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Solberg-Gala und starkes Stryger-Comeback

Der Torjäger vom Dienst brachte das Spitzenspiel in nur einem Satz auf den Punkt. „Das war ein big point im Titelkampf“, meinte Linksaußen Lars Christiansen nach dem 36:31 der SG Flensburg-Handewitt in Nordhorn.
Stolz und Erleichterung, aber auch Wehmut und Wut — die Bandbreite der  Gefühle bei Spielern und Verantwortlichen der SG Flensburg-Handewitt nach dem 36:31-Erfolg im Schlagerspiel bei der HSG Nordhorn war groß. „Das waren zwei ganz wichtige Punkte für uns“, atmete Trainer Kent-Harry Andersson auf. „Dass es für uns so einfach werden würde, hätte ich nie erwartet“, meinte Lars Christiansen. „Ich hatte auch in der zweiten Hälfte nie das Gefühl, dass wir das Spiel noch verlieren könnten“, sagte Kapitän Sören Stryger.
Eine grandiose erste Hälfte (18:11), in der die Flensburger in der Abwehr fast perfekt gearbeitet und im Angriff die HSG schwindelig gespielt hatten, war der Grundstein für einen „big point“ (Lars Christiansen) im Kampf um die Meisterschaft gewesen. „Die erste Halbzeit war einfach überragend“, freute sich der Trainer, „das Beste, was wir in dieser Saison gespielt haben“. Mit einem Lars Christiansen, der vor der Pause allein fast so viele Treffer erzielte wie die gesamte Nordhorner Mannschaft. Neun Würfe, neun Tore —  die Unterschrift unter einen neuen Vertrag schien dem 33-jährigen Linksaußen „Flügel“ zu verleihen. Christiansen brachte Peter Gentzel und Jesper Larsson schier zur Verzweiflung und hatte eine ganz einfache Erklärung dafür: „Die schwedischen Torhüter warten nicht ab, sie bewegen sich, und dann hast du viele Variationsmöglichkeiten beim Wurf.“

Glenn Solberg spielte überragend.

Der Däne war aber an diesem Abend nur eine von vielen herausragenden Figuren in einem geschlossen auftretenden SG-Team. Ein weiterer war Dan Beutler. „Mr. Europacup“ bewies als Vertreter des angeschlagenen Jan Holpert (Muskelfaserriss im Oberschenkel), dass er auch in der Bundesliga zu großen Taten fähig ist. „Dan hat uns mit seinen Paraden den komfortablen Vorsprung zur Pause ermöglicht und auch im zweiten Durchgang sehr wichtige Bälle gehalten“, lobte Holpert.
Zu den Erfolgsgaranten zählten zudem Marcin Lijewski und Sören Stryger. Der SG-Kapitän feierte nach langer Verletzungspause ein glänzendes Comeback und freute sich: „Es ist schön, wieder dabei zu sein.“ Zufrieden mit sich war auch Marcin Lijewski. Als es in den letzten zehn Minuten nach einer Vier-Minuten-Zeitstrafe für Johnny Jensen noch einmal eng zu werden drohte (26:29), übernahm der Pole Verantwortung und warf seine individuellen Fähigkeiten in die Waagschale. Mit vier Toren in Folge zum 33:29 (58.) machte er das Spiel „fertig“ (Andersson). „Bei der Nordhorner 4:2-Abwehr hatte ich viel Platz, den habe ich genutzt“, sagte Lijewski — um gleich nachzuschieben: „Aber viel wichtiger als meine eigene Leistung war, dass wir als Mannschaft gut gespielt haben.“
Dafür hatte Glenn Solberg als Regisseur verantwortlich gezeichnet. Der Norweger, der zum Saisonende in seine Heimat zurückkehren wird, hatte trotz eines schmerzhaften Kapselrisses im rechten Sprunggelenk die Zähne zusammen gebissen und den Zuschauern an seiner ersten deutschen Wirkungsstätte eine Abschiedsgala geboten, die sie noch lange in Erinnerung behalten werden. „Du hast heute ein Superspiel gemacht“, lobte ein Zuschauer, machte von Solberg noch ein Erinnerungsfoto und wünschte ihm „viel Glück für die Zukunft“. Er war nicht der einzige an diesem Abend.

Johnny Jensen ärgerte sich über Jan Filip.

Solberg war zwar stolz und glücklich über den Sieg seiner SG bei seinem Ex-Club. Aber dass sie durch die taktische Umstellung nach der Pause kurzzeitig aus dem Rhythmus geraten war, ärgerte den SG-Spielmacher doch. „In solchen Situationen müssen wir konzentrierter und disziplinierter spielen. Da haben wir viel zu früh geworfen.“
Richtig sauer war dagegen sein Landsmann Johnny Jensen. Er fühlte sich sich von den Schiedsrichtern Fleisch/Rieber ungerecht behandelt. Sie hatten gegen den SG-Kreisläufer in der 51. Minute eine Zeitstrafe verhängt, weil er ihrer Meinung den Nordhorner Filip beim Torwurf regelwidrig behindert hatte. „Ich habe überhaupt nichts gemacht, Filip hat vielmehr mich am Schienbein erwischt“, rechtfertigte sich Jensen. Weil er aber auf dem Weg zur Bank mit Filip und den Unparteiischen weiter über diese strittige Situation diskutiert hatte, waren Jensen schließlich zwei weitere Minuten aufgebrummt worden. 240 Sekunden in Unterzahl — gegen einen stärkeren Gegner hätte das ins Auge gehen können. Und das brachte den Trainer in Rage. „Das darf nicht passieren, da war ich richtig böse“, gestand Andersson, der Jensen noch auf der „Sünderbank“ die Leviten gelesen hatte. Christiansen brach jedoch eine Lanze für Jensen: „Natürlich darf er nicht lamentieren, aber die erste Zeitstrafe war wirklich nicht in Ordnung. Es wäre eine Frechheit gewesen, wenn das Spiel dadurch gekippt wäre.“ Doch das passierte bekanntlich nicht, weil die SG an diesem Abend eindrucksvoll nachwies, dass nicht nur glänzend spielen, sondern auch kämpfen kann — und nervenstark ist.