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GWD Minden ärgert auch die SG

Nach dem THW Kiel musste auch die SG Flensburg-Handewitt beim Tabellen-16. GWD Minden Federn lassen. Vier Tore Vorsprung in der Schlussphase reichten nicht zum Sieg. Das 27:27 (12:15) ist ein teurer Punktverlust für den Verfolger, der in Joachim Boldsen einen weiteren Akteur durch Verletzung verlor.
Das glückliche Ende des Dramas von Minden war für die SG Flensburg-Handewitt zum Greifen nah. 27:23 für den Vizemeister gegen den Außenseiter - sieben Minuten vor Schluss schienen die Kräfteverhältnisse in der Handball-Bundesliga wieder gerade gerückt. Doch dann gerieten die Flensburger aus der Spur, entgleisten geradezu. Der technische Fehler von Blazenko Lackovic, der zum Konter führte, eine Fahrkarte bei einem freien Wurf vom Kreis desselben Akteurs, der einzige Fehlwurf von Lars Christiansen in der zweiten Halbzeit - ausgerechnet vom Siebenmeter-Punkt - und schon waren die Männer in Grün-Weiß wieder da. Minden traf vier Mal in Folge, der Außenseiter hat mit dem 27:27 wieder einen Favoriten zu Fall gebracht. Schlimmeres verhütete SG-Torhüter Jan Holpert, der in letzter Sekunde noch einen Wurf von GWD-Linksaußen Simon parierte.

Blazenko Lackovic: Zu viele Fehler in der entscheidenden Situation.

„Ich bin tief enttäuscht.“ Mehr brachte der völlig erschöpfte Glenn Solberg nicht heraus. Er war einer der Spieler, die die SG im zweiten Durchgang aus dem Sumpf gezogen hatten. Die Gäste drohten von entfesselten Mindenern an die Wand gespielt zu werden. Wenig lief zusammen in der ersten Hälfte. Die Halben Lackovic und Marcin Lijewski blieben ohne jede Wirkung, speziell die rechte Angriffsseite der SG war mausetot. „Wir haben unsere Angriffe nicht durchgespielt, zuwenig Druck gemacht“, sagte Kasper Nielsen, der ebenso wie Jan-Thomas Lauritzen wenigstens zeitweise Linderung brachte.
Leidlich im Spiel hielt sich die SG nur durch Konter und 1:1-Situationen. „Wir haben die erste Halbzeit verschlafen und waren einfach nicht bereit. Dadurch haben wir Minden stark gemacht“, erkannte Christiansen. In der Abwehr bekamen die Flensburger den quirligen GWD-Spielmacher Just und den Kreisläufer Dimitri Kusilev nicht unter Kontrolle. 11:7 führte die von 3500 Zuschauern nach vorn gepeitschte Heimmannschaft, bevor sich die Gäste fingen.
Es dauerte lange, bis die SG den Schock aus der vierten Minute verkraftet hatte: Gerade wollte Joachim Boldsen zum Konter ansetzen, da griff er sich an den Oberschenkel und stürzte mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden. Muskelfaserriss, die gleiche Verletzung wie vor einer Woche bei Michael Knudsen – wieder fällt eine zentrale Figur des SG-Spiels für Wochen aus. „Schönen Gruß an die EHF in Wien. Das haben wir der Europameisterschaft zu verdanken“, schimpfte SG-Manager Thorsten Storm. Eine Auffassung, die auch Mannschaftsarzt Dr. Hauke Mommsen bestätigte.

Glenn Solberg zog das Team mit aus den Sumpf.

Trotzdem gelang der SG die Wende. Mit fast fehlerfreiem Spiel, einem überragenden Holpert, einem unbändig rackernden Solberg und einem treffsicheren Christiansen schaffte Flensburg den Ausgleich zum 17:17 (38.) und begann sich ab der 48. Minute abzusetzen. Das Spiel war quasi gewonnen, bevor es wie eingangs geschildert wieder hergeschenkt wurde.
Niemand bei der SG wertete das Remis als Punktgewinn. „Es ist zu wenig für uns. Wir sind für dumme Fehler bestraft worden. Wir waren nicht gut genug in den entscheidenden Situationen“, sagte Christiansen. Trainer Kent-Harry Andersson wollte seiner Mannchaft keinen Vorwurf machen: „Wir waren spielerisch und kämpferisch besser als gegen Nettelstedt, aber wir sind noch längst nicht wieder da, wo wir in der Hinrunde waren. Das ist die EM: müde Beine, leer im Kopf.“ Eine andere Theorie stellte sein Kollege Richard Ratka auf. Er sei in der glücklichen Lage, derzeit auf Gegner zu treffen, „die sich schwach reden. Das verschafft uns eine mentale Chance und macht es uns leichter, an uns zu glauben.“