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„Spiele THW gegen SG werden nie langweilig“

Die Kapitäne Stefan Lövgren (THW Kiel) und Sören Stryger (SG Flensburg-Handewitt) verspüren auch vor dem 6. Duell der Saison zwischen den beiden herausragenden Teams der Handball- Bundesliga (Sonnabend) keine Derby-Müdigkeit.

Stefan Lövgren

Stefan Lövgren (links)

Herr Lövgren, Spiele zwischen dem THW und der SG wurden oft erst in den Schlusssekunden entschieden. Im Vorjahr haben Sie mit Ihrem Foul an Johnny Jensen dem THW das 26:26 und letztlich die Meisterschaft gerettet. Vor acht Wochen ist Ihnen im Champions League-Rückspiel kurz vor Schluss ein Fehlpass unterlaufen, der das Ausscheiden zur Folge hatte. Was passiert am Sonnabend in den Schlusssekunden?

Stefan Lövgren (lacht): Wenn ich das nur wüsste … Aber eins ist klar, es wird wieder ein ganz enges und kampfbetontes Spiel. Sowohl für den THW als auch für die SG ist die Meisterschaft die letzte Chance auf einen Titel in dieser Saison.

Kann denn schon eine Vorentscheidung fallen?

Lövgren: Nein. Wenn die SG gewinnt, ist die Meisterschaft offener denn je. Wenn wir gewinnen, haben wir zwar eine sehr gute Ausgangsposition, mehr nicht. Es liegen noch genügend Stolpersteine auf dem Weg zum Titel. Die Bundesliga ist viel zu ausgeglichen, als dass man sich mit einem Sieg über Flensburg schon in Sicherheit wiegen könnte. Ich erinnere an unsere Niederlage in Minden, damit hat keiner gerechnet. Ähnliches kann in Wilhelmshaven passieren, wenn wir dort nicht ganz konzentriert spielen. Außerdem warten mit Nordhorn, Magdeburg und Gummersbach noch sehr schwere Gegner auf uns.

Der THW und die SG dominieren seit Jahren die Bundesliga. Was unterscheidet beide Mannschaften vom Rest der Liga? Anders gefragt, was machen die anderen Teams falsch?

Lövgren: Ob die anderen etwas falsch machen, kann ich nicht sagen. Vom THW kann ich nur sagen, dass wir unter einem sehr guten Trainer sehr, sehr hart trainieren. Dazu kommt ein durch und durch professionelles Umfeld. Das macht unseren Erfolg aus. Ähnlich wird es in Flensburg sein.

Es ist schon das sechste Derby in dieser Saison. Wird das nicht langweilig?

Lövgren: Spiele gegen Flensburg werden nie langweilig. Siege gegen die SG zählen zu den schönsten, Niederlagen aber auch zu den bittersten.

Besonders bitter dürfte dann wohl das Aus in der Champions League gegen Flensburg gewesen sein?

Lövgren: Ja, vor allem weil wir im Rückspiel sehr gut gespielt und in Flensburg gewonnen haben. Ausgeschieden sind wir nicht in Flensburg. Das 28:32 im Hinspiel hat uns das Genick gebrochen.

Warum hat sich der THW in der Ostseehalle gegen die SG zuletzt so schwer getan?

Lövgren: Das weiß ich nicht. Man darf nicht vergessen, dass die SG nicht irgendeine Mannschaft ist, sondern neben dem THW das beste Team Deutschlands. Da gewinnt man nicht eben im Vorübergehen. Als unseren Angstgegner würde ich die SG deshalb nicht bezeichnen. Dass wir in der Ostseehalle spielen, ist weder ein Nachteil noch ein Vorteil.

Was wird den Ausschlag geben?

Lövgren: Die Mannschaften spielen auf einem ähnlich hohen Niveau, man kennt sich in- und auswendig und kann den Gegner nicht mehr überraschen. Die Tagesform wird entscheiden - und das Glück. Wer zum richtigen Zeitpunkt Glück hat, wird das Spiel gewinnen.

Sören Stryger

Sören Stryger

Sie kommen gerade von der Video-Besprechung für das Derby in Kiel am Sonnabend. Was gab' s Neues?

Sören Stryger: Eigentlich gibt es nichts wirklich Neues. Die beiden Mannschaften kennen sich zu gut. Aber man entdeckt immer wieder Kleinigkeiten, die man besser kann. Ich glaube, an diesen Details wird sich auch das Spiel gegen den THW entscheiden.

Verspüren Sie so etwas wie Derby-Müdigkeit vor dem sechsten Aufeinandertreffen in dieser Saison?

Stryger: Auf keinen Fall. Es ist eine tolle Sache, dass dieses Spiel so spät in der Saison so eine Bedeutung hat. Es ist die perfekte Situation, da wird man nicht müde.

Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser Partie ein? Ist die SG endgültig aus dem Rennen, wenn sie nicht zwei Punkte aus Kiel mitbringt?

Stryger: Der THW ist Titelfavorit und wäre ein noch größerer Favorit, wenn er am Sonnabend gewinnt. Aber soweit denken wir nicht. Wir schauen, wie das Spiel ausgeht und danach machen wir uns Gedanken, was noch geht.

Glauben Sie, dass sich der THW Kiel aus dem Trauma befreit hat, die SG in der Ostseehalle nicht mehr schlagen zu können?

Stryger: Ich hoffe nicht. Aber die Kieler wissen und wir wissen, dass es ein ganz neues Spiel ist. Aber nach den letzten Jahren wissen wir auch, dass wir gewinnen werden, wenn wir unsere optimale Leistung bringen. Die Ostseehalle ist kein Vorteil für den THW.

Woran lag es, dass die SG ausgerechnet in Kiel in den vergangenen Jahren so erfolgreich war?

Stryger: Unser Konzept gegen Kiel hat ganz gut gepasst. Der THW liegt uns. Und wenn ein Trend erstmal läuft, verstärkt er sich jedesmal ein bisschen.

Warum gibt es schon wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Mannschaften aus Schleswig-Holstein? Warum halten die anderen nicht mit?

Stryger: Es ist die Erfahrung. THW und SG haben verinnerlicht, wie wichtig es ist, stabil zu sein und dass man nur mit ganz wenigen Minuspunkten Meister werden kann. Wir sind einfach stabiler als die anderen.

Beim 30:29 gegen Nordhorn am vergangenen Sonnabend hat die SG aber ziemlich gewackelt. Wie schafft man es, sich in einer Woche um 100 Prozent zu steigern?

Stryger: Wir waren vor dem Nordhorn-Spiel endlich komplett und konnten sehr intensiv trainieren. Es ist schon merkwürdig, dass es so schwierig wurde. Aber was wir mitnehmen können nach Kiel, ist das Bewusstsein, dass man über Kampf zurück kommen kann, wenn man hinten liegt. Das ist gut für die Moral.

Was wird am Sonnabend ausschlaggebend sein?

Stryger: Im Champions-League-Rückspiel in Flensburg haben wir gesehen, wie gefährlich Kiel durch Tempogegenstoß und schnelle Mitte ist. Wir sind in der zweiten Halbzeit müde geworden und das wurde gnadenlos bestraft. Da müssen wir eine Lösung finden und bereit sein.

Wer hat am Sonnabend den größeren Druck?

Stryger: Beide haben Druck. Aber Kiel ist Favorit mit zwei Punkten Vorsprung. Wir haben nichts zu verlieren, aber wenn wir gewinnen, ist alles möglich.