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Arbeitssieg für Flensburg

Der Mannschaftsbus der SG Flensburg-Handewitt stand direkt vor dem Seiteneingang der Campushalle. Gleich nach Spielschluss sollte es ins dänische Aarhus zu einem internen Team-Abend gehen. In großer Erwartungshaltung startete der Favorit furios in die Partie. Die ersten acht Angriffe saßen – es hieß 8:4. Die 6:0-Abwehr der Wetzlarer wusste nicht, wie ihr geschah. „Wir sind zu viel gelaufen und haben unsere Positionen zu oft verlassen“, übte Lars Kaufmann, der diesmal im Mittelblock stand, Selbstkritik. „Zwei bis drei Mal kreuzen – und wir waren ausgespielt.“ Ein Torwartwechsel brachte die Hessen aber zurück ins Match. Valter Matosevic parierte sofort zwei Bälle. Binnen zwei Minuten glichen die Gäste aus und profitierten immer wieder davon, dass auch die Flensburger in der Defensive nicht konsequent genug zur Sache gingen. Bis zum 21:24 nach der Pause blieb die HSG auf Tuchfühlung. Lars Kaufmann oder Gregor Werum hätten sogar weiter verkürzen können, scheiterten aber an Jan Holpert. Die größeren Alternativen auf der Bank gaben schließlich den Ausschlag für den Favoriten. Es war aber keine Ruhmestat, mit der die SG-Akteure zum Abend-Programm aufbrachen. „Wir werden nicht um die Häuser ziehen“, kündigte SG-Manager Thorsten Storm daher an. „Vielmehr geht es darum, sich als Mannschaft weiterzuentwickeln.“ 

Die Trainer-Stimmen:
Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Das war nicht mehr als ein Arbeitssieg. Wenn wir am nächsten Wochenende in Zagreb bestehen wollen, müssen wir uns in der Abwehr und im Rückzugsverhalten steigern.“
Dragan Markovic, HSG Wetzlar: „Wir wollten meinen Freund Kent-Harry Andersson ärgern – das ist uns gelungen. Unzufrieden bin ich aber mit unserer Abwehr. Dort standen wir zu brav.“

SG Flensburg-Handewitt: Die Probleme der Reservisten

Michael V. Knudsen kam von Anfang an zum Zug.

Trainer zu sein ist nicht leicht. Selbst dann nicht, wenn man über einen großen Spielerstamm verfügt. Diese Erfahrung macht gerade Kent-Harry Andersson in Flensburg. Dort mucken nämlich derzeit einige Akteure auf, die auf ihren Positionen nur an zweiter Stelle stehen. Beispielsweise Goran Sprem, der auf Linksaußen immer den Schatten von Lars Christiansen spürt. So kommt es schon mal vor, dass der kroatische Olympiasieger 60 Minuten lang auf der Bank sitzt. Der 26-Jährige, der einen Vertrag bis 2008 bei der SG besitzt, ist mit seiner Rolle nicht ganz glücklich.
„Wir warten bis Ende Dezember ab“, kündigt SG-Manager Thorsten Storm an. „Bis zu diesem Zeitpunkt möchte sich Goran Sprem entscheiden, ob er neben Lars Christiansen ein weiteres Jahr mit weniger Spielanteilen zufrieden wäre.“ Der Kroate wird aber wohl nur ein hochkarätiges Angebot annehmen. „Ohne Perspektiven im Mittelfeld spielen“, sagt er, „muss ich mir nicht antun.“ Einen Nachfolger hätte die SG bereits in der Hinterhand: Anders Eggert (GOG Svendborg TGI).

Sechs Tore in 30 Minuten: Marcin Lijewski

Ebenfalls nicht zufrieden ist Igor Kos. Der Linkshänder kann sich zwar nicht über fehlende Einsatz-Zeiten beklagen, tritt aber fast gar nicht auf seiner angestammten Rückraum-Position in Erscheinung. Stattdessen springt er immer wieder auf Rechtsaußen ein, wo Sören Stryger derzeit über viel Verletzungspech klagt. Igor Kos kann sich mit diesem Rollentausch nur schwer anfreunden: „Als Flügelspieler bin ich doch zu groß und zu schwer.“ So erscheint seine Zukunft noch ungewiss, der Vertrag läuft am Saisonende aus.
Kasper Nielsen besitzt zwar einen Kontrakt bis 2007, aber auch er wird im Sommer bilanzieren. Während der Däne in der Champions League öfter seinen „Hammer“ herausholen durfte, wundert er sich über die magere Statistik in der Bundesliga. „Ich durfte in der ganzen Serie vielleicht nur 15 Mal auf das Tor werfen“, sagt Kasper Nielsen. „Handball ist nur schön, wenn man auf dem Spielfeld steht.“ Zudem befürchtet er, aufgrund dieser Abstinenz die letzten Chancen zur Rückkehr ins dänische Nationalteam einzubüßen. Kent-Harry Andersson hat Verständnis für seine unzufriedenen Akteure. „Es wäre nicht gut, wenn Handballer, die nur wenig spielen, damit zufrieden wären.“ Eine Erkenntnis, die das Trainerleben allerdings auch nicht einfacher macht.  

HSG Wetzlar: Advents-Überraschungen

Dragan Markovic überraschte die SG.

Es roch alles nach einem Desaster. Zunächst dauerte die Anreise am Freitag wegen dem Schnee-Chaos satte 13 Stunden, dann meldeten sich zwei wichtige Abwehr-Akteure ab. Robert Sighvatsson laboriert noch immer an einer Zerrung, während Neuzugang Damir Radoncic aufgrund von Rückenschmerzen passen musste. Am Samstagmorgen hellte sich die Miene von Dragan Markovic aber auf. Er hatte sein Team zur „Generalprobe“ in der Flensburger Campushalle gebeten. „Eine schöne Spielstätte“, dachte sich der Trainer und feilte an einer „schönen“ Überraschung. Christian Caillat stürmte auf Linksaußen. „Ich glaube“, so Dragan Markovic zufrieden, „das kam ziemlich unerwartet.“ Der Franzose, vor wenigen Wochen noch der „Buhmann“ bei der HSG, erfüllte seine Aufgabe gut, musste dann aber wegen einer Ellbogen-Prellung das Spiel beenden.
Die Wetzlarer hatten noch eine zweite Überraschung für die Gastgeber parat. Unter der Woche hatte sich die Andersson-Truppe auf eine offensive Deckung vorbereitet. Ein Blackout wie in Hamburg sollte sich nicht wiederholen. Doch die Hessen agierten im schlichten 6:0-Verband. Aus Verlegenheit. „Wir haben nicht die richtigen Leute für eine offensive Abwehr“, erklärte Dragan Markovic. „Außerdem wäre eine solche Deckung für unsere schmale Bank zu kraftraubend gewesen.“