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Johannes Bitter: Torwart nach „Magdeburger Modell“

Handball-Torhüter sind leicht zu erkennen. Sie tragen graue Schlabberanzüge und machen vor dem Spiel komische Bewegungen. Die Knie und die Arme schnippen nach oben und in der Luft herum, als zöge eine unsichtbare Hand hektisch an den Fäden einer Gelenkpuppe. Das sieht aus wie ein Hampelmann auf Speed. Oder wie ein Aerobic-Lehrer, der im Video-Schnelldurchlauf die Zeit überholt. Dabei weckt der Torwart nur seine Reflexe. Die ausgetretenen Pfade zwischen den Synapsen sind sein Kapital, wenn Bälle mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Sachen auf ihn zufliegen.
Wenn Johannes Bitter, sich aufwärmt, sieht das besonders komisch aus, weil der Torwart des SC Magdeburg 2,04 Meter groß ist und sein schlaksiger Körper die Reflexe verborgen hält. Umso überraschender ist es, wenn er plötzlich in einem Tempo loslegt, dass man glaubt, seine Extremitäten hielten den Fliehkräften nicht Stand. Johannes Bitter steht für das Magdeburger Modell. Manager Bernd-Uwe Hildebrandt vertraut jungen Spielern. Wächst im Umland kein Talent heran, zieht Hildebrandt größere Kreise. Wie beim Torwart, der am niedersächsischen Jadebusen groß wurde, sein erstes von 46 Länderspielen absolvierte, als er noch mit dem Wilhelmshavener HV um den Aufstieg in die Bundesliga spielte.

Johannes Bitter – seit 2003 ein Magdeburger.

Im Juli 2003 wechselte Johannes Bitter schließlich an die Elbe. „In der Vorrunde waren seine Leistungen nicht so okay, dann hat er sich deutlich gesteigert“, erfüllte der junge Keeper schon in der Saison 2003/2004 die Erwartungen von Bernd-Uwe Hildebrandt. In den Planungen von Bundestrainer Heiner Brand war der lange Magdeburger bald eine feste Größe und zählte bei der Weltmeisterschaft 2005 wie auch bei der Europameisterschaft 2006 zum Kader.
Im Verein bildete sich zu Trainer Alfred Gislason ein gutes Verhältnis. So überraschte es nicht, dass sich Johannes Bitter im Januar kritisch zur Entlassung des Isländers äußerte. „Als ich von der Entscheidung erfahren hatte und mit Alfred telefonierte“, gestand der Keeper, „hatte ich Tränen in den Augen. Das Vertrauen in die Vereinsführung ist nicht zerstört, aber gestört.“ Johannes Bitter konnte diese Personal-Entscheidung nicht nachvollziehen. Wie im Vorjahr hatten sich die Magdeburger in der Bundesliga auf Platz vier eingenistet, in der Champions League scheiterte man am ruhmreichen FC Barcelona, und im DHB-Pokal hatte man den Kurs gen Final Four eingeschlagen. „Von Misserfolg kann keine Rede sein“, betonte Johannes Bitter am Rande der Europameisterschaft. Er zeigte sich auch deswegen verärgert, weil er seine Vertragsverlängerung bis 2007 direkt mit der Person Alfred Gislason in Verbindung brachte. „Alfred“, so der Torwart, „hat mir in die Hand versprochen, dass er bis 2007 bleibt.“ Seinen Vertrag wolle er dennoch in jedem Fall erfüllen.