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Den Sieg verschenkt

Die Chance war riesengroß, nutzten konnten sie die SG Flensburg-Handewitt allerdings nicht. Gemeint ist der Meisterschafts-Auftritt der SG beim HSV Hamburg, an dessen Ende ein gerechtes 27:27 (14:12)-Unentschieden heraussprag. Zu wenig für die Gäste, die im Titel-Rennen gegen Spitzenreiter VfL Gummersbach damit einen Rückschlag erlitten. "Das darf nicht passieren", ärgerte sich Rückraum-Spieler Marcin Lijewski, der mit sechs Toren neben Blazenko Lackovic und Joachim Boldsen zu den besten Torschützen des Vizemeisters gehörte.

Marcin Lijewski: "Das darf nicht passieren"

Gemeint hatte der polnische Nationalspieler die Schlussphase, in der seine Mannschaft vor der Rekordkulisse von 11000 Zuschauern eine komfortable 25:20-Führung (48.) verspielte und am Ende mit dem entscheidenden Gegentreffer durch den Neu-HSVer Andreas Rastner mit einem Punktverlust bestraft wurde. "Eigentlich war es sehr gut gelaufen für uns, wenn die letzten zehn Minuten nicht gewesen wären. Da haben wir im Angriff einfach nichts mehr hinbekommen", befand auch SG-Keeper Dan Beutler. Der agile Schwede hatte mit einer großartigen Vorstellung selbst die Voraussetzung dafür geschaffen, damit seine Mannschaft nach drei vergeblichen Anläufen erstmals in einem Bundesliga-Spiel die ColorLine-Arena als Sieger hätte verlassen können. Hätte!
Dass es aus dem ersten Auswärtssieg im Hamburger Handball-Tempel wieder einmal nichts wurde, lag zum einen an einer Energieleistung des HSV, der sich im Gegensatz zu den Gästen noch einmal zu steigern wusste und vor allem in der Defensive über sich hinauswuchs. Zum anderen hatten die Gäste gegen die harte Deckungs-Arbeit des HSV kein probates Mittel. "Wir haben heute das Glück erzwungen", schmunzelte HSV-Geschäftsführer Dierk Schmäschke nach dem Husarenstreich gegen seinen "alten Klub". Aber nicht nur mit Schmäschke hatte ein ehemaliger SGer allen Grund zur Freude. Mit Torwart Henning Wiechers durfte sich ein weiterer Ex-SG-Spieler als "Vater des Punktgewinns" fühlen. Wiechers, der Mitte der 90er Jahre Stammtorwart in der zweiten SG-Mannschaft war, kassierte nach seiner Einwechslung in der 48. Spielminute (Spielstand 20:25) nur noch zwei Gegentreffer und hatte damit großen Anteil an der erfolgreichen Aufholjagd. "Wir hatten ja eigentlich schon verloren, haben uns dann aber noch einmal wieder ins Spiel gekämpft und wurden dafür belohnt", strahlte der Keeper.

Glenn Solberg hatte einen schweren Stand gegen die HSV-Deckung.

Sein Trainer Martin Schwalb kam nach dem nervenaufreibenden Nordderby zu der Erkenntnis, das "man nie den Glauben an sich verlieren darf", nur dann hätte man "immer eine Hand am Sieg". Schwalb lobte neben der tadelosen Einstellung und der aufopferungsvollen Abwehrarbeit besonders Torsten Jansen, der ebenfalls maßgeblichen Anteil am Spielausgang hatte. "Ich hätte nie gedacht, dass Toto nach seiner langen Verletzungspause so lange zum Einsatz kommen kann. Er hat uns vor allem in der Abwehr sehr geholfen." Das gelungene Comeback des deutschen Nationalspielers sah auch Gäste-Trainer Kent-Harry Andersson als "Knackpunkt" an. Zwar hatte der Schwede mit der offensiven 3:3-Abwehr des HSV gerechnet, nicht aber mit einer Bravourleistung Jansens als "Wellenbrecher". "Er hat sehr effektiv unseren Spielmacher gestört. Das war entscheidend", befand Andersson.
Neben Jansen verdiente sich aber auch Andreas Rastner Bestnoten. Der 37-jährige Kreisläufer gab als Ersatzmann für den verletzten Bertrand Gille ein überaus gelungenes Heimdebüt und krönte seine brilliante Vorstellung mit dem entscheidenden Treffer zum 27:27-Ausgleich. Mit einem Unterhandwurf überwand Rastner SG-Keeper Dan Beutler eine Sekunde vor dem Abpfiff und verwandelte die ColorLine-Arena endgültig in ein Tollhaus.