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Gemütlicher Nachmittag

"Selten habe ich mich nach einem Spiel so topfit gefühlt", verkündete Lars Christiansen auf dem Weg in die Spielerkabine mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Diese Aussage des dänischen Linskaußen der SG Flensburg-Handewitt überraschte nicht, schließlich war der Nationalspieler im Champions-League-Heimspiel gegen Granitas Kaunas (Litauen), dass locker mit 39:22-Toren gewonnen wurde, überhaupt nicht zum Einsatz gekommen. Eine Verletzung hatte den Toptorjäger jedenfalls nicht an einer Teilnahme gehindert. Vielmehr war es sein Trainer Kent-Harry Andersson, der dem Trickwerfer ebenso wie Jan Holpert, Blazenko Lackovic und Glenn Solberg gegen die zweitklassigen Litauer eine Erholungspause gegönnt hatte. "Man hat gesehen, dass Kaunas nicht die Qualität für die Champions-League besitzt", fällte Lackovic ein vernichtendes Urteil über die Leistungsstärke des zweiten Gruppengegners. Und Lackovics Landsmann Goran Sprem erklärte: "Es war nicht so schwer, so klar zu gewinnen. Jetzt haben wir einen guten Start hingelegt und wenn wir am nächsten Wochenende gegen Paris gewinnen, sind wir auf einem guten Weg den ersten Platz in der Gruppe zu erreichen." Sprem hatte maßgeblich von der Andersson-Taktik profitiert, 60 Minuten Einsatzzeit erhalten und sich mit neun Treffern zum besten Torschützen der Partie gemausert. "Ich bin zufrieden mit meinem Spiel", freute sich Sprem.

Michael V. Knudsen wurde von der Kulisse motiviert.

Die Vermutung, die SG würde mit Granitas Kaunas den schwächsten der drei Gruppengegner in Flensburg begrüßen, sollte sich schon in den ersten Spielminuten bewahrheiten. Die mit 6000 Zuschauern ausverkaufte Arena auf dem Campus gepaart mit der Übermacht des Gegners - Fakten, die den Gast vom Baltikum jede Spur von Mut und Selbstbewusstsein raubten, ehe das Spiel überhaupt so richtig begonnen hatte. "Unsere Mannschaft ist im Durchschnitt 20 Jahre jung. Da ist die phsychologische Belastung gegen so einen Gegner und vor dieser Kulisse sehr groß. Bereits die ersten Minuten haben großen Eindruck hinterlassen", führte Kaunas-Trainer Waldemar Novickis an.
Da die Gastgeber trotz ungewohnter Formation mit einer professionellen Einstellung agierten, demonstrierten die Hausherren ab dem 2:2 (4.) Einbahnstraßen-Handball im Schongang. 10:3 (17.), 14:4 (20.) und 19:7 (30.) - Momentaufnahme, die die Überlegenheit und damit den Klassenunterschied dokumentierten. "In Litauen leben 3,5 Millionen Menschen und die Hauptsportart ist Basketball. Alles, was nicht Basketball spielt, spielt eben Handball", erklärte Novickis die Umstände, warum sein Team trotz acht Trainingseinheiten in der Woche und recht professionellen Rahmenbedingungen nur national gesehen ein Spitzenklub ist. Der Vergleich des deutschen Vizemeisters gegen den Serienmeister aus Litauen kommentierte SG-Manager Thorsten Storm so: "Es sind zwei Handball-Welten aufeinander getroffen und es war ein schöner Handball-Nachmittag. Am nächsten Wochenende kommt mit Paris allerdings ein ganz anderes Kaliber nach Flensburg."

Valdaramas Novickis sah eine zu große Belastung für sein Team.

Nicht nur für Sprem bedeutete das erste Gruppenspiel in der Königsklasse, Spielpraxis zu sammeln. Auch für Kasper Nielsen und Michael V. Knudsen stand ein voller Arbeitstag auf dem Programm. Die beiden dänischen Neuzugänge unterstrichen mit sieben und acht Treffern ihre Qualitäten im Angriff und durften zudem den "Ernstfall" im Abwehrzentrum üben. Während es sich mit Glenn Solberg und Johnny Jensen die norwegische Stammformation auf der Bank gemütlich machte, hielt das dänische Duo die 6:0-Abwehr recht erfolgreich zusammen. Gemeinsam mit Keeper Dan Beutler, der erneut eine starke Leistung bot, gestaltete die SG ein Defensiv-Gebilde, an dem sich die Litauer die Zähne ausbissen.
"Es war ein Spiel, das wir gewinnen mussten und das haben wir getan. Es war schwierig die Konzentration zu halten, da wir am Mittwoch schon wieder spielen werden. Aber die vielen Leute in der Halle haben uns motiviert. Es war wichtig, dass auch diejenigen Spielpraxis bekommen, die sonst nicht so oft zum Einsatz kommen", sagte Michael V. Knudsen.
Erst als Goran Sprem und Co. den Vorsprung bis auf 17 Treffer Differenz ausgebaut hatten (32:17, 47. Minute), nahm die SG deutlich das Tempo aus dem Spiel und ließ bis zum Abpfiff die Zügel schleifen. Granitas dankte es dem Gegner, wusste die wachsenden Freiräume zu nutzen und hielt den Rückstand dank der Treffer von Trainer-Sohn Valdas Novickis (8) und Kreisläufer Modestas Bakaitis (9) bis zum 22:39-Endstand konstant. "Wir freuen uns auf das Rückspiel, da werden wir sicherlich mit mehr Mut spielen", erklärte Senior Novickis. Die Aufmerksamkeit der SG richtet sich auf das Bundesliga-Auswärtsspiel beim VfL Pfullingen (Mittwoch, 20.30 Uhr, Stuttgart), bevor es am Sonnabend zum vorentscheidenden Gruppenspiel der Champions-League gegen Paris HB (Sonnabend, 15 Uhr, Campushalle) kommen wird.