Stripes
Stripes
Archiv

Sieben Sekunden fehlten zum Sieg

Am Ende waren sich alle Parteien einig. Das 26:26 (11:10) zwischen Handball-Bundesligist THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt war ein gerechtes Ergebnis und spiegelte die Leistung der beiden Meisterschaftskontrahenten wieder. Sieben Sekunden vor Schluss gelang den Kielern durch Marcus Ahlm der vielumjubelte Ausgleich. Über 10.000
Zuschauer verliessen dementsprechend zufrieden die Kieler Ostseehalle.  Was sich aber zuvor auf dem Feld abgespielt hatte, verdiente das Prädikat Spannung und Emotion pur. Denn keine der beiden Mannschaft konnte sich entscheidend absetzen und kämpfte um jeden Zentimeter Hallenboden. Weder in der ersten Halbzeit noch in der zweiten Hälfte sprang ein beruhigendes Polster heraus. "Wir haben das Spiel in der ersten Halbzeit verdaddelt und Kiel im zweiten Durchgang", meinte SG-Manager Thorsten Storm nach dem Schlusspfiff. Sowohl die Flensburger als auch die Kieler waren nicht in der Lage sich entscheidende Spielvorteile zu erarbeiten. Das lag vor allem daran, dass Jan Holpert auf Seiten der SG und sein Pendant im Kieler Tor, Matthias Andersson, sich mit Weltklasse-Leistungen dem Publikum präsentierten. Das sah auch National-Keeper Henning, Fritz so, der auf der Bank saß, aber sich von der Fitness her langsam wieder seiner alten Leistung nähere.
"Beide Torhüter haben heute dem Spiel ihren Stempel aufgedrückt. Das nimmt dann auch den gegnerischen Schützen das Selbstvertrauen", so die Analyse des am Ellbogen operierten Torhüters. Insgesamt zeigten beide Deckungen an diesem Nachmittag, dass sie zurecht zu den besten in der Liga gehören. "Heute war das von beiden Seiten ein Lehrbuch für eine starke Deckung", sagte THW-Trainer Noka Serdarusic anschließend. Und auch Trainer-Kollege Kent-Harry Andersson fand nur lobende Worte über die beiden Deckungsreihen. "Besser kann man fast nicht stehen."
So war dann auch zu erklären, dass es zur Halbzeit nur 11:10 fur den THW stand. Beide Mannschaften zeigten von Beginn an, dass die Begegnung mehr als nur ein Handball-Spiel war. Es war das Duell zweier Kontrahenten im
Kampf um die inoffizielle Landesmeisterschaft. "Die Spieler haben sich nicht geschont und alles aus sich herausgeholt. Es war ein hart umkämpftes Spiel, das auch von den Emotionen lebte. Das gehört aber dazu. Dafür ist es auch ein ganz besonderes Derby", sagte Kent-Harry Andersson.

Noka Serdarusic ärgerte sich jedoch ein wenig darüber, dass seine Mannschaft zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht in der Lage war eine dreimalige Zwei-Tore-Führung besser zu nutzen. "Da hätten wir cleverer agieren müssen. Wenn wir die Situation besser genutzt hätten wäre ich gespannt gewesen, wie das Spiel dann ausgegangen wäre", resumierte der THW-Trainer. Stattdessen kam die SG wieder ins Spiel zurück und erarbeite sich sogar eine Drei-Tore-Führung.
"Da kann man als Trainer schon neidisch werden, wenn man die Optionen der SG sieht. Sie konnten mehrmals Spieler wechseln und ihnen so auch eine kleine Pause gönnen, während unsere Bank da etwas schwächer besetzt ist", erklärte Serdarusic den leichten Kräfteverschleiss seiner Mannschaft. Aber auch die SG konnte sich nicht entscheidend absetzen. "Wir führten mit drei Toren (23:20, 53.) und waren trotzdem nicht in der Lage das Spiel zu gewinnen. Das ist natürlich schade, aber ich denke, dass das Ergebnis gerecht ist. Wir werden wohl die einzigen sein, die in dieser Saison hier einen Punkt holen", sagte Kent-Harry Andersson.
Was die Gemüter jedoch am meisten erhitzte, war die Aktion zwischen Stefan Lövgren und Johnny Jensen drei Sekunden vor Schluss (siehe unten), die fast zum Eklat führte. "Das war halt das Tüpfelchen auf dem i was die Emotionen angeht. Das gehört zu einem Derby dazu und ist danach vergessen", sagte THW-Manager Uwe Schwenker, der wie alle anderen den beiden Unparteiischen Lars Geipel und Marcus Helbig keinen Vorwurf machte, dass das Spiel mit dem Schlusspfiff nochmal hochkochte.
Die beiden Trainher waren sich dann auch einig, dass dieses Spiel keinen Nachteil mit sich führe im Kampf um die Meisterschaft. "Dafür ist die Saison noch zu lang, um da jetzt schon was sagen zu können. Aber vom Papier her hat die SG sicherlich das leichtere Programm, da sie die großen Mannschaften in eigener Halle haben", so Noka Serdarusic. Davon wollte SG-Trainer Andersson natürlich nichts wissen und brachte gleich den SC Magdeburg ins Gespräch. "Die profitieren von diesem Unentschieden und können sich jetzt dichter an die Spitzengruppe spielen", so der Schwede. Uwe Schwenker wagte jedoch schon die erste Prognose. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Schale auch in diesem Jahr in Schleswig-Holstein bleibt."

