Stripes
Stripes
Archiv

Verflixter Kreis: Alle Last auf Boldsen

Die SG Flensburg-Handewitt wird auch morgen (17 Uhr) viel Herz brauchen, um im vorletzten Heimspiel des Jahres die „Rhein-Neckar-Löwen“ der SG Kronau-Östringen zu bändigen.
Stress, lass nach! Der Frohsinn von Trainer Kent-Harry Andersson nach dem erfolgreichen Kraftakt von Magdeburg (37:32) hat einen erheblichen Dämpfer bekommen. Nun geht auch noch Kasper Nielsen angeschlagen in die letzten Heimspiele des Jahres gegen die SG Kronau-Östringen morgen und zwei Tage später gegen den VfL Gummersbach. „Kronau kommt mit zwei Weltklasse-Kreisläufern, wir haben null“, stöhnt der Schwede, dem in Magdeburg mit Johnny Jensen auch der zweite Mann am Kreis binnen vier Tagen abhanden kam, nachdem sich zuvor Michael Knudsen verletzt hatte.
Zwar gab es für den am linken Knie verletzten Jensen nach einer Kernspintomographie leichte Entwarnung: Kreuzband und Knorpel sind intakt, „nur“ ein Innenbandriss nebst Kapselverletzung wurde diagnostiziert. Doch in diesem Jahr wird der Norweger nicht mehr spielen.

Johnny Jensen wird 2006 nicht mehr spielen.

Nielsen, neben Joachim Boldsen zweiter Notnagel für den Kreis, kann morgen allenfalls in der Abwehr spielen. Der dänische Modellathlet hat sich in Magdeburg einen Kapselriss am kleinen Finger der rechten Hand zugezogen, was man zwar prima tapen kann, die Ballkontrolle aber stark beeinträchtigt. Und ein Kreisläufer, der die Kugel nicht festhalten kann, steht auf ziemlich verlorenem Posten. „Wenigstens kennt Joachim das Kreisspiel von den Übergängen, die wir spielen“, sagt Andersson. Doch ob Boldsen, den eine Bänderdehnung plagt, die Rolle noch einmal so bravourös wie in Magdeburg spielen kann, ist fraglich.
„Psychologisch hat uns die Verletzung von Johnny im Spiel in Magdeburg einen Kick gegeben. Wenn er von Anfang fehlt, ist die Lage natürlich schwieriger“, meint SG-Manager Thorsten Storm, der den Gedanken an einen Blitztransfer schnell wieder verworfen hat: „Andreas Rastner war der Letzte, den man auf die Schnelle hätte holen können. Aber der ist ja nun in Hamburg.“
Da es auch für Knudsen eher trübe aussieht (siehe „SG intern“), wird in den kommenden drei Spielen wohl alle Last am Kreis auf Boldsen liegen. Höchstens phasenweise könnte ihn Goran Sprem (Andersson: „Vielleicht probieren wir das“) entlasten. So ist der Trainer froh, das durch die Rückkehr von Christian Berge wenigstens für Spielmacher Glenn Solberg kurze Ruhepausen möglich werden. Andersson warnt jedoch: „Wir dürfen die Erwartungen an Christian nicht übertreiben. Er hat zu lange nicht richtig Handball gespielt. Mehr als 10, 15 Minuten sind nicht drin.“

Kasper Nielsen (l.) kann wohl nur in der Abwehr eingreifen.

Aus dem Vollen kann dagegen Kronau-Coach Juri Chevtzov schöpfen, der mit dem ehemaligen Flensburger Andrej Klimovets und Dimitri Torgowanov über die eingangs erwähnten Weltklasseleute verfügt. Überhaupt sind die aus der Schatztruhe von Daniel Hopp, Sohn des Software-Milliardärs Dietmar Hopp, genährten „Kröstis“ alles andere als ein normaler Aufsteiger und nicht mehr mit dem Team zu vergleichen, das alle drei bisherigen Vergleiche mit den Flensburgern (zwei Mal Bundesliga 2003/04, einmal Pokal) verlor. Diesmal starteten sie mit einer 13000-Zuschauer-Halle („SAP-Arena“ Mannheim) durch und bieten mit Oleg Velykky, Andrej Siniak und Torjäger Mariusz Jurasik hochkarätiges Rückraumpersonal auf. Mit 17:11 Zählern steht der Tabellensechste im Plan, der Großangriff auf die Meisterschaft ist für die kommenden Jahre vorgesehen.
„Wir müssen zusammen mit unseren Fans in diesen beiden brutal schweren letzten Heimspielen des Jahres besondere Kräfte mobilisieren und ganz eng zusammenrücken. Mit drei Minuspunkten aus der Hinrunde herauszukommen — das wäre ein Riesending“, sagt Storm.

 

Auszug SG intern
Kein Risiko: Nach der Verletzung von Johnny Jensen wurde der Wunsch nach einer schnellen Rückkehr von Michael Knudsen noch dringender. Doch Teamarzt Dr. Hauke Mommsen musste die Hoffnungen enttäuschen: „Ich bin sehr skeptisch, ob er in diesem Jahr noch spielen kann. Bei Verletzungen des Bewegungsapparates machen wir schon mal Kompromisse, aber bei Schädelverletzungen gibt es keine Diskussion“, sagte der Mediziner. Knudsen, den es vor einer Woche gegen Zagreb übel erwischt hat Gehirnerschütterung, angebrochene Schneidezähne und Nasenbeinbruch) sieht immer noch aus „wie ein Boxprofi und nicht wie ein Handballer“ (Mommsen). In dieser Woche musste Knudsen strikte Bettruhe einhalten. Eventuell darf er am Wochenende mit leichtem Lauftraining beginnen. Die gebrochene Nase ist selbst für das letzte Spiel des Jahres bei Concordia Delitzsch noch ein Problem, da seit dieser Saison Gesichtsmasken streng verboten sind.
Den Fall Boldsen sieht Mommsen etwas entspannter: „Einen ,Normalverbraucher' würden ich mit so einer Bänderverletzung vier Wochen krank schreiben. Einen Profi bekommt man aber spielfähig. Es geht, aber es tut weh.“