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83 Tore - Bundesliga-Rekord in Flensburg!

Kent-Harry Andersson musste grinsen, als er erfuhr, dass die Campushalle gerade das torreichste Spiel der Bundesliga-Geschichte erlebt hatte: „Was wir nicht alles für die Zuschauer tun!“ Er wusste natürlich genau, was der Hauptgrund für dieses kuriose Ergebnis war – die Taktik des Gegners. Die versuchten nämlich das Tempo mit einer offensiven Deckung, Gegenstößen und schneller Mitte regelrecht „brennen“ zu lassen. „Das Risiko kann ich nachvollziehen“, sagte Kent-Harry Andersson. „Während wir sehr müde waren, hatten die Kronauer richtig Lust auf Handball.“ Kein Wunder bei elf Tagen Spielpause! Allerdings diktierten die Hausherren stets das Protokoll, führten schnell mit 12:7. Immer als die Rhein-Neckar-Löwen vor allem aufgrund des überragenden Oleg Velyky heranrückten, unterliefen ihnen Fehler. Und die Abwehr, die zwischen 3:2:1, 4:2 oder 5:1 wechselte, war praktisch nicht existent. „Die Deckung war zwar ungewohnt für uns“, meinte Gäste-Trainer Juri Chevtzov, „mir waren es dennoch zu viele leichte Gegentore.“ Zu allem Überfluss verloren die „Kröstis“ schon 20 Minuten vor dem Abpfiff mit Dimitri Torgowanow nach der dritten Zeitstrafe einen wichtigen Mann. Dagegen legten die Flensburger, die mit Joachim Boldsen (!) am Kreis operierten, personell noch einmal nach. Christian Berge erlöste den erschöpften Glenn Solberg, entfachte Jubelstürme auf den Rängen und revanchierte sich mit fünf wichtigen Treffern. Übrigens: Auch das bisherige Rekordspiel fand in Flensburg statt. Am 1. März 2003 gewann die SG gegen Wallau-Massenheim mit 42:38.

Die Trainer-Stimmen:
Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Das war praktisch ein Spiel ohne Abwehr-Reihen. Kronau hat uns mit Gegenstößen und ständiger schneller Mitte überrascht. Nach so vielen schweren Spielen war das Gift für uns.“
Juri Chevtzov, SG Kronau-Östringen: „Ein Kompliment an beide Mannschaften, dass sie das Tempo 60 Minuten gehalten haben. Wir haben ein klein wenig mehr Fehler produziert.“

SG Flensburg-Handewitt: Kein Kreisläufer – aber Berge „The Best“

Setzte sich immer wieder durch: Blazenko Lackovic

Das war genau die richtige Einstimmung für das Weihnachtfest. Nach exakt 41 Minuten und acht Sekunden betrat Christian Berge das Parkett. Die Zuschauer auf den Sitzplätzen spendierten kräftig stehende Ovationen, die ganze Halle skandierte den Namen des Norwegers. „Ich hatte Gänsehaut“, sagte der glückliche Spielmacher. „Endlich wieder Handball in Flensburg!“ Die Fans wie auch Manager Thorsten Storm beobachteten aber „nicht nur eine emotionale, sondern auch eine sportliche Seite“ des Comebacks. Christian Berge steuerte fünf wichtige Treffer zum Sieg bei, fünf Mal dröhnte „Simply the Best“ von Tina Turner aus den Lautsprechern.
Kent-Harry Andersson war überglücklich, dass er mit Christian Berge eine unerwartete Alternative für Glenn Solberg auf der Bank hatte. Denn der andere Spielmacher hatte diesmal eine Sonder-Funktion. Joachim Boldsen musste als Kreisläufer ran. Der machte seine Sache gut, sodass die Bundesliga nicht in den Genuss eines weiteren spektakulären Comebacks kam. Auf der Bank saß nämlich der inzwischen fast 41-jährige Alt-Internationale Matthias Hahn. „Er war richtig glücklich, dass er nicht aufs Feld musste“, sagte Kent-Harry Andersson. „Das Tempo war enorm hoch.“
Das „Kreisläufer-Dilemma“ hatte für die Flensburger im Rückspiel gegen Zagreb begonnen. Michael V. Knudsen zog sich eine schwere Schädelverletzung zu. Gehirnerschütterung, Nasenbeinbruch, zwei angebrochene Zähne und eine sofort genähte Platzwunde im Augenbereich – der Däne sah aus wie ein „Box-Profi“. Die letzte Woche war nur Bettruhe angesagt. Das zweite Unglück ereignete sich in Magdeburg. SCM-Koloss Sigfus Sigurdsson fiel auf das linke Knie von Johnny Jensen. Eine Kernspintographie ergab, dass keine Schäden am Knorpel oder am vorderen Kreuzband aufgetreten sind – dass Innenband im Kniegelenk war aber gerissen. Sechs Wochen Pause! „Die Europameisterschaft ist in Gefahr“, erklärte Mannschaftsarzt Dr. Hauke Mommsen, „wenn Johnny Jensen die Verletzung komplett auskurieren möchte.“
Die Sorgenfalten im hohen Norden reduzierten sich auch nach dem Sieg gegen Kronau nicht. Kasper Nielsen klagte über eine Zerrung in der Wade. „Mir gehen die Abwehr-Spieler aus“, haderte Kent-Harry Andersson. Und das vor dem „Knaller“ gegen den VfL Gummersbach am heutigen Dienstag. Die Oberbergischen, die nach der Partie in Magdeburg direkt weiter in den Norden reisten, beobachten in kompletter Stärke die Partie. Ob der VfL auch auf Tempo-Handball setzt? 

SG Kronau-Östringen: Viele Hände zum Schütteln

Andrej Klimovets gastierte wieder in Flensburg.

Juri Chevtzov wunderte sich. Nach dem Spiel musste er kräftig Hände schütteln. Der Coach hatte am Freitag zwar seinen 46. Geburtstag gefeiert, doch die unverhoffte Glückwunsch-Welle galt vielmehr der Leistung seiner Mannschaft. „Okay“, sagte er den Gratulanten, „wir haben sehr gut gekämpft, aber verloren.“ Der routinierte Trainer weiß zu gut, dass man sich für nette Worte nichts kaufen kann. Auch nicht für das Motto „Wir wollen ein frecher Aufsteiger sein“, das Manager Uli Schuppler ausgegeben hatte. Letztendlich fehlten Kleinigkeiten, das letzte bisschen Cleverness, um die stabilste „Bundesliga-Festung“ (39 Heimsiege in Folge) zu zerstören.
Neben dem Trainer bekam noch ein zweiter „Krösti“ kräftig Hände gereicht. Andrej Klimovets, im Frühjahr an der dänischen Grenze praktisch aussortiert, war zurück in der Heimat. „Es ist für mich etwas Besonderes, nach Flensburg zu kommen“, sagte der 31-Jährige. „Ich habe hier noch viele Freunde.“ Man spürte, dass Emotionen mit ihm Spiel waren. Der gebürtige Weißrusse brauchte eine Weile, um in Schwung zu kommen. Dann war aber auch Flensburgs Manager Thorsten Storm überzeugt. Sein Urteil: „Andrej Klimovets ist ein Weltklasse-Kreisläufer.“