Die wenigen Fans, die vor dem gestrigen Spieltag in der Handball-Bundesliga immer noch daran geglaubt hatten, dass die SG Flensburg-Handewitt ihren Meistertitel würde erfolgreich verteidigen können, mussten sich eines Besseren belehren lassen. Zwar gewann der Meister mit 31:26 (17:12)-Toren gegen die HSG Düsseldorf auch das letzte von 17 Heimspielen, die erhoffte Schützenhilfe im Titelrennen mit dem THW Kiel blieb allerdings aus. Der Tabellenführer aus der Landeshauptstadt besiegte zeitgleich den TuSEM Essen in der Ostseehalle mit 32:25-Toren und nimmt das Zwei-Punktepolster nun zum letzten Spieltag mit nach Düsseldorf (29. Mai).
Das Team von SG-Trainer Kent-Harry Andersson muss am kommenden Sonntag (15 Uhr) in Lemgo mit weitaus mehr Gegenwehr rechnen, als die Kieler, da die Ostwestfalen noch Aussichten auf den dritten Tabellenplatz (Champions-League-Qualifikation) haben. Hingegen hat Düsseldorf dank Lemgoer Schützenhilfe (30:29-Sieg in Minden) den Klassenerhalt sicher. Die Gewissheit, den DHB-Pokal zum dritten Mal in Folge gewonnen und zudem gemeinsam mit dem THW Kiel die Liga klar dominiert zu haben, dürfte die SG Flensburg-Handewitt kurz vor der anstehenden Entthronung etwas trösten.
Das Wunder blieb aus
Außerdem werden die Nordlichter in der kommenden Saison zum dritten Mal in Folge in der erlesenen Champions-League an den Start gehen dürfen. Andersson flüchtete nach dem Spiel in Zweckoptimismus: "Düsseldorf hat die Mittel um auch gegen den THW Kiel etwas ausrichten zu können." Sein Manager Thorsten Storm wählte dann schon eher die realistischere Variante und meinte: "Man kann eben einen Titelgewinn nicht einfach planen."
Vor dem Anpfiff standen zunächst drei Spieler im Vordergrund, die zum letzten Mal ein Heimspiel für die SG bestreiten sollten. Stefan Pries (nach Emsdetten) und Kaupo Palmar (Skjern Håndbold) wurden mit einem herzlichen Applaus von den 6000 Zuschauern verabschiedet. Die größten Sympathie-Bekundungen erlebte allerdings Andrej Klimovets (Kronau-Östringen). Der Weissrusse, der nach massiven Querelen den Verein vorzeitig verlassen wird, wurde mit Standing Ovations und "Klimo-Klimo"-Rufen bedacht und konnte dabei die Tränen nicht unterdrücken.
Was beide Teams dem geduldsamen Publikum in den folgenden 60 Spielminuten boten, erreichte nur mäßiges Niveau. Düsseldorf zeigte sich zwar bemüht, hatte aber nicht die Mittel, um die SG ernshaft in Schwierigkeiten zu bringen. Und das, obwohl der "Noch-Meister" eine äußerst durchwachsene Vorstellung abgeliefert hatte. Der 17. und letzte Bundesliga-Auftritt der Gastgeber war geprägt von einer ungewohnt hohen Anzahl an technischen Fehlern und Fehlwürfen.
Darüberhinaus hatte auch die beste Abwehr der Liga nicht den stärksten Tag erwischt. Der Außenseiter wusste mehrmals die Lücken in der nicht sattelfesten 6:0-Abwehr der Hausherren aufzudecken und hielt das Ergebnis folgerichtig in erträglichem Rahmen. Mit einem einzigen Treffer beteiligte sich mit Robert Runge nur einer der beiden Ex-SGer am Düsseldorfer Torreigen. Mitstreiter Stefan Schröder ging bei seinem Einsatz über rund 20 Minuten an alter Wirkungsstätte leer aus. Auf Seiten der SG wussten neben einem überragenden Dan Beutler nur Lars Christiansen und Andrej Klimovets zu überzeugen. Neben diesem Trio erreichte kein anderer SG-Akteur an diesem Tag seine Normalform. Der ohne seinen angeschlagenen Kapitän Sören Stryger (weiche Leiste) angetretene Favorit ließ spielerischen Glanz vermissen und setzte sich nur dank der größeren individuellen Fähigkeiten am Ende erwartungsgemäß durch.