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Weg der kleinen Schritte aus dem Tief

Es sind ungewöhnliche Zeiten, die die SG Flensburg-Handewitt derzeit durchlebt. Obwohl die Saison mittlerweile seit vier Wochen in vollem Gange ist, wirkt der Handball-Bundesligist gehemmt, lässt die Souveränität und Spielfreude des Vorjahres weitestgehend vermissen. Eine erneute Kostprobe der "Instabilität" lieferte der Deutsche Meister im jüngsten Heimspiel gegen den TV Großwallstadt. Mit 32:27 (14:11) entschied der Favorit das Duell gegen den abstiegsbedrohten TVG zwar standesgemäß zu seinen Gunsten, überzeugen konnte die SG allerdings wieder einmal nicht.
"Es war eigentlich ein ganz gutes Spiel, in dem beide Mannschaften Handball spielen wollten. Nach unserer Leistung in Presov war dies ein Schritt in die richtige Richtung", fasste SG-Trainer Kent-Harry Andersson zusammen. "Allerdings", so der Schwede weiter, "herrscht in Flensburg eine hohe Erwartungshaltung. Alle Spieler müssen daher noch besser spielen und
können es auch."
Das geforderte Kriterium erfüllten am Mittwochabend eigentlich nur zwei SG-Spieler - Jan Holpert und Blazenko Lackovic. Während der Begriff Leistungsteigerung auf "Mr. Zuverlässig" im SG-Tor nicht passte, da Holpert seit Saisonbeginn konstant gute "Arbeit" abliefert, verdiente sich sein kroatischer Mitspieler erstmals Spitzennoten. Von Spiel zu Spiel offenbart der Weltmeister und Olympiasieger ein bisschen mehr von seinem Riesen-Potenzial und schwang sich gegen den harmlosen TVG sogar erstmals zum Matchwinner auf.
Mit der Einwechslung des 24-jährigen Neuzugangs in der 13. Minute erlebte der zuvor plan- und harmlos agierende SG-Angriff Tempobelebung und gewann zudem deutlich an Torgefahr. "Ich freue mich sehr für Blanzenko. Er kommt immer besser ins Spiel und war heute unser bester Mann", verteilte Andersson ein Sonderlob an den neunfachen Torschützen.

Spannendes Duell: Lichtlein gegen Christiansen

Seine ausgesprochenen Torjäger-Qualitäten stellte der 1,97-Meter-Mann allerdings nicht nur von seinem Stammplatz in linken Rückraum aus unter Beweis. Nachdem mit Lars Christiansen und Sören Stryger die etatmäßigen Siebenmeter-Schützen mehrfach am überragenden TVG-Keeper Carsten Lichtlein gescheitert waren, schnappte sich der Kroate den Ball. Im Sinne von "kurzen Prozess" überwand Lackovic den in der Liga als "Siebenmeter-Killer" gefürchteten Lichtlein und wies damit seinem Team den Weg zum Erfolg.
Zweifel am Ausgang der Partie war den 6000 Fans zwar zu keinem Zeitpunkt richtig aufgekommen, allerdings rieben sich nicht wenige Zuschauer verwundert die Augen. Vor allem in der ersten Halbzeit hatten die Gastgeber schließlich eine Berg- und Talfahrt hingelegt, die in keinster Weise an die Topleistung der letzten Saison erinnerte. Nach 1:3-Rückstand mühte sich die SG über den 4:4-Ausgleich zur ersten Führung. Doch auch das 6:4 (17.), 9:5 (21.) und 11:7 (26.) verhalf nicht zur Stabilität. Permanent durch SG-Fehler begünstigt nutzte Großwallstadt hingegen die sich bietenden Chancen und blieb nach dem 11:14-Pausenrückstand bis zum 19:20 (41.) dran.
Dazu Manager Thorsten Storm: "Man hat auch heute wieder gesehen, dass es noch nicht rund läuft bei uns. Die Mannschaft braucht noch Zeit um sich zu finden. Wir brauchen Ruhe um das Team richtig aufzubauen. Aber Lackovic hat ja heute gezeigt, wie wertvoll er für uns sein wird. Das stimmt uns zuversichtlich."
Lediglich einem kleinen Zwischenspurt über die Zeitspanne von fünf Minuten hatten es die Gastgeber zu verdanken, dass ein Stichwort wie "Punktverlust" überhaupt erst gar nicht aufkam. Gestützt auf das überragende Duo Holpert/Lackovic erwischte die SG einen Lauf und setzte sich schwung- und tempovoll über 20:19 (42.) auf 26:19 (47.) entscheidend ab. In dieser kurzen Phase präsentierten sich die Hausherren in blendender Verfassung und alles klappte reibungslos wie am Schnürchen.
Es folgte, was zu befürchten war. Statt souverän im Stile einer großen Mannschaft das Duell mit dem unterlegenen Gast aus dem Frankenland zufriedenstellend zu beenden, riss der Faden erneut. Beim 30:26 (58.) zogen sich die SG-Handballer ein weiteres Mal den Unmut ihrer treuen Fans zu. Entsprechend gedämpft viel der Jubel nach dem Schlusspfiff aus. Intergration der Neuzugänge, Aufmunterung und Stärkung des Selbstvertrauens und Rückkehr zur alten Spielstärke lauten die Ziele, die Kent-Harry Andersson schnellstmöglich mit seinem "angeschlagenen Meisterteam" erreichen will und wohl auch muss.
Für den nächsten Schritt aus dem Leistungstief heraus scheint sich am kommenden Wochenende auch ein idealer Gegner in der Campushalle vorzustellen. Am Sonnabend um 15 Uhr trifft die SG nämlich im zweiten Gruppenspiel der Champions-League auf den tschechischen Vertreter Banik Karvina, der nicht über die Rolle des Außenseiters hinauskommt.