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Schwedische Schule und ein Herr aus Fernost

Kaum war das Duell um Bundesliga-Punkte zwischen der SG Flensburg-Handewitt und der HSG Nordhorn am Mittwochabend beendet, da bereiteten die beiden schwedischen Handball-Trainer schon einmal das nächste Gefecht vor, das mit dem Halbfinale im Pokalwettbewerb am 16. April in Hamburg nicht lange auf sich warten lässt. „Ich hatte nie das Gefühl, dass wir hier etwas gewinnen“, setzte Ola Lindgren zu einem überraschenden Fazit an. Denn immerhin hatten die Nordhorner einen Rückstand von bis zu vier Toren (12:8, 17. Minute) aufgeholt und die Partie bis zum 26:26 (49.) spannend gehalten, ehe in der Schlussphase die Kräfte schwanden und sich die Fehler häuften.
Da musste Kent-Harry Andersson über seinen Freund und einstigen Musterschüler denn auch ein wenig schmunzeln: „Ola, nun sei mal nicht so bescheiden“, wandte sich der Trainer des deutschen Meisters und Pokalsiegers in der Pressekonferenz direkt an seinen Kapitän aus gemeinsamen Nordhorner Zeiten, „die HSG ist für mich eine Spitzenmannschaft der Liga.“ Und im Hinblick auf das Duell beim Final Four in der Color Line Arena traut Andersson seinen früheren Schützlingen durchaus zu, seine aktuelle Formation noch nachhaltiger zu ärgern. Denn: „Dann wird auch Piotr Przybecki dabei sein und die HSG ist noch stärker.“

Trainer-Treffen in Flensburg.

Doch nicht nur weil der polnische Rückraumspieler wegen einer Fußverletzung erneut fehlte, sieht Lindgren zwischen seinem Team und den Spitzenmannschaften eine gewaltige Kluft. Der Unterschied zwischen dem Spitzentrio, das von Flensburg (40:6 Punkte) und dem THW Kiel (38:6) angeführt wird, drückt sich auch im Tabellenbild aus. Zwischen dem SC Magdeburg, der erst 21 Spiele bestritten hat und mit 34:8 Punkten Dritter ist, und der HSG Nordhorn, die nach 23 Spielen mit 31:15 Punkten Tabellenrang vier belegt, klafft eine erhebliche Lücke.Dass Flensburg am Ende einen recht souveränen Sieg mit fünf Toren Differenz feiern durfte, ist ein weiterer Beleg, dass die Nordhorner auf dem Weg zu einer Spitzenmannschaft noch nicht ganz angekommen sind. Und indirekt gestand auch Andersson ein, dass die Kluft noch beträchtlich ist. „Bei uns läuft es spielerisch derzeit nicht optimal“, zeigte der Flensburger Trainer die Defizite auf, lobte aber, "kämpferisch sind wir dafür umso besser.“ Dass die Nordhorner überhaupt fast 50 Minuten lang die Partie offen gehalten hatten, war für Lindgren weniger auf die eigenen Qualitäten zurückzuführen. Er sah die Flensburger nicht hundertprozentig motiviert. „Die haben schon die Champions League im Kopf gehabt“, verwies er auf das Duell beim französischen Meister HB Montpellier am Sonntag. In der Flensburger Campushalle saß am Mittwoch auch ein aufmerksamer Beobachter, der an diesem Tag zwei Grenzen passiert hatte – nur um das Duell der „schwedischen Schule“ zu analysieren. Der Japaner Kiyoharu Sakamaki, ehemals Co-Trainer der Nationalmannschaft Nippons, lebt zurzeit im schwedischen Malmö. Er hat sich extra von seinem Arbeitgeber in Fernost beurlauben lassen, um in den Handballhallen Schwedens, Dänemarks und Deutschland wichtige Erkenntnisse über das Spiel zu sammeln. Die HSG Nordhorn fiel dem Gast aus Asien positiv auf: „Man sieht am System und an der Philosophie, dass dort Kent-Harry Andersson mal Trainer war.“