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Michael Kraus: Vom „Bravo-Boy“ zum Nationalspieler

Keine Frage: Michael Kraus ist der Shooting-Star bei FA Göppingen. Noch im Sommer 2004 war der 22-Jährige eher ein namenloses Mitglied im süddeutschen Team, seit Ostern ist er Nationalspieler. Bei einem Vier-Länder-Turnier in Frankreich registrierten die Chronisten die ersten drei Auftritte, bei einem Länderspiel in Flensburg folgte der vierte Einsatz. „Ich war mächtig aufgeregt“, gesteht der Göppinger. „Es war wichtig, dass mich meine Nebenleute trotz meines jungen Alters akzeptiert haben.“
Die Kritiker waren mit dem Debüt zufrieden. Mit viel Selbstvertrauen und Durchblick war Michael Kraus zu Werke gegangen. Zwar gab es in der Chancen-Verwertung einige Makel, vom Bundestrainer gab es aber das Prädikat „Mittelmann mit Perspektive“. „Der Junge macht mir Freude“, sagte Heiner Brand. „Er erkennt die Situation und ist selbstbewusst genug für einen Durchbruch.“ Begeistert auch die Groupies. Der neue Star erhält massenweise SMS von Mädchen, die er gar nicht kennt.
Der zuletzt kometenhafte Aufstieg begann im Jahre 2002. Damals tummelte sich Michael Kraus noch beim Training der Turnerschaft, einem Göppinger Landesligisten. Ex-Trainer Christian Fitzek und Ex-Spieler Marc Nagel entdeckten ihn für den großen Nachbarn. Eine glückliche Fügung spülte ihn schließlich auf die zentrale Position. Nach einigen Wechselspielchen war der Spielmacher-Posten im Sommer 2004 vakant, zumal unter dem neuen Trainer Velimir Petkovic die Karten ohnehin neu gemischt wurden. Michael Kraus: „Ich habe 120 Prozent gegeben, um diesen Posten zu bekommen.“ Der Einsatz sollte sich lohnen.
Das Talent ist dem jungen Handballer wohl in die Wiege gelegt worden. Schon der Vater mischte in der Regionalliga mit, und auch Bruder Christian besitzt eine besondere sportliche Begabung. Er ist zweifacher deutscher Meister und Junioren-Weltmeister im Säbelfechten. „Für mich wäre das kein Sport, ich brauche Mannschaft und Ball“, schmunzelt Michael Kraus. Die Brüder haben aber einen gemeinsamen Traum: die Olympischen Spiele 2008.
Nicht ganz so sportlich ist Zwillings-Schwester Alena. Dafür hat sie den Handballer zum ersten „Titel“ geführt. Sie hatte im Jahr 2000 ein Bild ihres Bruders an eine Jugendzeitung geschickt. Prompt belegte dieser den ersten Platz und war „Bravo-Boy des Jahres“. Es folgten Moden-Shows und Foto-Shootings. Im Hause Krause gingen mehrere Kartons Fan-Post ein.
Nun erlebt der 22-Jährige ein neues Blitzlicht-Gewitter. In der Nationalmannschaft. Experten rechnen damit, dass bald weitere Einsätze folgen. Im Verein ist nun allerdings eine ernsthafte Konkurrenz aufgetaucht. Die Schwaben verpflichteten den serbischen Nationalspieler Nikolaj Manojlovic. Für Michael Kraus allerdings kein Schock. „Ich ziehe mich an so einer Situation hoch“, sagt der Rückraum-Akteur. „Wenn man sich nicht sicher ist die Nummer eins zu sein, gibt man doch 150 Prozent.“