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Champions League: Revanche geglückt - Halbfinale verpasst

Es gibt historische Spiele – das Viertelfinale in der Champions League war sicherlich eines. Die SG Flensburg-Handewitt war drauf und dran gegen den französischen Meister Montpellier HB den satten Rückstand aus der ersten Partie wettzumachen. Doch ein direkt verwandelter Freiwurf von Grégory Anquetil rettete die Gäste. Am Ende hatte die SG zwar ein stolzes 32:19 (17:11) errungen, verabschiedete sich allerdings als letzter Bundesligist aus der laufenden Königsklasse. Das „Projekt 15“, von Trompeter Nils Weißenberg vor dem Anpfiff angestimmt, war nur ganz knapp gescheitert.
Während die Franzosen blitzschnell eine Jubeltraube bildeten und den „Kunstschützen“ unter sich begruben, gingen die klaren Sieger der zweiten Partie mit ihrer anfänglichen Enttäuschung sehr unterschiedlich um. Lars Christiansen lenkte sich mit dem Schreiben von Autogrammen ab, Christian Berge fluchte. Dagegen schritt Joachim Boldsen erhobenen Hauptes durch die Katakomben. „Letzten Sonntag war es viel schlimmer“, erzählte der Däne. „Jetzt bin ich stolz, mit meiner Mannschaft so eine Leistung geboten zu haben.“ Ähnlich sah es Trainer Kent-Harry Andersson: „Man ist traurig und zufrieden zugleich. Vor der Partie hätte niemand geglaubt, dass wir noch so dicht am Halbfinale kratzen.“
Klasse Leistung, klasse Zuschauer – so ließen sich die 60 Minuten auf einen kurzen Nenner bringen. Es war wohl niemand in der Halle, der diesen Handball-Krimi in den nächsten Jahren vergessen wird. Schon in den ersten Minuten verdeutlichte die SG, dass sie alles für ein Wunder geben würde. Der Biss in der Abwehr stimmte, so dass der Funken auf die Ränge übersprang. Vor allem Lars Christiansen traf nach Belieben. Allein drei Mal bis zum 4:0 nach sieben Minuten.
Die Franzosen (Patrice Canayer: „Die Mannschaft war auf ein hartes Match vorbereitet“) hatten ihre Souveränität in Frankreich gelassen. Trotz mehrfacher Rotation im Rückraum fanden sie kein Mittel gegen die 6:0-Abwehr der SG, die auch ohne Glenn Solberg größte Stabilität ausstrahlte. Einziger Nachteil: Die Defensive provozierte dabei etliche Zeitstrafen. Marcin Lijewski musste schon unmittelbar vor der Pause nach der dritten Hinausstellung vorzeitig zum Duschen.

Der entscheidende Treffer von Grégory Anquetil.


Doch von diesem Handicap ließ sich die SG an diesem Tag nicht aus dem Konzept bringen, zumal Torwart Jan Holpert mit einer Quote von 50 Prozent für zusätzliche Sicherheit sorgte. Spätestens fünf Minuten vor Schluss hatte die „Hölle Nord“ kein Zweifel mehr am Wunder. Rund eine Minute vor Schluss stieß Christian Berge mit seinem zweiten Tor zum 32:18 die Tür zum Halbfinale ganz weit auf.
Im nächsten Angriff kassierte Andrej Klimovets zwar eine Zeitstrafe, Montpellier antwortete aber nur mit einem Fehlpass. Die offene Manndeckung sollte die Gäste vor dem „Knockout“ bewahren. Zwölf Sekunden vor Ultimo ahndeten die ungarischen Referees ein passives Spiel und verwiesen auch Christian Berge, der unglücklich auf dem Ball liegen geblieben war, des Feldes. Mit einem siebten Feldspieler nahm Montpellier einen letzten Anlauf, der eine Sekunde vor dem Abpfiff ins Leere zu laufen schien. „Thorsten Storm und ich lagen uns in den Armen“, erinnerte sich Kent-Harry Andersson, „ein Schiedsrichter ging bereits zur Mitte.“ Die Jubelszenen mussten aber unterbrochen werden. Es gab noch einen letzten Freiwurf. Das Ende ist bekannt: Grégory Anquetil fand aus ungünstigem Winkel den Weg an der Mauer vorbei. Sein einziger Treffer an diesem Nachmittag. „Es ist wirklich tragisch, so auszuscheiden“, sagte ein enttäuschter SG-Geschäftsführer Thorsten Storm, der aber zugleich von den 60 Minuten Handball-Kult schwärmte: „Das war das Beste, was ich hier bislang gesehen habe.“

Am Ende jubelte nur Montpellier.

 

 

SG Flensburg-Handewitt – Montpellier HB 32:19 (17:11)
SG Flensburg-Handewitt: Holpert (19 Paraden) – Palmar, Lackovic (5), Berge (2), Jensen (1), Christiansen (14/6), Klimovets (1), Stryger (3), Lijewski (2), Boldsen (4)
Montpellier HB: Omeyer (1 Parade), Karaboue (9 Paraden) – Kabengele, Junillion (2), Karabatic (4), Anquetil (1), Puigsegur (1), Dole, Golic, Guigou (4/1), Juricek (2), Zuzo, Bojinovic (5)
Schiedsrichter: Kekes/Kekes (Ungarn); Zeitstrafen: 16:14 Minuten (Lijewski 6, Klimovets 4, Boldsen 4, Lackovic 2 - Junillon 6, Bojinovic 2, Anquetil 2, Puigsegur 2, Guigou 2); Rote Karte: Bojinovic (60., Unsportlichkeit); Siebenmeter: 6/6:2/2; Zuschauer: 6200
Spielfilm: 4:0 (7.), 6:4 (13.), 8:7 (16.), 13:7 (22.), 15:8 (25.), 17:9 (28.) – 19:13 (34.), 21:13 (35.), 22:15 (39.), 26:15 (44.), 28:18 (51.), 32:18 (59.)

 

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