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Filip Jicha: Handball, Eishockey und Bier

Hat sofort eingeschlagen: Filip Jicha. Fotos: Paul Cohen

Filip Jicha zählt zu den wenigen Handballern, denen der Ruf des Jahrhundert-Talents nacheilt. In der Tat ist der 23-jährige Tscheche, der im Sommer beim TBV Lemgo anheuerte, ein Rohdiamant mit extremen Potenzial. Dank seiner Beweglichkeit und Schnelligkeit hätte er aber auch Eishockey-Star werden können. Trotz seiner großen Fähigkeiten bezeichnet er sich aber als faul und trinkt – er stammt aus Pilsen – gerne mal ein Bier.
Filip Jicha spielte zwei Jahre lang beim Schweizer Erstligisten St. Otmar St. Gallen. Umworben von zahlreichen Vereinen wechselte er damals zu den Eidgenossen, weil ihm die familiäre Umgebung des Vereins Eindruck gemacht hatte. „Ich wurde nie enttäuscht“, sagt das Rückraum-Ass. „Ich habe mich in der Ostschweiz sofort wohl gefühlt.“ Doch dann lockte der TBV Lemgo. Der Ehrgeiz trieb ihn an. „Ich will Olympiasieger, Weltmeister, Gewinner der Champions League werden“, zählt der Tscheche auf. „Deshalb muss mein sportlicher Weg weitergehen. Es war schon als Jugendlicher ein Traum, in der Bundesliga bei einem großen Verein zu landen.“

In Ostwestfalen hat sich Filip Jicha gut eingelebt. Von seinem neuen Umfeld wird er als ein sehr sozialer und menschlicher Typ mit hohen Qualitäten geschätzt. Dabei wird seine Art, stets gute Stimmung zu verbreiten, besonders geschätzt. So beschreibt sich der Pilsner selber als einen lustigen, spaßigen und fröhlichen Typen. „Der Sport muss auch Spaß sein“, schmunzelt er. „Er darf keine todernste Angelegenheit sein. Ohne Freude sind auch keine außerordentlichen Leistungen möglich.“ Etwas verloren gegangen war Filip Jicha die Freude bislang nur nach der Weltmeisterschaft in Tunesien. Zunächst kam er wegen Krankheit nur bedingt zum Einsatz, dann zwang ihn eine Brustmuskel-Verletzung zu einer mehrwöchigen Pause.
Der für seine 201 Zentimeter Größe und sein Gewicht von 105 Kilogramm außerordentlich schnelle, wendige und bewegliche Ausnahme-Handballer sucht abseits des Handballfeldes die Ruhe. Diese findet, wenn er an seinem Laptop sitzt oder stundenlang liest. „Ich bin von Biographien verschiedenster Personen und Persönlichkeiten fasziniert“, erzählt Filip Jicha. So setzt sich Filip Jicha auch mit ganz verschiedenen Mentalitäten und Menschen auseinander. Er forscht, sinniert, studiert und macht sich sein ganz persönliches Bild. „Das war auch ein Grund dafür, weshalb ich ein halbes Jahr in Katar Handball gespielt habe“, berichtet der 55-fache tschechische Nationalspieler. „Diese Erfahrung, mit Kameraden zusammen zu sein, die eine völlig andere Weltanschauung haben, möchte ich nicht missen.“
Seine Tage in der Schweiz waren im Sommer gezählt. Filip Jicha wechselte zum TBV Lemgo. Er war von vielen Klubs umworben Als Lemgo anklopfte, habe er einfach nicht mehr „Nein“ sagen können. In Deutschland wird er ein Mehrfaches von dem verdienen, was ihm St. Otmar zahlen kann. Der noch bis 2007 laufende Vertrag in der Schweiz wurde aufgelöst. Die Klubleitung hatte Verständnis: „Wir können einem solchen Spieler den Weg nicht verbauen.“ Fynn Holpert, Manager des TBV Lemgo, war über dieses Entgegenkommen glücklich: „Filip Jicha kann mit seinem Talent und seinem Ehrgeiz einmal zu den besten Handballern der Welt gehören.“ Diese Einschätzung scheint zu stimmen. Der Tscheche gehört auf Anhieb zu den besten Torschützen der Bundesliga.