Fliegende Fäuste und viele Emotionen

Fotos: Sacha Münster

Laut Hallen-Uhr waren noch drei Sekunden zu spielen, als das Bundesliga-Derby zwischen den Handballern des THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt ein aufsehenerrendes Ende nahm. Nach dem Ausgleich durch Marcus Ahlm acht Sekunden vor Schluß, war das Tor der Kieler frei, denn mit Sebastian Preiß hatte der THW einen siebten Feldspieler 15 Sekunden vor Ultimo aufs Feld geschickt. Im Versuch die schnelle Mitte zu spielen, kam es dann zu dem, was die Zuschauer in der ausverkauften Ostseehalle sicherlich nicht so schnell vergessen werden. Den von Jan Holpert aus dem Tor geworfenen Ball fing Johnny Jensen auf, um das Spiel wieder in Gang zu bringen. Reaktionsschnell hatte sich jedoch der THWer Stefan Lövgren den Norweger gepackt und zu Boden gerissen, um so den möglichen Siegtreffer der Flensburger auf das leere Kieler Tor zu verhindern. Diese Aktion war jedoch von einer solchen Härte, dass sich der
Norweger Jensen und der Schwede Lövgren in einem unübersichtlichen skandinavischen Infight wiederfanden. Innerhalb von Sekunden kam es zurRudelbildung am Mittelkreis, wo sich die aufgestauten Emotionen nun kaum noch zurückhalten liessen. Ordnungskräfte und Polizei waren ebenso bemüht die Spieler auseinander zu bringen wie Mannschaftsmitglieder selbst.
Die beiden Schiedsrichter zeigten in dieser Situation große Übersicht und bewahrten Ruhe, um sich nach kurzer Beratung für eine Strafe zu entschieden. So bekamen Stefan Lövgren und Johnny Jensen beide die Rote Karte. Welche Konsekenzen das für die beiden Spieler haben wird, ist noch nicht klar.
Nach dem Spiel taten alle Beteiligten das einzig richtige und spielten die Sache runter und hefteten die Aktion als weiteres Kapitel eines leidenschaftlichen und emotionsgeladenen Spiels ab. "Das ist vergessen. Das gehört vielleicht sogar zu einem Derby dazu", sagte THW-Trainer Serdarusic. SG-Manager Thorsten Storm ging sogar soweit die Aktion von Lövgren von seinen eigenen Spielern zu fordern, sollte es umgkehrt mal vorkommen. "Das ist schon vergessen und ist auch kein Problem", sagte Frode Hagen vom THW dazu und auch Joachim Boldsen fand das Handgemenge und die Aktion von Lövgren nicht schlimm. "Das musst du als Spieler machen. Wir hätten garantiert auch nicht anders reagiert", so der Däne.
Thorsten Storm brachte die Situation auf den Punkt. "Es ging um so viel und Spannung und Emotionen bestimmten dieses Spiel. Da passiert sowas schon mal. Wichtig ist nur, dass man weiß, dass diese Aktion nicht das Verhältnis der Spieler untereinander wiederspiegelt." So war die Sache fur Lövgren und Jensen nachher auch vergessene Sache und nicht mehr der Rede wert.