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Trotz Saisonrekord: Das „Sahnehäubchen“ auf eine Super-Saison fehlte

Es hat nicht gereicht. Zwar gewann die SG Flensburg-Handewitt in Lemgo 34:31, doch die Meisterschale geht nach Kiel. Die „Zebras“ leisteten sich keinen Ausrutscher und holten mit dem 36:30 in Düsseldorf den elften Titel.
Lemgos Manager Fynn Holpert hatte alles für den „Fall der Fälle“ vorbereitet: Im Auto lagen ein Duplikat der Meisterschale und ein Plakat mit der Aufschrift „Deutscher Meister 2005“, im VIP-Raum genügend eisgekühlte Champagnerflaschen. Seine Mühen waren vergebens. Zwar gewann die SG Flensburg-Handewitt ihr finales Spiel beim  TBV Lemgo mit 34:31 (18:15), blieb aber im spannenden Fernduell mit dem THW Kiel mit zwei Punkten weniger auf dem Konto zweiter Sieger. So knallten 175 Kilometer südwestlich, in Düsseldorf, die Sektkorken.
Das „Flens Gold“ schmeckte den entthronten Meistern hinterher dennoch. Von Trübsal blasen war bei Stryger und Co. keine Spur. Im Gegenteil. In der Kabine wurde gelacht, geflachst, tief durchgeatmet. Enttäuschung über die verpasste Meisterschaft ja, Depression nein. „Wir können stolz sein“, bilanzierte Manager Thorsten Storm kurz und knapp. Und schämen, wie es Kiels Trainer Noka Serdarusic in einem Interview mit einer großen deutschen Sportzeitung der seiner Meinung wesentlich besser besetzten SG empfohlen haben soll, mussten sich die Flensburger schon gar nicht. Wofür auch? Dafür, dass man sich acht Minuspunkte (Vereinsrekord) in 34 Bundesligaspielen leistete? Dass man  Meister THW drei Punkte abnahm? Oder dass man mit 887 Gegentoren die beste Abwehr der Liga und mit Lars Christiansen (259) den besten Torschützen stellte? Die Antwort gaben die mit zwei Bussen angereisten SG-Fans, die ihre Idole nach dem Abpfiff lautstark feierten. „Wir sind stolz auf unser Team, halleluja.“
Trotz allem: Das Sahnehäubchen auf diese „sensationelle Saison“ (Trainer Kent-Harry Andersson) fehlte: Nämlich die Schale, die 373 Tage im Vereinsheim hing. Müßig, zu fragen, ob der mäßige Saisonstart, der Ausfall von Christian Berge oder der dumme Ausrutscher in Großwallstadt Schuld waren. „Ein bisschen traurig bin ich schon“, sagte der zuvor überragend aufspielende Marcin Lijewski (12 Tore). „Weil ich finde, dass wir besser als der THW sind.“ Wie seine Kollegen auch musste sich der Pole wie ein Marathonläufer fühlen, der nach einem großen Kraftakt das Ziel in persönlicher Bestzeit und deutschem Rekord erreicht hat, dennoch aber nicht gefeiert wird. Weil ein anderer noch einen Tick schneller war und nun im Rampenlicht steht, weil er sich in einem dramatischen Kopf-an-Kopf-Rennen keinen Durchhänger geleistet hat. „The winner takes it all.“ Und wie es sich sportlich gehört, gratulierte er dem Sieger. „Hut ab vor dem THW“, sagte Lijewski. Sechs Miese, das sei einmalig. „Wir müssen uns nichts vorwerfen.“
Auch nicht beim Saisonausklang in der ausverkauften Lipperlandhalle, wo die SG ihrem Ruf einer absoluten Spitzenmannschaft gerecht wurde. Zu keinem Zeitpunkt der Partie hatten die 3700 Zuschauer den Eindruck, als könnten die ohne Volker Zerbe und Markus Baur angetretenen Hausherren die konzentriert zu Werke gehende SG gefährden. Ein gutes Kollektivspiel, aus dem Torhüter Jan Holpert und Marcin Lijewski herausragten, reichte, um die Punkte 59 und 60 mit auf die Heimreise zu nehmen.
Und was bleibt nun nach einer ereignisreichen und Kräfte zerrenden Saison? Das Champions-League-Ticket in der Tasche, den DHB-Pokal im Schrank — und  eine Mannschaft mit großer Perspektive bei der Hand. „Ich gehe düvon aus, dass wir auch in der kommenden Spielzeit mit dem THW Kiel mithalten und ihn überholen können“, meinte SG-Präsident Frerich Eilts. Heute soll die Rückkehr von Rückraumspieler Kasper Nielsen (GOG Gudme) offiziell bekannt gegeben werden (siehe unten). Was nun noch fehlt, ist ein zweiter Linkshänder im Rückraum neben Lijewski. Und dann soll wieder zur „Zebra-Jagd“ geblasen werden. Mit den Worten „Heute gratulieren wir den Kielern, nächste Saison werden sie uns dann wieder gratulieren müssen“, meinte Manager Thorsten Storm zum Schluss der Pressekonferenz.