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Vor 15 Jahren: Das erste und einzige „gesamtdeutsche Finale“

Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vor gut 15 Jahren kam es auch im Handball zu deutsch-deutsch Begegnungen. So tagten im Frühjahr 1990 erstmals beide Verbände, der DHB und der DHV, zusammen. Ein Vorschlag: ein deutsch-deutsches Endspiel zum Saisonabschluss. Aus Termingründen stieg das gemeinsame Kind, der „Deutschland-Cup“, aber erst im August innerhalb der Vorbereitung auf die nächste Serie. Was als sportliches Großereignis angekündigt worden war, entpuppte sich als Flop. „Hauptsache stattgefunden“, hieß es nach dem 27:21-Erfolg des 1. SC Berlin gegen den TV Großwallstadt. Nach Schwierigkeiten im Kartenvorverkauf wohnten der Partie in Berlin nur 800 Zuschauer bei.
Derweil rückte die Wiedervereinigung der beiden Staaten mit großen Schritten näher. In der Serie 1990/91 starteten die DDR-Oberliga und die Bundesliga ein letztes Mal getrennt. Am Ende sollten beide Meister im Hin- und Rückspiel den „gesamtdeutschen Meister“ ermitteln. Zusätzlichen sportlichen Reiz erhielt das Duell nach dem Eintritt der ostdeutschen Landesverbände in den DHB am 8. Dezember 1990. Denn jetzt hatten die Oberliga Ost und die Bundesliga für die kommende Spielzeit nur einen gemeinsamen Startplatz in den einzelnen europäischen Wettbewerben.

Steffen Stiebler stand schon vor 15 Jahren im Magdeburger Aufgebot.

Magdeburg gegen Gummersbach lautete schließlich die Finalpaarung, um die „gesamtdeutsche Meisterschaft“ und um den Einzug in den Europapokal der Landesmeister. Es war eine äußerst spannende und hektische Angelegenheit. Minutenlang wurde nach dem ersten Spiel in Gummersbach über den Endstand gerätselt. 17:15 oder 18:15? Ein wichtiger Treffer für die Oberbergischen, denn im Rückspiel wurde das Polster fast aufgebraucht. 14:16 – zittern bis zur letzten Sekunde! Der Matchwinner war letztendlich einmal mehr Andreas Thiel. Vier Siebenmeter und viele „Hundertprozentige“ der Magdeburger vereitelte der Nationaltorhüter. Dabei hatte der Hallensprecher in der Anfangsphase noch frohlockt: „Der Hexer ist ausgehext.“
Einige Animositäten trübten die historische Atmosphäre ein wenig. Der SC Magdeburg fühlte sich verschaukelt, da der DHB zweimal westdeutsche Schiedsrichter entsendete. Dagegen reagierten die Gummersbacher Fans sauer auf einen „West-Zuschlag“. Sie sollten beim Rückspiel in Magdeburg mehr bezahlen als das Heimpublikum. Erst als der VfL-Vorstand intervenierte, erhielt der oberbergische Anhang den Differenz-Betrag zurück. Zwischenfälle, die peinlich waren. „Wir müssen endlich aufhören, in Ost-West-Kategorien zu denken“, forderte DHB-Präsident Hans-Jürgen Hinrichs. Ein erster Schritt war nach diesem Endspiel bereits getan: Neue und alte Bundesländer hatten keine getrennten Ligen mehr.