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Kräfte mobilisieren

So nachdenklich und sorgenvoll gestimmt hat man Kent-Harry Andersson vor einem Pflichtspiel der SG Flensburg-Handewitt noch nicht gesehen, wie es in diesen Tagen der Fall ist. "Tja, da müssen wir eben durch und hoffen, dass alles gut läuft", atmete der schwedische Trainer tief durch und dachte dabei an die extrem angespannte Personal-Situation vor den beiden schweren Heimspielen gegen den frechen Aufsteiger SG Kronau-Östringen (Sonntag, 17 Uhr, 16.30 Uhr Live-Ticker) und gegen den Spitzenreiter VfL Gummersbach (Dienstag, 20 Uhr).
Ohne die verletzten Kreisläufer Johnny Jensen (Knie) und Michael V. Knudsen (Kopf), mit den angeschlagenen Kasper Nielsen (Finger), Joachim Boldsen (Fuß) und Marcin Lijewski (Rücken) und nach einem kräfteraubenden Programm von zuletzt vier Spielen in neun Tagen mit Reisen nach Zagreb und Magdeburg gegen einen bärenstarken Neuling antreten? "Ja, das wird unglaublich schwer, denn Kronau ist kein normaler Aufsteiger", bewertet Andersson das Debüt der "Rhein-Neckar-Löwen" in Flensburg, die locker und befreit antreten werden und am Heimnimbus der SG kräftig rütteln wollen.

Kent-Harry Andersson ist skeptisch.

Vor allem das Dilemma am Kreis treibt dem SG-Coach tiefen Sorgenfalten in die Stirn. "Stehen können dort viele, aber spielen können dort nur die wenigsten", lautet das knappe Urteil über aufkommende Alternativ-Vorschläge. Kasper Nielsen hatte seine ungewohnte Aufgabe als Knudsen/Jensen-Ersatz im Auswärtsspiel in Magdeburg zwar sehr gut gelöst. Nur hat sich der Däne eine Kapselverletzung am kleinen Finger der Wurfhand zugezogen und wird damit nur in der Abwehr zum Einsatz kommen können. "Ich plane mit einem Einsatz von Joachim Boldsen am Kreis über die volle Spielzeit", gab Andersson gestern entschlossen Aufschluss über seine Planungen. Der "Traktor" hat allerdings zwei "Schönheitsfehler" - er ist zum einen selbst angeschlagen (Kapselverletzung am rechten Fußknöchel) und ist zum anderen nicht gerade als Kreisläufer berühmt geworden. Weitere Kandidaten für den "Fall der Fälle" scheinen jedenfalls nicht unmittelbar in Reichweite zu sein. So sind selbst Junior-Team-Spieler wie Kai Blasczyk in den Gedankenspielen des Trainers eher ein theoretisches Thema.
Auf ein Comeback der besonderen Art dürfen sich die SG-Fans freuen. So ist Christian Berge nach seiner Krebsbehandlung aus Norwegen ins Team zurückgekehrt und brennt nach seinem gelungenen Debüt in Magdeburg nun auf sein Comeback in seinem "Wohnzimmer". Zuletzt hatte der Norweger im Heimspiel gegen Montpellier im März das Trikot der SG getragen. "Christian kann für zehn bis 15 Minuten Glenn Solberg entlasten. Das wird uns sicherlich sehr helfen", gewann Anderssons Gesichtsausdruck dann doch ein wenig an Entspanntheit und Freude.

Kasper Nielsen geht angeschlagen "ins Rennen".

Bei einem Blick auf die Aufstellung der Gäste und den gesammelten Eindrücken mehrerer Video-Aufzeichnungen der "Krösis" im Kopf gewann allerdings schnell eine ernste Miene wieder die Oberhand. "Sie haben mit Velyky, Siniak, Klimovets, Torgovanov, Jurasik, Gensheimer und Szmal sehr gute Leute. Da müssen wir in der Abwehr wieder sehr gut spielen und mit Tempo sie unter Druck setzen", fordert Andersson. Fast ein bisschen neidisch bleibt der Blick des 56-Jährigen bei den Namen Klimovets/Torgovanov hängen. "Sie haben zwei Super-Kreisläufer", gesteht Andersson und ist damit schnell wieder bei seinem größten Problem. Was würde der angespannte SG-Coach wohl für einen Spieler dieser Güte in der jetzigen Situation wohl nicht alles geben?
Klimovets hingegen hat sich nach seinem Abschied aus Flensburg sehr gut in Kronau eingelebt, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, den Sprung in die DHB-Auswahl geschafft und freut sich nun auf die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte.