene Schneidezähne und ein Nasenbeinbruch wurde beim SG-Kreisläufer diagnostiziert, der die Nacht über im Krankenhaus bleiben musste und laut Mommsen etwa zehn Tage ausfallen wird. „Das ist sehr bitter“, meinte Kent-Harry Andersson. „Der Sieg hat uns viel gekostet.“