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Bundesliga: Berge-Comeback – zweiter Sieg in Magdeburg

Handball-Experten wie Stefan Kretzschmar oder Bob Hanning wollten die SG Flensburg-Handewitt schon im Vorfeld des Knüllers in die Favoriten-Rolle drängen. In der Tat erwies sich der 37:32 (20:16)-Erfolg beim SC Magdeburg, der sich endgültig aus der Bundesliga-Spitzengruppe verabschiedete, als eine äußerst respektable Duftnote. Viele Hindernisse mussten die Nordlichter aus dem Weg räumen. „Wir gaben alles, was möglich war – zum Teil mehr als 100 Prozent“, strahlte der überragende Lars Christiansen.
Ein Unheil kommt selten allein. An diesen Spruch musste wohl auch Kent-Harry Andersson denken, als schon nach drei Minuten das SCM-Schwergewicht Sigfus Sigurdsson auf das linke Knie von Johnny Jensen fiel. Der „Handball-Gott“ sollte eigentlich 60 Minuten lang den Ausfall von Michael V. Knudsen kompensieren, doch nun war er froh, überhaupt zur Bank humpeln zu können. Mannschaftsarzt Dr. Hauke Mommsen verpasste ihm ein dickes Tape, doch einen weiteren Einsatz nach 15 Minuten musste Johnny Jensen schnell abbrechen. Ein Innenband-Riss kann nicht ausgeschlossen werden. „Das fühlte sich gar nicht gut an“, meinte der 33-Jährige, der am Mittwoch genauer untersucht wird, aber wohl vorzeitig in die „Weihnachtsferien“ geht.
Für den Rest der Partie waren Kasper Nielsen und der angeschlagene Joachim Boldsen (Fuß, Erkältung) gefordert, für Unruhe am gegnerischen Kreis zu sorgen. Zunächst allerdings sah es so aus, dass die Bördeländer das Zepter an sich reißen würden. Sie führten 13:11 (21.), während die SG in der Anfangszeit vor allem von den Halb-Positionen zu harmlos agierte. Nun war es Jan Holpert, der sich im Gehäuse immer mehr zum Rückhalt mauserte, während die Magdeburger plötzlich zu überhastet auftraten. Die Gäste rissen das Ruder um. „Wirklich beeindruckend“, staunte Bundestrainer Heiner Brand schon in der Halbzeit, „wie die Flensburger ohne etatmäßigen Kreisläufer zurechtkommen.“
Zu Beginn des zweiten Durchgangs nutzte die SG gleich eine doppelte Überzahl. Der Vorsprung wuchs auf 22:16, wenig später gar auf 25:18. Die Magdeburger warfen nun den letzten Rettungsanker, versuchten es mit einer 5:1-Abwehr. Das war kein falsches Rezept, denn Glenn Solberg und Marcin Lijewski wirkten nun müde. Die „Gladiators“ rückten auf 24:27 heran, die Bördelandhalle tobte.
In dieser Situation spielte SG-Coach Kent-Harry Andersson den schönsten „Trumpf“ des Tages aus. Nach exakt neun Monaten (32:19 gegen Montpellier) feierte Christian Berge in der 44. Minute sein Comeback – und zwei Minuten später zappelte der Ball bereits im Netz. Das wichtige 28:24 war ein toller Einstand, die SG geriet nun endgültig auf die Siegerstraße.
Neben dem tollen Comeback von Christian Berge glänzte der „Stern“ von Lars Christiansen ganz besonders. Der Nachwuchs lässt zwar weiter auf sich warten, aus der Konzentration lässt sich der Linksaußen aber nicht bringen. 14 Mal warf er auf das Tor, 14 Mal holten die SCM-Keeper den Ball aus dem Netz. „Wenn man Handball spielt“, sagte Lars Christiansen, „bin ich immer hundertprozentig konzentriert.“ Wie im letzten Jahr hatte der Goalgetter in Magdeburg einen sensationellen Tag erwischt.
Kent-Harry Andersson ging mit einem Schmunzeln in Richtung Kabine. „Jetzt haben wir mit Boldsen und Nielsen zwei neue Kreisläufer“, sagte der Schwede. „Man muss ja mal etwas Neues ausprobieren“, konterte Kasper Nielsen. Keine Frage: Die Laune bei der SG war prächtig. Alle wussten: Zwei Punkte in Magdeburg sind „Big Points“.
Übrigens: Bis zu 700 000 Zuschauer verfolgten die Partie im DSF. Damit stellte das DSF einen neuen Saison-Rekord auf. Im Schnitt verfolgten 440 000 Zuschauer die Partie, was einem Marktanteil von 2,4 Prozent in der Zielgruppe bedeutete.

Johnny Jensen schied frühzeitig aus.

SC Magdeburg – SG Flensburg-Handewitt 32:37 (16:20)
SC Magdeburg: Bitter (11 Paraden), Heinevetter (22.-28., 50.-52.) – Tkaczyk (5), Bielecki (8), Sprenger, Theuerkauf (2), Stiebler, Grafenhorst, Atlason (2), Abati (4/3), Kuleschow (3), Vugrinec (4), Sigurdsson (4)
SG Flensburg-Handewitt: Beutler (bis 12., bei einem 7m, 3 Paraden), Holpert (16 Paraden) - Solberg (4), Lackovic (5), Nielsen (3), Berge (2), Jensen, Christiansen (14/5), Stryger (6), Lijewski (2), Boldsen (1), Kos
Schiedsrichter: Andler/ Andler (Remseck/ Stuttgart); Zeitstrafen: 8:0 Minuten (Vugrinec 2, Stiebler 2, Sigurdsson 2, Heinevetter 2); Siebenmeter: 3/3:5/5; Zuschauer: 7500 (ausverkauft)
Spielverlauf: 0:1 (1.), 2:1 (5.), 4:3 (8.), 5:6 (10.), 7:6 (13.), 8:9 (15.), 11:9 (18.), 13:11 (21.), 13:15 (25.), 15:18 (28.) - 16:22 (32.), 18:25 (37.), 22:26 (41.), 24:27 (45.), 24:29 (47.), 26:32 (51.), 27:35 (52.), 29:35 (54.), 30:37 (57.)

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