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Auch die SG lässt Federn

Wenn es in der Bundesliga einen Favoritenschreck gibt, dann heißt er GWD Minden. Der Außenseiter aus Ostwestfalen feierte nur acht Tage nach dem Sensationssieg gegen den THW Kiel auch gegen die SG Flensburg-Handewitt einen enormen Achtungserfolg. In der mit 2980 Zuschauern nicht ausverkauften Kampahalle in Minden erkämpfte der Tabellen-16. ein 27:27 (15:12)-Unentschieden und schöpft damit neue Hoffnungen im Kampf um den Klassenerhalt.
Für die SG bleibt nach einer enorm umkämpften Partie die Erkenntnis von der Wunsch-Leistung noch weit entfernt zu sein. Außerdem büsste der Tabellenzweite einen wertvollen Zähler im Kampf um die Deutsche Meisterschaft ein. Nach dem wackeligen Start gegen Lübbecke blieben erneut viele EM-Fahrer der SG den Beweis ihrer Klasse schuldig. Anscheinend ist die Regenerations-Phase immer noch nicht wirklich beendet.
Bitterer Wermutstropfen der Partie - Joachim Boldsen zog sich bereits nach vier Minuten eine schwere Muskelzerrung im linken Oberschenkel zu und droht nach Michael V. Knudsen nicht nur am kommenden Mittwoch im Heimspiel gegen Großwallstadt auszufallen. Dem "Traktor" droht sogar eine Zwangspause von rund fünf Wochen.

Joachim Boldsen schied verletzt aus.

"Der Sieg gegen Kiel war unglaublich. Und jetzt das Unentschieden gegen Flensburg - einfach Wahnsinn", kommentierte Stefan Just die gelungenen Streiche gegen die großen Favoirten aus dem hohen Norden. Der Mindener Spielmacher konnte das Glück scheinbar nicht fassen und bewertete die Punkterfolge gegen Kiel und Flensburg als "einzigartig" und hofft darauf, dass sein Team den Boden unter den Füßen behält, wenn es nun zum Abstiegsduell nach Wetzlar geht. In die gleiche Kerbe schlug GWD-Manager Horst Bredemeier, der den Punktgewinn gegen Flensburg sogar noch höher bewertete, als den Sieg gegen Kiel, denn: "Flensburg war doch gewarnt und hat das Video von unserem Spiel gesehen und musste doch gutvorbereitet sein." Auch die Begründung, die EM-Fahrer der Gäste seien immer noch platt und müde rief beim Ex-Bundestrainer nur Unverständnis hervor. "Das kann mir keiner erzählen, dass man 14 Tage nach einer Europameisterschaft immer noch müde ist. Da liefert man den Spielern doch ein Alibi, anstatt sie stark zu reden", so Bredemeier.
SG-Manager Thorsten Storm reagierte entsprechend sauer auf den Punktverlust und die Kommentare von Bredemeier. "Er hat doch noch nie eine EM selber gespielt. Aber egal, als wir mit vier Toren geführt haben, dann müssen wir das Spiel nach Hause fahren. Minden war gegen uns heiß wie Frittenfett."
Getragen auf der Woge der Begeisterung startete Minden mutig und entschlossen in das Duell mit der SG. Und bereits in den ersten Spielminuten wurde deutlich, dass GWD nahtlos an die starke Leistung aus dem THW-Spiel anknüpfen sollte. Angetrieben vom umsichtigen Stefan Just auf der Spielmacher-Position übernahm Minden von der ersten Minute an das Kommando und behauptete eine Führung.
Obwohl die Gäste bereits nach vier Minuten den Ausfall von Joachim Boldsen verkraften mussten, schien der Favorit besser ins Spiel zu finden. Beim 5:5 hatte Lars Christiansen erstmals den Ausgleich erzielt und in Abwehr und Angriff erreichten die Gäste Betriebstemperatur. Doch die Freude beim kleinen Flensburger Anhang sollte nicht lange anhalten. Unterstützt von ihren Fans setzte sich Minden auf 11:7 (19.) ab und bremste alle Aufholversuche der Nordlichter mit einer kompromisslosen 6:0-Abwehr. Da vor allem die Rückraum-Achse um Spielmacher Glenn Solberg mit Marcin Lijewski und Blazenko Lackovic auf den Halbpositionen einen schwachen Eindruck hinterließ, lief die SG permanent einem Rückstand hinterher und sah sich beim Seitenwechsel mit 12:15 im Hintertreffen.

Lars Christiansen "brillierte" zeitweise.

Die SG legte nach Wiederanpfiff einen energischen Zwischenspurt hin und wollte den Beweis antreten, nicht das gleiche Schicksal wie der THW teilen zu wollen. Aus einer nun kompakteren Abwehr, die mit Kasper Nielsen und Jan Thomas Lauritzen an Effektivität gewonnen hatte, startete der Favorit die Aufholjagd und hatte beim 17:17 (38.) erstmals den Ausgleich hergestellt.
Bis zum 22:22 (47.) lieferten sich die Kontrahenten einen offenen Schlagabtausch, bevor die SG eine doppelte Überzahl nutzte und sich bis auf 27:23 (53.) absetzte. Doch anstatt den berühmten Sack zuzumachen, verfiel die SG in alte Schwächen und im Handumdrehen war Minden wieder im Rennen um den Sieg. In einer an Spannung kaum zu überbietenden Endphase hatten beide Teams den Siegtreffer in der Hand, trennten sich am Ende aber gerechterweise mit einem Unentschieden.
Aus einer weiterhin auf Formsuche befindende SG-Mannschaft drängte sich außer Lars Christiansen kein Spieler wirklich auf. Im Gegenteil. Mit Marcin Lijewski und Blanzenko Lackovic enttäuschten ausgerechnet die Haupttorschützen auf ganzer Linie. SG-Trainer Kent-Harry Andersson meinte nach dem Duell: "Minden ist aus der Hinrunde nicht wieder zu erkennen und hat verdient einen Punkt geholt. Nach der EM sind wir noch nicht wieder da, wo wir waren. Es war schon besser als gegen Nettelstedt, aber noch nicht das, was wir können."