Stripes
Stripes
Archiv

Flensburger Frühaufsteher hellwach

Das erste Etappenziel  in der Champions League ist in Sichtweite. Dank eines 39:27 (21:12)-Erfolges bei Banik Karvina kann die SG Flensburg- Handewitt für das Achtelfinale  planen. Zudem ist dem deutschen Meister (7:1 Punkte) in den abschließenden zwei Spielen der wichtige Platz eins in der Gruppe H kaum noch zu nehmen.Karvina Holger PetersenDa war es wieder, dieses schelmische Grinsen, das Kent-Harry Andersson aufsetzt, wenn er zufrieden und glücklich ist. Für einige Sekunden war in der Miene des Trainers der SG Flensburg-Handewitt sogar ein kleines Strahlen auszumachen. Was allerdings keine Folge des zweitägigen Aufenthaltes im Hotel *Atom" war. Nein, es war vielmehr das Ergebnis auf der Anzeigetafel in der Stadtsporthalle Karvina, das dem 55-jährigen Schweden vorzüglich schmeckte - fast so gut wie der Pfefferkuchen, den er tags zuvor bei IKEA in Ostrau genüsslich verspeist hatte. Karvina 27, Flensburg 39. "Jetzt sieht es ganz gut aus mit dem Gruppensieg", sagte Andersson in seiner bekannt zurückhaltenen Art.

Johnny Jensen: "100 Prozent Abwehr"

Wohl war. Mit einem Erfolg gegen Tatran Presov (5:3 Punkte) am kommenden Sonntag im "Heimspiel" in Hadersleben hätte die SG (7:1) Platz eins sicher und würde somit wahrscheinlich einem hochkarätigen Gegner im Achtelfinale aus dem Weg gehen.
Einen hochkarätigen Gegner stellten die oberschlesischen Gastgeber, immerhin sechsfacher tschechischer Meister, wahrlich nicht dar. Wie ihr Vereinsname Banik ("Bergbauarbeiter") es schon treffend aussagt: In der 46000 Einwohner zählenden Industriestadt ist harte Maloche angesagt. Auch im Handball, wenngleich mit beschränkten  Mitteln.
Dennoch: Um nicht auswärts eine weitere Bauchlandung wie in Hamburg oder Presov hinzulegen, musste der Favorit  früh aufstehen. Im wahrsten Sinne des Wortes. "Dobre jitro" (Guten Morgen) hieß die Begrüßung, als der Gast aus Deutschland am Sonntag um 9 Uhr  die alte, mit 2000 Zuschauern besetzte Halla Helessa betrat.
Beim Warmmachen etwas schläfrig, im Spiel dann hellwach - so präsentierte sich der Vorjahresfinalist beim tschechischen  Meister. "Die erste Halbzeit war mit das beste, was wir bislang in dieser Saison in der Deckung gezeigt haben", meinte Andersson. Seine Schützlinge kamen nur in den ersten 15 Minuten - nicht nur wegen der in Karvina herrschenden sommerlichen 20 Grad - ins Schwitzen.  Danach hatten sie das Zepter und den Gegner fest in der Hand . "Das war heute 100 Prozent Abwehr", meinte Linksaußen Lars Christiansen. Zusammen mit den beiden anderen "Tempogegenstößlern" Goran Sprem und Sören Stryger (zusammen 22 Tore) lief er die Hausherren in Grund und Boden. Von 8:7 (16.) zog die SG unwiderstehlich auf 17:8 (25.) davon. In dieser Phase spielten die Bergbauarbeiter unterirdisch und stießen bei der Flensburger 6:0-Deckung auf Granit.
"Das war schon sehr gut, was meine Vorderleute heute geboten haben", freute sich Torhüter Jan Holpert, der übrigens das erste Mal in seiner langen SG-Karriere als einziger Deutscher im Kader stand. Beim Gang in die Pausenkabine gab es dann sogar Applaus vom tschechischen Publikum.
Dieses hatte auch im zweiten Durchgang wenig Gelegenheit, der eigenen Mannschaft Beifall zu klatschen. Zu dominant trat die SG auf. Ein zweites Presov, als die Flensburger einen Sieben-Tore-Vorsprung verspielten, gab es nicht. Über 24:15 (36.) und 28:16 (42.) steuerten sie einem souveränen Sieg entgegen. "Karvina hatte heute null Chance", sagte Johnny Jensen, der vor der Verlängerung seines auslaufenen Vertrag bei der SG steht.
Am Ende hieß es 39:27 - ein schönes nachträgliches Geschenk für Betreuer Holger Kühl, der am Freitag Geburtstag gefeiert hatte. Die nächste Party lässt nicht lange auf sich warten. Im Pokalspiel am Mittwoch in Schwerin soll wieder die "Post" abgehen. Anwurfzeit: 19.30 Uhr. Kein Wecker, der um 6.30 Uhr schrillt, keine neunstündige Anreise. Da strahlt nicht nur Kent-Harry Andersson.